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THEMA

»LITTLE BROTHER OF WAR«

Vom Stickball zum Nationalsport: Lacrosse


Ein moderner Lacrosse-Schläger.

Die Mohawk nannten den Sport »Tewaraathon«, »Little Brother of War«, »Baaga‘adowe« war der Name der Anishinabe für das Spiel, das heute unter dem Namen Lacrosse neben Eishockey als zweiter offizieller kanadischer Nationalsport gilt und sich in weiten Teilen Nordamerikas bei Frauen und Männern großer Beliebtheit erfreut.

Viele indigene Völker des nordamerikanischen Ostens und Südens bezeichnen in ihren Sprachen »Stickball« bis heute schlicht nur als das »Spiel des Schöpfers«. Seit Jahrhunderten praktizieren sie diesen Mannschaftssport, bei dem ein Ball mit Schlägern in ein Tor oder an einen Pfosten geschossen werden muss. Unter dem Einfluss weißer Siedler entwickelte sich daraus das heutige Lacrosse.

Als älteste Sportart Nordamerikas hat »Stickball« eine lange Tradition unter den indianischen Völkern zwischen der Ostküste, den Großen Seen, dem Golf von Mexiko und dem Mississippi. Das seit Jahrhunderten praktizierte Spiel erlebt derzeit ein Revival und wird bewusst nach historischen Vorbildern ausgeübt – und erinnert damit nur entfernt an das moderne Lacrosse. Beispielsweise wird beim Stickball nicht ein Schläger, sondern zwei benutzt.

Aus Stickball wird Lacrosse

Es waren französische Missionare, die dem von den Indianern erfundenen Spiel den Namen »Lacrosse« gaben.


unterscheidet sich deutlich von den bei traditionellen Stickball-Spielen gebräuchlichen »Sticks«.

Doch die Indianer spielten Stickball schon lange, ehe sich die Europäer in Nordamerika breitmachten. Viele Völker benutzten das Spiel sogar, um Streitigkeiten zu schlichten – daher der Name »Little Brother of War«. Schließlich ging es in den Begegnungen auch nicht zimperlich zu.

Weiße Siedler waren von dem Spiel begeistert, und sie entwickelten aus dem eher rauen indianischen Stickball das heutige Lacrosse. Lacrosse mag hierzulande als Randsportart gelten, in Nordamerika hingegen ist die sowohl im Freien wie in Hallen ausgeübte Mannschaftssportart sehr beliebt und wird auch als Profisport ausgetragen.

Während beim Field Lacrosse Kanada und die USA regelmäßig um den Weltmeistertitel antreten, dominieren die Kanadier souverän die Hallenversion, das »Box Lacrosse«. Draußen spielt man auf einem Fußballfeld, drinnen auf einer trockengelegten Eisbahn, die Tore stehen ähnlich wie beim Eishockey nicht am jeweiligen Spielfeld-Ende, sondern davor. Der Ball besteht heute aus Hartgummi und wird mit einem Schläger gefangen, getragen und geworfen. Dieser hat am Schlägerkopf ein Netz, genannt »Pocket«, das Passen, Werfen und Ballkontrolle ermöglicht.

Die »Iroquois Nationals«

Seit einigen Jahren mischen in internationalen Wettbewerben die eigentlichen Erfinder der Sportart ebenfalls erfolgreich mit. Seit 1987 ist die Nationalmannschaft der Irokesen als einzige indigene Nation Vollmitglied eines Weltsportverbandes und nimmt seit 1990 auch an Weltmeisterschaften teil. Seitdem haben die »Iroquois Nationals« 2014 und 2018 bei den Field Lacrosse World Championships hinter Kanada und den USA Platz 3 belegt. Noch besser sind die Auftritte der »Haudenosaunee« – wie sich die »Six Nations of the Iroquois League« (Mohawk, Oneida, Onondaga, Cayuga, Seneca und Tuscarora) selbst nennen – im Box Lacrosse: Fünfmal wurden sie nach Kanada schon Vizeweltmeister. Die Erfolge der Iroquois Nationals sind nicht nur für das indianische Selbstbewusstsein wichtig, sondern rücken die Erfinder des Sports endlich auch ins verdiente Rampenlicht. Längst gehören Irokesen zu den besten Lacrosse-Spielern weltweit, beispielsweise sind die Thompson-Brüder, Jeremy, Jerome, Lyle und Miles, Berühmtheiten und gefragte Profispieler.


Die kanadische Lacrosse-Nationalmannschaft dominiert seit Jahrzehnten den Sport.

Auch andernorts entdecken die Indianer »ihren Nationalsport« neu, und es wird vielerorts wieder das traditionelle »Stickball« gespielt. An Wochenenden kann man mit Glück an vielen Orten Kanadas nicht nur Lacrosse-, sondern auch Stickballspielen zusehen – ganz so, wie es der berühmte Maler und Forscher George Catlin im frühen 19. Jahrhundert im Mittleren Westen erlebt, beschrieben und skizziert hat.

Buch-Tipp:

Thomas Vennum Jr., »American Indian Lacrosse. Little Brother of War« (1994)

Film-Tipps:

»The Spirit Game: Pride of a Nation« (2017, Bedeutung des Sports aus Sicht der Iroquois Nationals bei der WM-Vorbereitung)

»Crooked Arrows« von Steve Rash (2012)

»Keepers of the Game« (2016, die Mädchenmannschaft einer Irokesenschule setzt sich sportlich und gesellschaftlich durch)

Das Reisebuch Kanada

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