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II. Kumulative Schutzzwecke
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Häufig schützen Tatbestände neben dem Vermögen noch weitere, meist kollektive und institutionelle Rechtsgüter. So bezweckt etwa § 265 StGB (Versicherungsmissbrauch) nach verbreiteter Ansicht nicht nur den Schutz des Versicherervermögens, sondern auch den Erhalt der Funktionsfähigkeit der Versicherungswirtschaft.[78] Eine doppelte Schutzrichtung weist die wohl herrschende Meinung auch dem § 264a StGB (Kapitalanlagebetrug) zu: Geschützt wird das Vermögen der Anleger und zugleich die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes.[79]
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Während in §§ 265, 264a StGB der Vermögensschutz im Vordergrund steht, dienen andere Tatbestände vor- oder zumindest gleichrangig der Wahrung institutioneller Interessen. Mit der Einführung von § 265c StGB (Sportwettbetrug) und § 265d StGB (Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben) sollen nicht nur das Vermögen von Wettanbietern und -teilnehmern bzw. von Sportlern und Vereinen,[80] sondern vor allem auch das Allgemeinrechtsgut der „Integrität des Sports“ geschützt werden.[81]
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Ähnlich verhält es sich mit den Straftaten gegen den Wettbewerb im 26. Abschnitt des StGB. Die §§ 298–300 StGB schützen den freien und lauteren Wettbewerb als Institution des Wirtschaftslebens.[82] Der Wettbewerb wird dabei nicht nur als abstrakte Institution in seiner Bedeutung für Ökonomie und Gesellschaft gewährleistet, sondern zugleich als Raum individueller wirtschaftlicher Handlungsfreiheit.[83] Der Schutz fairer Wettbewerbsbedingungen erfolgt damit auch im Interesse der beteiligten Akteure und dient der Wahrung ihrer Vermögensinteressen.[84] Gegen die Anerkennung individuellen Vermögens als Rechtsgut der §§ 298 ff. StGB wird teilweise vorgebracht, dass die Tatbestände nicht den Nachweis eines Vermögensnachteils voraussetzen.[85] Gerade im Bereich des Vermögensstrafrechts ist der Beleg eines Schadens aufgrund der Unvorhersehbarkeit ökonomischer Prozesse allerdings oft schwierig; der Gesetzgeber tendiert daher zunehmend zur Sanktionierung riskanten und üblicherweise schädlichen Verhaltens durch die Formulierung abstrakter Gefährdungsdelikte (Rn. 40 ff.).[86] Dadurch, dass bereits eine typische Risikohandlung und nicht erst die tatsächlich eingetretene Verletzung unter Strafe gestellt wird, verändert sich jedoch nicht der Rechtsgüterschutz. Die §§ 298 ff. StGB schützen den Wettbewerb nicht allein als institutionellen Selbstzweck, sondern als Basis individuellen Vermögenseinsatzes und richten sich damit unmittelbar auf den Vermögensschutz der Beteiligten (der lauteren Mitbewerber bzw. in § 298 StGB des Veranstalters der Ausschreibung).