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FOTOGENES FISCHERDORF AN DER ST. MARGARET’S BAY – PEGGY’S COVE

Das Millionendorf: Postkartenschönheit mit deutschen Wurzeln


Berufsfotografen sind von Peggy’s Cove nicht sonderlich angetan. Gewiss, ein hübscher Ort, aber was bringt das, wenn immer Myriaden von Hobbyknipsern durchs Bild rennen? Deswegen sieht man recht viele Aufnahmen des fotogenen Leuchtturms in der über dem Atlantik aufziehenden Morgensonne. Dann sind die Busse noch nicht da. Oder in der Abendsonne. Dann sind sie wieder weg.


Granitküste und anbrandender Nordatlantik bilden ein attraktives Paar.

Gerade mal 650 Einwohner und etwa eine Million Besucher jährlich – das hört sich nach einem Schreckensszenario an. Statistisch empfängt Peggy’s Cove also 2740 Touristen pro Tag. Aber das sagt nichts über die Gästezahlen an einem stürmisch-nasskalten Novembertag oder an einem sonnigen Wochenende während der Sommerferien. An beiden Tagen ist das hübsche Fischerdorf unweit von Halifax keine Empfehlung. Ansonsten aber durchaus, und es ist kein Zufall, dass der Leuchtturm Peggy’s Point zu den meistfotografierten seiner Art in Amerika zählt und zahlreiche Hobbymaler ihre Staffelei in Peggy’s Cove aufbauen.

Der gut 30 Meter hohe weiße Turm mit roter Haube von 1915 steht auf einem der vielen Felsbuckel, die in der Eiszeit von den Gletschern abgeschliffen wurden. Wegen dieser besonderen Landschaft und ihrer schroffen Schönheit (»rugged beauty«) wurde bereits 1962 ein acht Quadratkilometer großes Gelände in und um Peggy’s Cove als Schutzgebiet ausgewiesen, außerdem regelt ein Regierungserlass den Zuzug von neuen Bürgern und alle Neubauten. So soll der Charakter des Fischerdorfs mit seinen einzeln stehenden bunten Häusern auf den maximal 15 Meter hohen Felsbuckeln erhalten bleiben. Je näher sie am Wasser stehen, desto häufiger müssen sie allerdings repariert werden: Bei Sturm reichen die Wogen seit einigen Jahren höher als zuvor, sagen die Einheimischen.


Bis die Busse anrollen, ist Peggy’s Cove ein Fischernest.

30 Meter Relief für die Fischer

In einigen der Häuser gibt es inzwischen Cafés und kleine Geschäfte mit Souvenirs, Schmuck und Kunst aller Art. Das ehemalige Wohnhaus des Malers William E. deGarthe (1907–1983) ist heute ein Museum mit seinen Werken. Seine bekannteste Arbeit findet sich auf seinem Grundstück, ein aus dem dortigen Fels geschlagenes und 30 Meter langes Relief für die Fischer von Peggy’s Cove und ihre Familien, das aber nach zehnjähriger Arbeit unvollendet blieb. Fischer? Gibt es noch Fischer in diesem touristischen Fischerort? Ja, und das nicht zu knapp. Sie haben sich auf den Hummerfang spezialisiert wie seit mehr als 200 Jahren ihre Vorgänger: Peggy’s Cove wurde 1811 von sechs deutschstämmigen Familien gegründet.

Wer war Peggy?

Gab es unter ihnen eine Peggy? Wohl kaum. Die Herkunft des Namens ist unklar, aber es gibt mindestens drei Versionen: Ein Schiff lief beim nahen Halibut Rock auf Grund, dabei kamen alle an Bord um, bis auf eine Frau, die es an Land schaffte und später einen Fischer heiratete. Noch romantischer ist diese Variante: Die Schiffbrüchige war ein kleines Mädchen, das seinen Namen nicht nennen konnte, Besucher aus den USA berichteten 1996, das Kind sei zu ihnen nach North Dakota gekommen und Peggy genannt worden. Weniger gefühlvoll, aber wahrscheinlicher ist diese Erklärung: Die kleine, an der St. Margaret’s Bay gelegene Bucht wurde nach ebendieser benannt – Peggy ist ein Kosename für Margaret.

Peggy’s Cove machte 1998 weltweit traurige Schlagzeilen: Am 2. September stürzte eine dreistrahlige MD-11 der Swissair auf dem Weg von New York nach Genf mit einem Kabelbrand vor Peggy’s Cove in die See. Zwei Denkmäler ehren die 229 Opfer des Unglücks. Kein Denkmal erinnert an jene leichtsinnigen Touristen, die auf den Felsen beim Leuchtturm von plötzlichen Wellen ins Meer gespült wurden. Nur ein patinagrünes Schild warnt: »Savour the sea from a distance« – genieße das Meer mit Abstand. Und zu dem Signalturm sollte man nur bei schönem Wetter gehen. Nur dann ist nämlich auch das »einzige Postamt der Welt in einem Leuchtturm« geöffnet. Kerngeschäft: Porto und Sonderstempel für Postkarten aus dem »Postkartendorf«.

TOP ERLEBNISSE

HALLO ARKTIS, HALLO KARIBIK

In Peggy’s Cove trifft man bisweilen Meeresbiologen, die sich dem besonderen Tierleben in der St. Margaret’s Bay widmen. Sie erforschen Arten, die eher in der Arktis oder Karibik heimisch sind. Der Grund: Hier treffen der kalte Labradorstrom und der warme Golfstrom zusammen. Das Meer kann deshalb im Sommer bis zu 20 Grad warm werden.

VON LEUCHTTURM ZU LEUCHTTURM

Peggy’s Cove ist der erste Höhepunkt auf der »Lighthouse Route« zwischen Halifax und Yarmouth an der Südspitze von Nova Scotia. Die beliebte Urlaubsstrecke verbindet über 585 Kilometer alle Leuchttürme entlang der Südwestküste von Nova Scotia. Das hübsche Ensemble mit dem schlanken Leuchtturm von Yarmouth ist ein passendes Pendant zu Peggy’s Cove: Beide sind rot-weiß.

PEGGY’S COVE IN FERNOST

Ein Peggy’s-Cove-Fan übertrug nicht nur den Namen, sondern auch die Architektur des kanadischen Fischerdorfs auf die Ferienanlage, die er in Südthailand bauen ließ. So ist das Peggy‘s Cove Resort am Chao Lao Beach nun geprägt von bunten Holzhäusern, die fast originaler wirken als das Original nahe Halifax – inklusive Leuchtturm-Nachbau.

WEITERE INFORMATIONEN

www.peggyscoveregion.com


In der St. Margaret’s Bay kann man sogar auf Schildkröten treffen.

Das Reisebuch Kanada

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