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DER REST VON NOUVELLE-FRANCE – SAINT-PIERRE ET MIQUELON

Kabeljau und Schmuggelschnaps


»La Grande Nation« ist auf 242 Quadratkilometer geschrumpft, zumindest in Nordamerika. Von der Kolonie Nouvelle-France, die von den Rändern der Arktis bis zum Golf von Mexiko reichte, blieb ein Mini-Archipel an der Mündung des St. Lawrence River mit zwei Hauptinseln, auf denen heute gut 6000 Menschen leben. Ihr Metier, der Kabeljaufang, ist Geschichte. Nun sorgen Touristen für Arbeitsplätze.


Der Hafen von Saint-Pierre ist das Zentrum des europäischen Außenpostens in Kanada.

La tricolore – bleu, blanc, rouge« weht über Saint-Pierre et Miquelon, einem kleinen Stück Frankreich in Nordamerika und somit Euroland, rund 20 Kilometer vor der Küste von Neufundland. »Où la France rencontre l’Amérique« (Wo Frankreich Amerika trifft), lautet der touristische Werbespruch von St. Peter und Michael, wie der französisch-baskische Name des Überseeterritoriums übersetzt lautet. Die Insulaner verheißen die besten Croissants Nordamerikas und überraschen mit vielen Patisserien. Wer indes die Wonnen der »Cuisine française« erwartet, wird wohl oft enttäuscht die Gabel beiseitelegen. Patriotismus und Küchenkunst sind nicht automatisch Zwillinge.

Was macht die windumtosten Inseln attraktiv? Früher waren es die scheinbar unermesslichen Fischbestände der nahen Great Banks. Heute ist es für Touristen das Exotisch-Andere; bezahlt wird mit Euro, die Autos sind von Peugeot & Co, die Kfz-Kennzeichen wie im Mutterland. Und für Paris sind es Prestigefelsen, die der Staatskasse jährlich Millionen Euro wert sind. Landschaftlich und klimatisch sind die Inseln von begrenztem Reiz, schon Captain Cook berichtete vom Nebel der Region – die beste Besuchszeit ist Juli und August.

Von elftausend Jungfrauen zu St. Peter

All das hört sich nicht sehr einladend an. Aber der Eindruck täuscht. Die kleinen Landflecken in der größten Flussmündung der Welt, dem Gulf of Saint Lawrence, haben viel Historie auf dem Buckel: 1520 taufte der bibel- und kalenderfeste Portugiese João Alvarez Faguendes die Inseln auf den Namen Elftausend Jungfrauen (St.-Ursula-Sage), für den Namen Saint-Pierre sorgte 1536 der Franzose Jacques Cartier. Im 18. und 19. Jahrhundert wechselte die Herrschaft mehrmals zwischen Briten und Franzosen, Letztere erhielten die Inseln 1814 im Vertrag von Paris zugesprochen.

Neben der Fischerei war der Schmuggel dank der Lage zwischen Kanada und den USA immer ein geschätzter Nebenerwerb, aber als sich die Amerikaner 1919 ihre Prohibition verordneten, erlebten die transatlantischen Franzosen einen satten Boom. Ein kurzlebiges Glück, denn 1933 hob Präsident Roosevelt das Gesetz wieder auf. Dies stürzte die Inseln in eine tiefe Depression. Heute geleitet eine Touristenführung in Saint-Pierre zu den Stätten der Schmuggler, es gibt sogar ein kleines Schmuggelmuseum.

Auch das Musée Héritage widmet sich den Tagen der »Rum Runners«, während das bekannteste Exponat des Musée de l’Arche die einzige echte Guillotine Nordamerikas ist. Ob es gerade diese war, die 1889 zur einzigen Enthauptung benutzt wurde, ist aber umstritten. Damals wurde ein Mörder hingerichtet, und man schaffte eigens ein Fallbeil aus Haiti herbei. Diese Néel-Affäre war Vorlage für den Spielfilm »Die Witwe von Saint-Pierre«. Sehenswert ist auch die im baskischen Stil erbaute Kathedrale mit einer Empore und Glasfenstern, die ein Geschenk von Charles de Gaulle sind. Der Leuchtturm an der Pointe aux Canons, an der Hafeneinfahrt, ist das Wahrzeichen der Inseln.

Das Ende der Hamburger »Poseidon«

Lohnenswert sind Ausflüge auf die Inseln Miquelon und Île aux Marins. Miquelon ist mit seiner Nachbarinsel Langlade über eine lang gezogene Düne verbunden. Vor der nur im Sommer bewohnten Île aux Marins rosten die Reste der »Transpacific« vor sich hin, eines der rund 6000 Wracks in der Region. Der Fracht- und Passagierdampfer der Hamburger Reederei »Poseidon« lief dort 1971 auf Grund. Das Museum besitzt neben Relikten des Schiffes auch einen alten Schulraum. An der Tafel steht, selbstverständlich in schönster Schreibschrift: »Vive la France!«


Das Wahrzeichen von Saint-Pierre et Miquelon bildet der Leuchtturm am Pointe aux Canons.


Die Inseln sind stets von zahllosen Seevögeln umschwirrt.

TOP ERLEBNISSE

ZUM MITNEHMEN: DIE »GROSSE HERMINE«

Ein schmuckes Souvenir ist die Inselflagge. Sie zeigt untereinander die baskische, bretonische und normannische Fahne und auf den restlichen drei Vierteln eine Zeichnung der »Grand Hermine«, des Schiffes von Jacques Cartier auf seiner Reise von 1536. Von ihm stammt die älteste schriftliche Erwähnung von Saint-Pierre. Aus dem Baskenland, der Bretagne und der Normandie kamen die ersten Siedler auf der Inselgruppe.

PELOTA

Baskische Fischer kannten Ostkanadas Küste seit 1525, später siedelten viele Basken auf Saint-Pierre und Miquelon. Dort pflegen sie bis heute ihre Baskenmützen und Traditionen, besonders beim alljährlichen sommerlichen Basque Festival. Höhepunkte sind das Ballspiel Pelota und harrijasotzaile, das Steinheben.

BON VOYAGE!

Respekt: 6000 Insulaner mit einer eigenen Fluglinie. Und einem internationalen Flughafen auf Saint-Pierre. Von dort fliegt Air Saint-Pierre ins benachbarte Newfoundland und in die Provinz Québec, aber auch nach Miquelon (15 Minuten). Und selbstverständlich nach Paris. Über Montreal. Von dort übernimmt Air France die Passagiere für den »Rest« der Strecke.

WEITERE INFORMATIONEN

www.st-pierre-et-miquelon.com

Das Reisebuch Kanada

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