Читать книгу Phönix aus den Flammen - Desirée Scholten - Страница 11
ОглавлениеKapitel 7
Wieder verhöhnte die Uhr auf seinem Schreibtisch ihn damit, dass er eine weitere Stunde vertrödelt hatte, seit er seine Sekretärin nach Hause geschickt hatte.
Ärgerlich warf Singer den Kugelschreiber auf den Schreibtisch. Es war zum aus der Haut fahren, dachte er seufzend, als er sich die pochenden Schläfen massierte und seine bahnbrechenden Ergebnisse zusammenfasste.
Er wusste jetzt, warum ihm der Name McConaghey bitter aufgestoßen war.
Agent Ian McConaghey war der Hunter gewesen, der Jason zuletzt lebend gesehen hatte.
Agent Ian McConaghey war der Hunter, der vor knapp einem halben Jahr im Einsatz geblieben war.
Lustlos griff er noch einmal zu Franks Einsatzbericht.
Natürlich fand er dort nichts Interessantes.
McConagheys Tod war ein bedauerlicher Unfall gewesen.
So etwas passiert leider bei der Arbeit der Hunter hin und wieder.
Der Bericht flog zurück auf den Schreibtisch, als er zur Dienstakte des verstorbenen Agenten griff.
Schnell überflog er die Informationen, in der Hoffnung irgendeinen Hinweis zu finden.
McConaghey war zum Zeitpunkt seines Todes 41 Jahre alt gewesen und hatte Frau und Kind zurückgelassen, las er.
Director of Operations und Scharfschütze, hieß es weiter. Rekrutiert hatte ihn Joseph Gonzales vor fast zwölf Jahren.
Schnell überblätterte Singer die Einsatzstatistiken. Es war schon nach wenigen Seiten deutlich geworden, dass McConaghey ein exzellenter Agent gewesen war, der sich nicht nur einen Namen als herausragender Kämpfer und Stratege gemacht hatte, sondern auch als einer der besten Doppelagenten der CIA, wie er in fünf hochbrisanten Auslandseinsätzen unter Beweis gestellt hatte.
Ein Anflug von Bedauern überfiel Singer. Er fand es immer wieder tragisch einen derart guten Mann zu verlieren.
Frustriert blätterte er auch die letzten Seiten durch, die von beispielloser Pflichterfüllung sprachen.
Eine unscheinbare Bleistiftnotiz auf der vorletzten Seite der Akte, brachte sein Herz zum Rasen.
Angespannt nahm er die drei handschriftlichen Worte in Augenschein.
Bestätigter Deceit-Ermittler.
Singer sog scharf die Luft ein, als die Worte in seinen Verstand drangen.
Diese Information warf noch einmal ein anderes Licht auf den toten Hunter, resümierte Singer während er sich fragte, ob der tragische Unfall, vielleicht gar kein so tragischer Unfall gewesen war.
McConagheys Beteiligung an der Deceit-Agenda war den Huntern, oder zumindest Frank, dessen Handschrift er in der Notiz erkannt hatte, bekannt gewesen.
Singer kannte die Gerüchte darüber, wie die Hunter mit Verrätern verfuhren und eine Beteiligung an den Ermittlungen der ISU, hätte jeder Hunter als offenen Verrat ausgelegt.
Mit einem unwilligen Grunzen warf Singer McConagheys Akte auf den Schreibtisch und schloss die Augen, während er sich einen Narren schollt.
Seine Fantasie begann Amok zu laufen, ermahnte er sich ärgerlich. Natürlich gab es Gerüchte darüber, dass interne Tötungsbefehle noch immer eine gängige Praxis in der Abteilung waren, doch das wollte er nicht glauben.
Er kannte Frank zu lange, dass er wusste, dass dieser Mann weder jemals den Befehl zur Ermordung eines Hunters geben würde, noch stillschweigend tolerieren würde, dass die Einheit das Recht in die eigene Hand nahm.
Er sah Gespenster, das war alles. Frank wäre sicherlich zu ihm gekommen, hätte er jemals Grund zu der Vermutung gehabt, dass etwas an McConagheys Tod nicht mit rechten Dingen zugegangen wäre. Singer stutzte in seinen Gedanken, als er sich gegen seinen Willen zu fragen begann, ob er sich hier nicht nur etwas vormachte.
Wäre Frank wirklich zu ihm gekommen, wenn er Verrat in den eigenen Reihen geahnt hätte?
Singer erinnerte sich unwillkürlich an die Gerüchte, die eine Weile nach Jasons Tod kursiert hatten. Frank hatte unwillig abgewinkt, als er ihn darauf angesprochen hatte, doch Singer war sich nicht sicher, ob Frank ihm die Wahrheit gesagt hatte. Zweifel waren geblieben, wenngleich er nicht glauben wollte, dass sein Sohn ein Verräter gewesen sein könnte.
Singer spürte, dass sich Misstrauen gegen seinen langjährigen Freund zu regen begann, als er sich fragte, ob er den Mann mit dem ausdruckslosen Blick wirklich so gut kannte, wie er es glaubte.
Seufzend erhob er sich hinter seinem Schreibtisch.
