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HOLZHAUSJUWEL MIT SCHIFFBAUTRADITION – LUNENBURG

Touristen-Törn auf Nova Scotias maritimer Botschafterin


Schmucke Holzhäuser in mehr oder minder kräftigen Farben sind das Markenzeichen der Kleinstadt, die dank Fischerei und Bootsbau wohlhabend wurde, heute aber vorwiegend vom Tourismus lebt. Dennoch wäre ein neuer Großauftrag über einen historischen Zwei- oder Dreimaster durchaus willkommen. Zumal sich kein neuer Schmuggelboom abzeichnet.


Die bunten Fassaden der Lunenburger Hafenfront sind in Nova Scotia bekannt.

Wollte man Lunenburg eine Farbe zuordnen, so wäre es Rot. Die alten und schönen Holzhäuser, denen es die kleine Hafenstadt verdankt, dass ihr die UNESCO 1995 das begehrte Welterbe-Siegel zusprach, sind zwar in allen Farben der Palette gestrichen. Aber zwei größere Gebäude unmittelbar an der Hafenkante tragen auffälliges Rot, und deshalb wohl ist diese Perspektive das beliebteste Stadtpanorama: der rote Komplex des Fisheries Museum of the Atlantic und, in einem noch intensiveren Rot, die Gebäude der Firma Adams & Knickle (A&K). Die Farbe heißt in Lunenburg nur »A&K Red« – als der Firmensitz bei Renovierungsarbeiten einmal ganz in Pink erschien, gab es heftige Bürgerproteste. Sie legten sich erst, nachdem der Maler glaubhaft versicherte, das Rosa sei nur eine Grundierung.

Adams & Knickle ist eine der Traditionsfirmen im Fischgeschäft, das Lunenburg wohlhabend machte. A&K, das heute mit Jakobsmuscheln handelt, fischte zeitweise mit 70 eigenen Booten, gebaut natürlich auf den Werften in Lunenburg. Die Stadt war berühmt für ihre exzellenten Holzschiffe, die »Bluenose« war das bekannteste Beispiel. Der Schoner erwies sich in Atlantikbrechern nicht nur als stark und tragfähig, sondern auch als schnell, was wichtig war für den Transport der frischen Fische. Die »Bluenose« startete nebenbei auch in Regatten und segelte der US-Konkurrenz oft davon. Ein Nachbau aus Lunenburg, die »Bluenose II«, ist heute als Botschafter Nova Scotias unterwegs: Wenn das Schiff nicht auf See ist, startet es vom Fischereimuseum zu Rundfahrten mit Touristen.

Schiffe für große Filme

Hollywood beauftragte 1960 die Holzboot-Experten mit einem hochseetauglichen Nachbau der »Bounty« (2012 im Sturm gesunken). Seither ist Lunenburg weltweit die erste Adresse für die Rekonstruktion historischer Schiffe. Dort entstand 1970 auch die »HMS Rose«, die als »SMS Surprise« eine Hauptrolle in dem Hollywood-Streifen »Master and Commander« spielte.

Der Atlantik und die Seefahrt sind zur Freude der Touristen, die zu Tausenden anreisen, heute noch allgegenwärtig in der schmucken kleinen Stadt. Dabei wurde sie 1753 gegründet, um in der Region eine Landwirtschaft zu entwickeln. Und dazu holte sich die britische Krone, die via Hannover ja auch deutscher Hochadel war (und ist), Bauern aus Deutschland, vornehmlich aus der Pfalz und aus Württemberg, hinzu kamen Schweizer und Franzosen. In Kanada gilt Lunenburg als »erste deutsche Siedlung« des Landes. Die Einwanderer fanden schnell heraus, dass der Fischfang in ihrer neuen Heimat viel einträglicher war als Ackerbau und Viehzucht. Sie gingen an Bord.

»Lunenburg English« als sprachliches Erbe

Allen neuen Untertanen des englischen Königs George II. war der protestantische Glaube gemein. Deshalb wurden sie auch »Foreign Protestants« genannt. Der Ortsname Lunenburg hat trotz der deutschen Siedler nur indirekt mit der Heidestadt Lüneburg zu tun, er bezieht sich auf den König, der zugleich Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg war und in Herrenhausen geboren wurde. Abgesehen von vielen deutschen Familiennamen ließen die ersten Lunenburger auch ein sprachliches Erbe zurück: »Lunenburg English«. Bis Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Dialekt noch auf dem Land rings um Lunenburg gesprochen, mit »d« statt des englischen »th«. Einige deutsche Worte fanden Eingang in die Sprachmixtur, richtig um die Ecke denken muss man bei »Fasnakt«. Gemeint sind damit »raised doughnuts«, also Berliner, Kreppel, Krapfen etc. Die wurden zur Fastnacht gebacken. – Und da klagen wir über »Denglisch« in unserer Muttersprache?


Restaurantzeile in Lunenburgs Altstadt.


Die »Bluenose II«, ein Segelschiffnachbau, fuhr schon um den Globus.

TOP ERLEBNISSE

VOM BRAVEN FISCHER ZUM SCHNAPSSCHMUGGLER

Als die USA 1919 allen Alkohol verbannten, erblühte der Schnapsschmuggel: Kanada lieferte nach Frankreich, sprich: St. Pierre et Miquelon. Und Lunenburgs Fischer schipperten den Stoff in stille Buchten der nahen US-Küste. Sie wurden über Nacht reiche »Rum Runner«. 1933 war alles vorbei, die Ex-Schmuggler warfen wieder ihre Netze aus.

FLÜSSIGER SPRENGSTOFF AUF DEM »RUM RUNNERS TRAIL«

Einst zuckelte eine Eisenbahn von Halifax nach Lunenburg, von ihr blieb nur der 119 Kilometer lange »Rum Runners Trail«, ein flacher Rad-, Reit- und Wanderweg. Er führt durch Naturparks und Orte, die zur Rast einladen, etwa in Mahone Bay.

LUNENBURGS GEISTER UND GESPENSTER

Hexen, Mörder, Aberglauben – Lunenburg ist ideal für eine »Geister-Wanderung«. Jeder in der kleinen Gruppe trägt eine Laterne mit Kerze furchtlos voraus, zu einstigen Galgenstätten, zum 260 Jahre alten Friedhof voller Gruselgeschichten und zu Mauern, hinter denen Geister hausen. Und nach 75 Minuten wissen alle, warum Lunenburg die »gespenstischste Stadt in Nova Scotia« ist.

WEITERE INFORMATIONEN

www.explorelunenburg.ca

Das Reisebuch Kanada

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