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Leo Trotzki in Nova Scotia

Burntcoat Head liegt am Minas Basin, einer trichterförmigen Bucht, in der die Bay of Fundy endet und sich bei Flut die hohen Wasserstände aufstauen. An der Spitze des Basins, das hier den Namen Cobequid Bay trägt, liegt die Stadt Truro, in der sich die Bahnlinien und die wichtigsten Fernstraßen von Nova Scotia kreuzen. Westlich des Minas Basin läuft die Bay of Fundy in einem zweiten »Zipfel« aus, der Chignecto Bay. Deren Ende bildete einst eines der Industriezentren von Nova Scotia. Heute ist es ein regionales Zentrum mit Verbindung zur Weltgeschichte: In dem dortigen Kriegsgefangenenlager saß 1917 der russische Revolutionär Leo Trotzki für einen Monat ein. Das östliche Ufer der Chignecto Bay, die auch einen Tidenhub von 15 Metern erlebt, liegt in Nova Scotia.


Der Swallowtail-Leuchtturm auf Grand Manan.


Alte Kanonen am Fort Anne in Annapolis Royal.

Die Bay of Fundy ist 200 Kilometer lang und an der Mündung 100 Kilometer breit. Mehr als 100 Milliarden Liter Wasser strömen bei Ebbe und Flut zweimal täglich in die Bucht und heraus – ein enormes Energiepotenzial. Deshalb sind auch mehrere Tidenkraftwerke geplant, deren Unterwasserturbinen das Wasser in Energie umsetzen sollen. Bei Annapolis Royal arbeitet bereits seit 1984 solch ein Kraftwerk, das erste und bislang einzige seiner Art in Nordamerika. Es produziert jährlich mehr als 30 Millionen Kilowatt – Strom für etwa 4500 Einfamilienhäuser.

Von Port Royal zu Annapolis Royal

Annapolis Royal ist, wiewohl 10 Kilometer landeinwärts in einem fruchtbaren Flusstal gelegen, die bekannteste Stadt auf der Nova-Scotia-Seite der Bay of Fundy. Das verdankt die – nach der britischen Queen Anne – getaufte Stadt vor allem ihrer wechselvollen Geschichte. Gegründet wurde sie 1605 von Franzosen als Port Royal, bereits 1613 wurde sie von Briten eingenommen. Das war der Auftakt zu mehrfachem Herrschaftswechsel, insgesamt wurde Annapolis Royal dreizehnmal attackiert. Aus der Hauptstadt des französischen Akadiens wurde schließlich die Hauptstadt von Nova Scotia und blieb es für fast 150 Jahre, bis zur Gründung von Halifax 1749. Fort Anne wurde 1917 Kanadas erste Nationale Historische Stätte und wird somit von Parks Canada verwaltet.

Seither wird vor allem der Paradeplatz im Inneren der Anlage für vielerlei semi-historische Zwecke genutzt, etwa für die beliebten »Reenactments«, das Nachstellen geschichtlicher Ereignisse in Kostümen jener Zeit. Die nahe Port-Royal National Historic Site ist der Nachbau eines Hauses aus dem 17. Jahrhundert, wie es vielleicht ein französischer Offizier oder ein Kaufmann bewohnt hätte. Beide Stätten bieten einen schönen Blick auf den Annapolis River. Die dritte geschichtsbezogene Attraktion sind die Annapolis Historic Gardens, die rund 400 Jahre Gartenbau in Kanadas Osten präsentieren. In dem Garten wurde auch ein typisches Haus eines Acadian, also eines französischen Siedlers, nachgebaut.


Alma ist berühmt für seine extremen Tiden.

