Читать книгу Phönix aus den Flammen - Desirée Scholten - Страница 19
ОглавлениеKapitel 15
„Scheiße, Rayven geht nicht ran!“, ärgerlich knallte Frank den Hörer wieder auf.
Das durfte nicht wahr sein.
Jetzt ging sie noch nicht einmal mehr an ihr Telefon.
„Frank, ich hab Singer auf der anderen Leitung.“
Nathan blickte ihn mit dem Telefonhörer an der Schulter an.
Frank schüttelte mit einem Knurren den Kopf.
„Abwimmeln! Ich habe jetzt keine Zeit!“, befahl er barsch und wählte erneut Cathrynns Nummer.
„Nimm ab, verdammt nochmal!“, murmelte er angespannt.
Seine Fingerknöchel färbten sich weiß unter dem Griff, mit dem er den Telefonhörer umklammerte.
Sein kurzes Telefonat mit Quinn hatte ihn in einen Zustand nahe einem Wutanfall versetzt, als er ihm mit deutlichem Triumph in der Stimme mitgeteilt hatte, dass er einen Haftbefehl gegen Cathrynn vorliegen hatte.
„Singer sagt, dass es dringend sei. Was soll ich machen?“
Ärgerlich blickte er Nathan an.
„Spreche ich gerade irgendeine Sprache, die du nicht verstehst?“, blaffte Frank.
Nathan sparte sich eine Erwiderung.
„Herrgott noch mal! Bin ich hier nur von Idioten umgeben?“, brüllte er los.
„Scheiße, verdammte Scheiße noch eins!“
Er knallte den Hörer auf die Gabel zurück, bevor er sich mit einem wütenden Schnauben in seinen Schreibtischstuhl fallen ließ.
Seufzend fuhr er sich mit der Hand übers Gesicht.
„Dieses verblödete Miststück bringt mich noch ins Grab!“, knurrte er bitter. Noch immer hatte er Mühe sich zu fassen.
Aber wie sollte er sich auch beruhigen, wenn er wusste, dass Quinn Cathrynn in wenigen Stunden in den Fingern hätte, um, Gott alleine mochte wissen was, mit ihr anzustellen.
„Erklärst du mir, was mit dir los ist?“, fragte Nathan ruhig.
Franks harsche Antwort blieb unausgesprochen, als er das Mitgefühl in Nathans Blick sah.
„Rayven geht nicht ans Telefon“, gestand er seufzend.
„Würde ich auch nicht. Sie weiß ganz genau, was ihr blüht.“
Nathan begann trocken zu lachen.
„Du hast Recht!“
Eilig sprang Frank wieder auf die Beine.
Natürlich würde Cathrynn erwarten, dass er sie zusammenbrüllen würde, weil sie seinen Rückzugsbefehl ignoriert hatte.
Wie hätte sie auch wissen können, dass ihre Befehlsverweigerung gerade ihr kleinstes Problem war.
„Ich fahre zu ihr!“
Er musste so schnell wie möglich mit ihr sprechen.
Cathrynn musste wissen, was ihr bevorstand, er konnte sie nicht blind ins Messer laufen lassen.
Er musste sie warnen, damit sie sich vielleicht noch rechtzeitig absetzen konnte, bevor Quinn sie in Gewahrsam nahm.
Er würde nicht zulassen, dass sie diesem Bastard in die Finger fiel, damit der seinen jahrzehntealten Frust an ihr abreagieren konnte.
„Frank, was ist los?“, beharrte Nathan. Seine Stimme war deutlich von beginnendem Ärger gefärbt.
„Versuch sie weiter zu erreichen. Ich melde mich, wenn ich bei ihr bin“, befahl Frank anstelle einer Antwort.
Nathan schüttelte den Kopf.
„Ich tue gar nichts, bevor du mir nicht gesagt hast, was hier gespielt wird!“, beschied er Frank kompromisslos.
„Die ISU will Rayven als potenzielle feindliche Kombattantin einkassieren! Das ist los!“, schnappte Frank, noch immer war er fassungslos, über die Anschuldigungen, die er aus Quinns Mund gehört hatte.
Er hörte Nathan nach Luft schnappen, als er zu seiner Jacke griff.
„Das ist ein Witz, oder?“, stammelte Nathan fassungslos.
Frank lachte bitter auf.
„Hörst du mich lachen?“, fragte er ärgerlich.
Die Anschuldigung war sicherlich ein Witz, dennoch hätte er zu gerne gewusst, was Quinn sich dieses Mal ausgedacht hatte.
