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1.2 Stereotype

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Unter Stereotypenversteht man soziale Urteile, die eigentlich zutreffender als Vorurteile zu kennzeichnen sind, da sie die Tendenz haben, Personen grob vereinfachend und ohne Rücksicht auf ihre Individualität zu etikettieren. Solche Überzeugungen werden von einem großen Teil der Bevölkerung geteilt; sie bestimmen die Einstellung zu eigenen und zu fremden Gruppen und eben auch die Rollenerwartungen an die Geschlechter. Da den Studierenden in diversen Vorlesungen die Botschaft vermittelt wird, eine Urteilsbildung auf der Basis von Stereotypen sei fragwürdig, ja sogar verwerflich, gerieten sie beim »Baby Sexing« offensichtlich in einen Konflikt, sobald sich zeigte, dass sie sich doch von solchen Überzeugungen leiten ließen – und dies dann gar noch öffentlich im Hörsaal. Eine Studentin brachte ihr Unbehagen einmal auf den Punkt, indem sie sich geradeheraus weigerte, überhaupt bei dieser Übung mitzumachen, mit der Begründung, ein solches Vorgehen zementiere die Diskriminierung von Frauen, man müsse doch endlich von diesen Stereotypen wegkommen und das Denken in Unterschieden überwinden.

Nun trifft es ohne Zweifel zu, dass Stereotype die Eigenschaft haben, zu übertreiben und über einen Kamm zu scheren. Tatsächlich gingen die Studierenden bei ihrer Beurteilung teilweise von recht groben Klischees aus und trafen damit dann auch tüchtig daneben. Die krassesten Fehleinschätzungen kamen dort vor, wo allein schon das bloße Auftreten eines als »typisch« männlich oder weiblich geltenden Verhaltens für die Zuordnung ausschlaggebend war, ohne dass dabei aber berücksichtigt wurde, in welcher Art dieses Verhalten ablief. Fußballspiel z. B. wurde wie selbstverständlich als Kennzeichen für Jungen gewertet, so als wäre es überhaupt nicht denkbar, dass auch einmal ein Mädchen Spaß daran findet.

Überhaupt wurden die Begründungen häufig so formuliert, als käme das betreffende Merkmal ausschließlich einem Geschlecht zu. Wurde also beispielsweise »Kontaktfähigkeit« als Indiz für Weiblichkeit angeführt, so klang das zuweilen so, als sei das männliche Geschlecht in dieser Hinsicht schlechterdings inkompetent. Stereotype Urteile sind eben nicht nur pauschal, sondern auch ausgrenzend; wird eine Eigenschaft dem einen Geschlecht zugewiesen, so wird sie dem anderen ebenso unterschiedslos abgesprochen.

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