Digby, 1783 von britischen Loyalisten gegründet, war einst ein wichtiger Hafen, was das Admiral Digby Museum belegt. Das bekannteste Schiff des Ortes war die »Dei Gloria«, die 1872 zwischen den Azoren und Portugal auf die ebenfalls aus der Bay of Fundy stammende »Mary Celeste« stieß. Der Zweimaster, eines der berühmtesten Geisterschiffe, trieb ohne Mannschaft im Ozean. Über den Verbleib der Männer, die vermutlich in einem Rettungsboot auf See umgekommen sind, und ihre Motive, das Schiff zu verlassen, gibt es lediglich Vermutungen – bis hin zum Eingreifen Außerirdischer.

Welthauptstadt der Jakobsmuschel

Digbys maritime Bedeutung konzentriert sich heute auf den Anleger, von dem die Personen- und Autofähre regelmäßig nach Saint John auf der gegenüberliegenden Seite der Bay aufbricht, eine etwa dreistündige Überfahrt. Von großer wirtschaftlicher Bedeutung ist auch die Fischereiflotte, die Fischer haben sich auf Jakobsmuscheln spezialisiert. Nahezu alle Restaurants servieren diese Spezialität, und Digby nennt sich stolz »World Capital of Scallops«. Die Bay of Fundy ist aber nicht nur für Kammmuscheln ein geeignetes Revier, sondern auch für die großen Meeressäuger. In Digby werden zwar auch Walbeobachtungstouren angeboten, bessere Chancen bieten aber erfahrungsgemäß die Boote auf dem Digby Neck und seinen Inseln, einem schmal in die Bay reichenden Landstreifen, der sich auf Long Island und Brier Island fortsetzt.

Der zweite wichtige Fährhafen der Region ist Yarmouth, wo in der Sommersaison jeden Morgen die Fähre aus Portland im US-Staat Maine festmacht und zwei Stunden später wieder ablegt zu einer Tagesüberfahrt zum großen Nachbarn. Die Fischereiflotte läuft meist aus zum Hummerfang, nirgendwo in Kanada werden mehr »Lobster« angelandet als hier. Aber die großen Zeiten des Hafens liegen weit zurück: Ende des 19. Jahrhunderts war Yarmouth der Heimathafen der zweitgrößten Handelsflotte Kanadas. An diese Ära erinnern rund 400 »Kapitänsvillen«, die zwischen 1850 und 1900 errichtet wurden und heute den Fundus für eine attraktive Stadtrundfahrt liefern.

TOP ERLEBNISSE

BECHER HOCH BEIM APFELKROTZEN

Es war eine Überraschung, dass der Leuchtturm am Cape Forchu bei einer Umfrage der kanadischen Stadtplaner als »Canada’s Great Public Space« vorne lag – vor dem Mount Royal in Montréal. Das Leuchtfeuer bei Yarmouth ist eine Betonsäule mit dickem Kopf für die Leuchten, daher der Spitzname »Apfelkrotzen«. 1996 übernahm die Yarmouth Light Society die Anlage und richteten ein kleines Museum mit Café ein, in dem die Köchin täglich »home made« kocht. »Mug up« heißt die schlichte gastliche Stätte.

ERNTE BEI ZEHN GRAD MINUS

Nova Scotia ist stolz auf Kanadas kleinstes und kühlstes Weinbaugebiet. An der Bay of Fundy werden die weißen »Tidal Bay«-Weine (»good for seafood«) nur aus lokaler Traubenernte produziert. Das gilt nicht für eine teure Spezialität, den süßen Eiswein. Er wird geerntet, wenn die Temperatur unter –10 Grad fällt und die Trauben (Sorte Vidal) gefroren sind. Auf den Gütern Benjamin Bridge und Grand Pre Winery können sie verkostet werden.

DIE STERNE ÜBER DER BAY

Der Irving Nature Park in Saint John war der erste für Sternennächte besonders geeignete »Urban Star Park« der kanadischen Royal Astronomical Society. Sie organisiert dort mehrere Beobachtungen im Jahr, etwa am National Astronomy Day im Mai.


Die Brandung in der Bay kann heftig sein.

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