Er hatte seinen Entschluss gefasst, morgen würde er den Obduktionsbericht anfordern, dann hätte er Klarheit.
*
Lauernd folgte Er dem blonden Schönling durch die dunkle Seitenstraße, sorgfältig darauf bedacht, kein Geräusch zu verursachen.
Noch immer ärgerte Er sich darüber, dass Er ihn nicht töten durfte - etwas, dass Er schon seit Jahren mit Freuden getan hätte.
Der Befehl des Controllers ließ hier allerdings keinen Interpretationsspielraum: Er sollte den Bastard lediglich einschüchtern und ihn so wieder auf die richtige Spur bringen.
Einschüchtern, dachte Er verächtlich, als wäre es so einfach einen Mann wie ihn einzuschüchtern.
Genervt verscheuchte Er Seine Gedanken, Er musste sich auf die Verfolgung konzentrieren. Wenn Sein Zielobjekt Ihn zu früh bemerkte, hätte Er ein ernstzunehmendes Problem. Er stellte belustigt fest, dass der blonde Geheimdienstagent Ihn wirklich noch nicht bemerkt hatte.
Das war eine durchaus erstaunliche Leistung, lobte Er sich selbst.
Dennoch ärgerte Er sich darüber, dass Er seit Beginn des Crucify-Protokolls, nichts anderes mehr zu tun schien, als für irgendwen irgendwelche Kohlen aus dem Feuer zu holen und langsam konnte Er sich des Eindrucks nicht mehr erwehren, dass dem Phoenix-Komitee die ganze Angelegenheit aus dem Ruder zu laufen begann.
Das war nicht gut. Immerhin hing auch Sein eigenes Leben in direkter Linie davon ab, dass alles reibungslos verlief.
„Was immer Sie von mir wollen, Sie sollten es einfach vergessen und schleunigst das Weite suchen!“, riss Ihn eine Stimme aus den Gedanken.
Ein Fluch rollte über Seine Lippen.
Er war nur einen kurzen Moment unaufmerksam gewesen.
Eine Waffe wurde durchgeladen und entsichert.
Er machte sich nicht erst die Mühe hinzusehen, Er wusste bereits, dass sie auf Seine Stirn gerichtet war.
„Ruhig, Kumpel! Ich bin es!“, richtete Er trocken das Wort an den blonden Agenten, sicher, dass er Seine Stimme auch unter der Skimaske erkennen würde.
„Willst du mich flachlegen oder erklärst du mir, warum du hinter mir herschleichst?“
Die Waffe wurde wieder gesichert.
„Wir müssen reden!“, antwortete Er, als Er einige Schritte näher auf den Anderen zutrat.
„Vom Anrufen hältst du offensichtlich nichts“, knurrte der blonde Schönling genervt, bevor er sich mit einem tiefen Seufzen an eine Hauswand lehnte.
„Ich habe im Moment wirklich anderes im Kopf, als Small-Talk mit dir zu halten.“
„Ich habe gehört, dass es deinen Bruder erwischt hat.“
Er bemühte sich um einen mitfühlenden Tonfall, wenngleich Er nichts dergleichen empfand.
Die Attacke auf seinen Bruder war notwendig gewesen – ein Warnschuss und Er zweifelte nicht daran, dass der blonde Agent das ebenfalls wusste.
„Spare dir die Heuchelei!“
Der Ausdruck in seinen Augen bestätigte Seine Vermutung.
„Und komm endlich zum Punkt, ich bin ausgestiegen, wie du wissen solltest!“
„Dann sieh auch zu, dass du draußen bleibst!“
„War das gerade dein erbärmlicher Versuch mir zu drohen?“, fragte der Geheimdienstagent Ihn lachend.
Mit einem ärgerlichen Knurren packte Er den Blonden bei den Schultern und drückte ihn grob gegen die Wand.
Er würde es nicht hinnehmen, dass dieser kleine Bastard sich über Ihn lustig machte.
„Versuche Crucify noch einmal zu sabotieren und dein Bruder kommt nicht nur mit ein paar gebrochenen Rippen davon!“, drohte Er kalt.
Seine Augen schossen Dolche auf den Agenten.
„Bist du jetzt völlig bescheuert? Weißt du überhaupt, was hier gerade los ist?“, fuhr der Blonde Ihn an.
Er ließ ihn los, ohne seine Fragen zu beantworten.
Natürlich wusste Er es.
Er wandte den Blick ab.
„Ich glaube es nicht! Du weißt es und du machst weiter, als würde es dich nichts angehen?“
Er schüttelte fassungslos den blonden Schopf.
„Ich bin auch nicht glücklich über die Entscheidung.“
Das war die Wahrheit.
Wenngleich Er bezweifelte, dass der andere Mann sich mit einer verbalen Attacke zufrieden gegeben hätte, hätte er die volle Wahrheit gekannt.
„Nicht glücklich? Du willst mich doch verarschen!“, fuhr er Ihm noch immer aufgebracht in die Parade.
Offensichtlich hatte der blonde Agent sich inzwischen völlig in Rage geredet.
„Tu dir selbst einen Gefallen und komm mir nie wieder zu nah, du beschissener Verräter!“