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IMMER SOMMER 1744 – LOUISBOURG

Kanadas größtes »Museum lebender Geschichte«


Auferstanden aus Ruinen hat sich die Fortress of Louisbourg, französisch: Forteresse de Louisbourg, binnen Kurzem zu einer der populärsten Nationalen Geschichtsstätten Kanadas entwickelt. In der rekonstruierten Garnison und Stadt, die einst den drittgrößten Hafen Nordamerikas besaß, lässt sich der militärische und zivile Alltag vor rund 270 Jahren erleben und teilweise selbst erproben.


Geschichte pur: das Tor zur Festung Louisbourg.

Die Restaurants beachten den Kirchenkalender, deshalb sollten Sie nicht planen, Fleisch zu essen an den Tagen der Abstinenz«, lautet der Hinweis für die Restaurants in der Festung Louisbourg im Norden der Provinz Nova Scotia. Gemeint sind Freitag und Samstag, an denen in Frankreichs katholischen Häusern kein Fleisch auf den Tisch kam. Und ein Living History Museum versucht eben, auch solche Bräuche der Vorväter ernst zu nehmen. Also freitags Fisch und samstags beispielsweise »Veggie Day«. Generell sollen die Speisen einen Eindruck der Kost im frühen 18. Jahrhundert vermitteln. Ein Museum lebendiger Geschichte zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass seine Mitarbeiter – oft Freiwillige – in historischer Kostümierung so tun, als lebten sie in der früheren Epoche, hier der Sommer 1744. Und darüber erteilen sie Auskunft. In Louisbourg treten sie beispielsweise auf als Soldaten, Handwerker, Kaufleute, Straßenhändler oder Musikanten. Sie zeigen, wie man Nägel macht, die Waffen jener Zeit nutzt oder Spitze klöppelt, am offenen Feuer kocht und Ziegen melkt – ferne Welten für Computer-Kids.

Im rekonstruierten Haus des königlichen Ingenieurs Étienne Verrier etwa treffen die Besucher auf einen »Verwandten« des hochrangigen Beamten, der sie über die militärischen Anlagen, aber auch über die Planung der Stadt hinter den Mauern informiert.


Bei besonderen Anlässen flanieren die Mitarbeiter in historischen Trachten durch Louisbourg.

Der grimmige König in Versailles

Louisbourg war vor zweieinhalb Jahrhunderten nicht nur einer der wichtigsten militärischen Posten Frankreichs in der Neuen Welt, sondern auch ein florierender Hafen und Handelsposten. Die Garnison auf der Île Royale, heute Cape Breton Island, entstand von 1720 bis 1740 und wurde aber immer teurer. König Louis XV soll damals überaus grimmig gescherzt haben, dass er angesichts der immensen Baukosten eigentlich die Gebäudespitzen jenseits des Ozeans von Schloss Versailles aus sehen können sollte. Zweimal, 1745 und 1758, belagerten britische Truppen erfolgreich die Festung. Die zweite Einnahme war ein Wendepunkt in der Geschichte Kanadas und ebnete den Briten den Weg zur Belagerung von Québec City sowie eine Schlacht vor den Toren der Stadt. Der Sieg der Briten zwang die Franzosen schließlich dazu, 1763 im Vertrag von Paris zusätzlich alle nordamerikanischen Kolonien außer Saint-Pierre et Miquelon aufzugeben.

Rekonstruktion mit Kohle-Kumpeln

Die Briten zerstörten 1760 Louisbourg, und die Ruinen gerieten in Vergessenheit, obwohl sie schon 1920 den Status einer nationalen historischen Stätte (National Historic Site) erhielten. Dank der rührigen Fortress of Louisbourg Association und Parks Canada begann aber in den 1960er- und 1970er-Jahren mit Arbeitslosen aus dem regionalen Kohlebergbau Kanadas größte historische Rekonstruktion. Für 25 Millionen Dollar wurden neben den Festungsmauern rund 50 historische Bauten rekonstruiert – etwa ein Viertel der einstigen Anlage. Für den nicht rekonstruierten Teil ließ Parks Canada einen »Ruins Walk« anlegen. Zu diesem Rundgang gibt es in Louisbourg einen kleinen Führer, überdies sind bei wichtigen Ruinen Infotafeln aufgestellt. Die Route beginnt nahe dem Museum. Die Festungsanlage bietet auch gute Picknickplätze, beispielsweise am ältesten Leuchtfeuer Kanadas. Die Plätze an der See gewähren teilweise einen Blick auf Seehunde und, mit Glück, auch auf Wale oder in der Marconi-Picknick-Zone einen guten Blick auf den Hafen und die Festung von Louisbourg. An Wochenenden im Hochsommer sind auch die beiden Badestrände gut besucht. Und wer Ende August zum Saint-Louis-Tag kommt, erlebt im Reich der britischen Königin ein Fest für einen französischen König.

TOP ERLEBNISSE

BEI BELL IN BADDECK

Nahe Louisbourg liegt eine weitere National Historic Site, das Heim des Telefon-Miterfinders Alexander G. Bell. Der Schotte arbeitete in Baddeck, etwa an einem Flugzeug, das vom vereisten See vor seinem Haus startete. Durch seine Bell Telephone Company wurde er reich, blieb aber ein passionierter Erfinder. Als Bell 1922 in Baddeck starb, ruhte in den USA für eine Minute der Telefonverkehr.

ALLE FARBEN, EIN MUSTER: KARO

Klar, Schotten gründeten die Provinz Nova Scotia (lateinisch für Neu-Schottland). Und wo ein Schotte ist, ist auch ein Tartan, einer der typischen Karo-Stoffe aus Farbfäden für jeden »Clan« und jede Region. Der Cape-Breton-Tartan trägt die Farben Grün-Gelb-Grau und Schwarz, Nova Scotias Tartan ist in Blau-Weiß-Grün. Und weil Schotten in ganz Kanada heimisch sind, hat jede Provinz ihren eigenen Tartan.

DIE GRÖSSTE FIDDLE DER WELT

Zum keltischen Erbe der Schotten gehört ihre Musik und die Fiddle, eine Geige für die Folk Music. Die beste Fiddle-Technik werde auf Cape Breton gespielt, heißt es. Das Lob gab der größten Stadt der Insel, Sydney, die Idee, die rund 20 Meter hohe weltgrößte Fiddle zu bauen.

WEITERE INFORMATIONEN

www.fortressoflouisbourg.ca


In einem Salon der Festung demonstriert eine Dame wie einst noble Handarbeit.

Das Reisebuch Kanada

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