„Ich muss sie warnen, damit sie schnell untertaucht.“
Für einen Moment fragte er sich wütend, wie Bill Singer das hatte erlauben können, immerhin wusste er sehr genau um die Differenzen zwischen Quinn und ihm.
„Hältst du das für eine gute Idee?“, presste der dunkelhaarige Mann leise hervor.
Er warf dem noch immer schockierten Nathan einen prüfenden Blick zu.
„Hältst du Cathrynn für eine Terroristin?“, konterte er schlicht, während er die Tür öffnete.
*
Zynisch grinsend ließ Cathrynn es zu, dass man sie mit Handschellen an den im Boden verschraubten Stuhl fesselte.
Ihr Blick glitt kurz desinteressiert durch den kleinen fensterlosen Raum.
Sie betrachtete einen Augenblick die schmutzigen grauen Wände, bevor ihre Augen sich auf den großen venezianischen Spiegel, der die gesamte ihrem Stuhl gegenüberliegende Wand einnahm, richteten.
Soweit es ihre Handschellen zuließen, lehnte sie sich zurück, während sie herausfordernd weiter den Spiegel fixierte, der nur auf ihrer Seite ein Spiegel war.
Von der anderen Seite war er ein Fenster und sie hätte einiges darauf gewettet, dass Quinn sie bereits von draußen beobachtete.
Langeweile heuchelnd, begann sie mit ihrem Zungenpiercing zu spielen und harrte der Dinge, die sicherlich bald kommen würden.
Seit sie auf dem dreckigen Boden eines Transporters aus ihrer Ohnmacht erwacht war, hatte sie realisiert, dass die Inhaftierung kein blöder Witz ihrer Kollegen gewesen war.
Ein Teil von ihr war aufrichtig froh darüber.
So musste sie sich nicht damit auseinandersetzen, dass sie grundlos drei Männer getötet hatte.
Es erfüllte sie mit deutlicher Erleichterung, dass sie nicht, wie angenommen, unschuldige Männer, sondern nur drei ISU Agenten erschossen hatte.
Das würde ihr mit Sicherheit keine schlaflosen Nächte bereiten.
Dennoch hatte sie keinen Schimmer, was man ihr im Einzelnen vorwarf.
Desmond, der blonde Agent, hatte sie als feindliche Kombattantin bezeichnet und das Wort Landesverrat hallte noch immer laut in ihren Ohren wider.
Ärgerlich schüttelte Cathrynn den Kopf.
Mit Sicherheit war sie vieles, allem voran eine Psychopathin und ein gefühlloses Miststück, aber weder war sie eine Terroristin, noch eine Verräterin.
Sie wunderte sich, warum sie sich derart über diese haltlosen Unterstellungen ärgerte, immerhin waren es genau die lächerlichen Vorwürfe, die Quinn seit Jahren gegen die Hunter erhob.
Quinn und seine gottverfluchte interne Sicherheitseinheit versuchten solange sie denken konnte, illoyale Agenten innerhalb ihrer Einheit zu finden, dachte sie genervt.
Weder damals noch heute hatte es solche gegeben.
Dennoch beunruhigte sie, dass der Verteidigungsminister ein Verhör gemäß Direktive 72 genehmigt hatte, jenem Zusatz der Terrorabwehr Charta, der ihr als Terrorismusverdächtiger, nahezu alle Rechte aberkannte.
Offiziell galt natürlich auch unter Direktive 72 noch die Genfer Konvention, doch sie konnte sich an keinen Fall erinnern, in dem darauf Rücksicht genommen worden wäre.
Sie selbst hatte zweimal ein solches Verhör zusammen mit Montgomery geführt und beide Male war der Beschuldigte mit den Füßen voran aus dem Verhörraum gebracht worden.
Widerwillig musste Cathrynn sich eingestehen, dass der Gedanke an das, was ihr sehr bald bevorstand, sie mehr als nur beunruhigte.
Ihr Magen flatterte nervös, bei der Vorstellung was ihr blühte, sobald die ISU beginnen würde.
Diese Leute waren mit Sicherheit keine Chorknaben, wenn man den kursierenden Gerüchten Glauben schenken durfte.
Die ISU stand im Ruf recht kreativ bei der Auslegung des Menschenrechts zu sein, fast so kreativ wie in ihren Verhörmethoden.
Cathrynn entfuhr ein bitteres Lachen bei diesen Gedanken. Natürlich waren Verhörmethoden in diesem Fall synonym mit Folter jeder Art zu gebrauchen, schließlich besagte Direktive 72 nichts anderes.
Es war ein Freibrief für alle Foltermethoden, die der untersuchenden Behörde einfielen.
Einige waren deutlich kreativer als andere.
