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Der Nachtzug aus Paris war pünktlich. Hoffentlich war Julie nicht zu Hause. Christian hatte Furcht vor einem Streit mit ihr. Dumm, dass er die Arbeitsunterlagen nicht mit nach Paris genommen hatte, sonst hätte er vom Bahnhof direkt zur Bank fahren können.

Als er kurz nach 7.00 Uhr früh in die Wohnung kam, brannte in der Küche Licht. Julie saß am Küchentisch, ihr Kopf lag auf der Tischplatte. Christian wollte leise in sein Zimmer gehen, als sein Blick auf die leere und die fast leere Weinflasche fiel, auf einen Beipackzettel und drei Metallröhrchen.

„Julie!“ Mit einem Satz war er bei ihr, packte sie an den Schultern und schüttelte sie. „Julie, hörst du mich, Julie!“

„Lass mich. Lass mich los. Aua.“ Warum quetschte Christian ihre Schulterblätter, riss an ihr und schrie sie an?

„Mach die Augen auf!“ Er schüttelte sie weiter.

Sie konnte die Augen nicht öffnen. „Lass mich los.“ Sie wollte schlafen.

„Wie viele von den Tabletten hast du geschluckt?“ Er beutelte sie wie einen schlaffen Sack.

„Tabletten? Ich weiß nicht.“ Warum rüttelte er sie so?

„Nimm dich zusammen, Julie! Wie viele hast du geschluckt!“ Er riss sie vom Stuhl.

Julie wimmerte: „Ich weiß nicht. Mir ist schlecht.“

Christian sah, dass sich in dem vollen Weinglas am Tisch eine dicke Schicht trüber Bodensatz befand. Und Julie war zumindest ansprechbar. Er ließ sie langsam auf Stuhl und Tisch gleiten, bevor er den Beipackzettel nahm. Christian musste wissen, was sie geschluckt hatte, bevor er den Notarzt anrief.

„Ich glaube … ich glaube, ich muss mich übergeben.“ Julies Backen wurden rund, Christian zog sie nach oben und zerrte sie ins Bad. Sie übergab sich in Schüben in die Toilette, während er ihre Haare nach hinten hielt. Erschöpft sank sie auf dem Kachelboden zusammen.

„Wie viele von den Tabletten hast du genommen.“ Christian hatte sich etwas beruhigt.

Julie versuchte, sich zu erinnern. „Eine … glaube ich“, sie zögerte, „und ich habe eine ganze Flasche Frascati dazu getrunken.“ Sie übergab sich noch einmal. „Mein Kopf“, sie jammerte vor sich hin.

Christian fing sich, ihr war also vor allem vom Alkohol schlecht. Oder von der Verbindung Alkohol und Medikament? Er hatte einen Waschlappen nass gemacht und wusch ihr das Gesicht. „Komm, ich bring dich ins Bett. Spül dir vorher den Mund aus, du hast eine fürchterliche Fahne.“ Er stützte sie beim Zähne putzen, ohne Widerstand ließ sie sich ins Bett führen.

„Ich rufe den ärztlichen Notdienst an und frage, was wir machen sollen.“

„Nein, bitte nicht“, erschrocken sah sie Christian an, „ich hab doch alles rausgekotzt, ich will nur schlafen. … Aber, aber kannst du bitte bei Ulla in der Redaktion anrufen und sagen, dass ich krank bin, dass ich die Bilder morgen liefere?“

„Ja.“ Christian setzte sich zu ihr und nahm sie in seine Arme. „Julie, das ist doch keine Lösung. Für uns beide nicht. Versprich mir, dass du es nicht wieder machst.“

Sie nickte gequält. „Ja. … Aber versprich du mir, dass du nichts Blicker sagst.“

Christian musste lächeln. Das passte zu Julie, ein heroischer Selbstmord hätte ihr gefallen, aber ein misslungener Versuch war untragbar für eine Perfektionistin. „Versprochen“, er streichelte ihre Wange, „muss ich sonst irgendwen anrufen oder Termine absagen?“

„Nein, aua“, sie hielt sich den Kopf.

„Ich mach dir eine Kanne Kamillentee, versuche viel zu trinken, damit du den Alkohol ausschwemmst. Und wenn irgendetwas ist, wenn du dich schlechter fühlst, ruf mich sofort in der Bank an.“

Sie nickte.

In der Küche kippte Christian das Glas mit dem Bodensatz ins Spülbecken. Als er Julie den Tee brachte, schlief sie tief und fest. Er stellte ihr die Kanne und eine Tasse griffbereit auf das kleine Beistelltischchen.

Der rosa Wolkenbruch

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