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1.6 Methodische Probleme
ОглавлениеZu derselben Ansicht war Jeanne Block, eine Kollegin der genannten Autorinnen, bereits im Jahre 1976 gekommen, als sie das Buch von Maccoby und Jacklin bald nach seinem Erscheinen einer Revision unterzog. Sie analysierte das darin zugrunde gelegte Material ein zweites Mal und kam zu recht deutlich abweichenden Befunden (Block, 1976).
Vor allem machte sie auf methodische Schwachpunkte des Buches aufmerksam. Ein großer Prozentsatz der von Maccoby und Jacklin berücksichtigten Arbeiten hatte gar nicht primär die Frage nach Geschlechterunterschieden zum Thema gehabt. Die Autoren dieser Arbeiten waren im Gegenteil sogar ausdrücklich daran interessiert gewesen, möglichst nicht auf solche zu stoßen, und zwar gar nicht unbedingt aus Gründen der politischen Korrektheit, sondern einfach deshalb, weil sie dann die Probanden nach Geschlecht getrennt auswerten hätten müssen. Dies hätte die Suche nach statistischer Signifikanz in den Ergebnissen deutlich erschwert.
Statistische Signifikanz ist ein mathematischer Ausdruck für die Wahrscheinlichkeit, dass das Ergebnis einer empirischen Untersuchung durch Zufall zustande gekommen ist. Sie hängt wesentlich von der Größe der Stichprobe ab (s. Kasten »Statistische Signifikanz«).
In den von Maccoby und Jacklin untersuchten Fällen wiesen nun oft genug Mädchen und Jungen durchaus nicht identische Werte auf. Diese hatten aber wegen der zu kleinen Stichprobengröße nicht statistische Signifikanz erreicht. Im Text der Veröffentlichung wurde dies dann als »keine Unterschiede« verzeichnet. Bloße Tendenzen blieben unerwähnt. Wenn nun aber in mehreren Untersuchungen, die unabhängig voneinander demselben Thema gewidmet sind, überall dieselbe Tendenz auftauchte, dann ist es unwahrscheinlich, dass diese Übereinstimmung zufällig zustande gekommen sind.
Gravierender ist allerdings Blocks Feststellung, dass Maccoby und Jacklin eine Reihe von Untersuchungen zwar angeführt, bei der statistischen Gesamtevaluation dann aber überhaupt nicht berücksichtigt haben; man hatte sie offensichtlich vergessen. Dabei handelte es sich nun ausgerechnet um Befunde, die weitere Geschlechtsunterschiede gerade auch im motivational-emotionalen Bereich eindeutig belegten, nämlich höhere Explorativität, dominanteres Verhalten und stärkeres Selbstvertrauen bei Jungen und erhöhte Ängstlichkeit, Neigung zu Gehorsam und größere Nähe im persönlichen Kontakt bei Mädchen.