Ein Schauer überlief sie, als ihr klar wurde, was Quinn mit einem solchen Freibrief tun konnte.
Dieser Dreckskerl tat immerhin auch so schon einiges, wenn auch nur die Hälfe der Geschichten über ihn der Wahrheit entsprachen.
Direktor Joshua E. Quinn, der amtierender Oberhäuptling der ISU, dachte sie mit einem abfälligen Schnauben.
Sie war diesem Typen bis heute drei oder vier Male begegnet und das hatte ihr ehrlich gesagt auch gereicht.
Quinn war ein Widerling, der einen privaten Kleinkrieg gegen die Hunter im Allgemeinen und gegen Frank, im Speziellen führte, soviel hatte sie mitbekommen.
Aber warum das so war, hatte sie nie herausgefunden.
Es hatte sie ehrlich gesagt auch nie interessiert.
Jetzt gerade verfluchte sie sich für dieses Desinteresse.
Denn, auch wenn sie sich diesen Umstand äußerst ungern eingestand, wenn es etwas mit Frank zu tun hatte, dann war es leider sehr gut möglich, dass es auch sie betraf.
„Augenscheinlich bist du da zwischen die Fronten eines Kriegs geraten, Schätzchen“, verhöhnte sie ihr Abbild im Spiegel trocken, doch dann stockte sie in ihren Gedanken.
Quinn, ein Hunter, der zufällig die Tochter seines erklärten Erzfeindes ist und ein Folterfreibrief, fasste Cathrynn erschrocken zusammen, während ihr der Schweiß ausbrauch.
Sie sollte sich schnell mit dem Gedanken anfreunden, dass sie dieses Gebäude nicht mehr lebend verlassen würde.
Mit aller antrainierten Disziplin zwang Cathrynn sich zur Ruhe.
Es hatte keinen Sinn wegen Dingen, die sie ohnehin nicht ändern konnte, die Nerven zu verlieren.
Wenn sie schon abtreten musste, so würde sie Quinn nicht die Genugtuung geben, sie vorher gebrochen zu haben.
Sie hörte, wie die Tür zum Verhörraum sich leise öffnete und wieder schloss.
Irritiert wandte sie den Kopf, es war vom psychologischen Standpunkt aus denkbar unlogisch, dass die ISU sie nicht länger schmoren ließ.
Drei Männer traten mit ausdruckslosen Mienen ein. Cathrynn erkannte sie sofort als drei der Männer, die sie inhaftiert hatten.
Sie bekam einen Lachanfall, als sie mit jedem der lädierten Agenten Blickkontakt aufnahm.
Wie hatte sie auch erwarten können, dass dieser Teil übersprungen würde.
„Schickes Veilchen!“, begrüßte sie Desmond mit einem provokanten Grinsen und zwinkerte auch kurz Handgelenk und Nasenbein, wie sie die beiden anderen Agenten, in Ermangelung von Namen, bei den Knochen, die sie ihnen gebrochen hatte, nannte, zu.
„Desmond, vielleicht ist das keine gute Idee!“, mahnte Handgelenk mit einem nervösen Lachen, doch der Agent mit dem zugeschwollenen Auge schüttelte ärgerlich den Kopf.
„Halt den Mund, Trevor!“, befahl er Handgelenk, als er auf Cathrynn zutrat.
Ohne Vorwarnung raste seine Faust heran und traf ihren Mund.
Cathrynns Kopf ruckte zur Seite und sie schmeckte Blut in ihrem Mund.
Mit der Zunge tastete sie kurz ihre Mundhöhle ab, der Schlag hatte sie offensichtlich keine Zähne gekostet.
Der Kopf der Hunterin fuhr zurück, während sie das Blut, das sich in ihrem Mund gesammelt hatte, vor Desmonds Füße spuckte.
„Mach meine Handschellen los und ich reiß euch allen dreien den Arsch auf!“, forderte Cathrynn Desmond lachend heraus, was ihr einen weiteren Faustschlag einbrachte.
„Chris, wenn Quinn das rauskriegt, sind wir dran!“, versuchte nun auch Nasenbein, Desmond zu überzeugen.
„Ihr werdet wohl eher befördert!“, antwortete Cathrynn, bevor Desmond seinen Begleiter zurechtweisen konnte, lachend, was ihr einen weiteren Fausthieb einbrachte.
„Halt dein Maul, Schlampe!“, brüllte Desmond.
„Warum? Hörst du dann auf, Chris?“, fragte Cathrynn lachend.
Sie stählte sich automatisch gegen den nächsten Fausthieb, der nicht lange auf sich warten ließ.