Читать книгу Glücksspieler - Elfi Hartenstein - Страница 10

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Als Ricardo das Lokal verlassen hatte und in seine Dachwohnung, die Lou Feldmann ihm, nachdem Andersens Haus an ihn übergegangen war, vermietet hatte, verschwunden war, setzte Lou sich hinter seinen Schreibtisch und überprüfte Rechnungen und Lieferscheine, ohne sich wirklich konzentrieren zu können. Manu hatte sich in seinem Kopf breitgemacht. Feldmann schob die Rechnungen zur Seite. Er wollte gerade aufstehen, um nach oben in seine Wohnung zu gehen, als Remy hereinkam und ihm verärgert ihr Mobiltelefon entgegenstreckte. „Eine SMS von Sylvie. An dich. Offenbar geht sie davon aus, dass dein Telefon noch immer überwacht wird.“

Lou las die Nachricht, gab Remy das Handy zurück, stand auf und nahm seine Jacke von der Stuhllehne.

„Konnte dieser Scheiß-Manu nicht bleiben, wo er war?“, fragte Remy zornig. „Du kannst sicher sein, dass sie schon draußen auf dich warten. Und wenn es sich erst rumgesprochen hat, warten nicht nur die Bullen. Jetzt geht dieses verdammte Theater wieder von vorne los!“

„Ich kann deine Wut gut verstehen, Remy“, sagte Lou. „Aber trotzdem …“

Sie verließen das Lokal gemeinsam.

„Pass auf dich auf“, sagte Remy und ging eilig davon.

Feldmann gab sich unentschlossen, als wisse er nicht, in welche Richtung er gehen wollte. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr – es war schon nach sechs – und schaltete sein Handy aus. Sie würden versuchen, ihn darüber zu orten, und er hatte nicht vor, ihnen ein Bewegungsprofil zu liefern. Während er dastand, beobachtete er die Straße und eine junge Frau, die so tat, als würde sie ihn nicht bemerken. Feldmann ging langsam auf sie zu und an ihr vorbei. Sie hatte kurze blonde Haare und trug über ihrer Bluse eine Lederjacke, gerade lang genug, dass sie das Pistolenholster an der Seite verbarg. Hübsch, dachte er. Aber unerfahren. Die Frau hatte den Blick abgewandt und starrte auf ihr iPhone. Feldmann schlenderte zu der kleinen Metzgerei Schulz, bei der gerade die Jalousien hochgezogen wurden, und betrat den Laden. Die Glocke schlug an. Hinter der Verkaufstheke band sich die siebzehnjährige Anni soeben eine Schürze um. Sie strahlte Lou Feldmann an. „Morgen, Lou.“

„Morgen, Anni. Sag deinem Vater bitte, er soll endlich mit den Steaks rüberkommen, die Remy bestellt hat. Ich brauche sie bis heute Abend.“ Er deutete zur Hintertür. „Wenn du nichts dagegen hast, geh ich hinten raus. Schließ hinter mir ab. Ciao.“

Feldmann kannte sich im Laden aus. Metzgermeister Martin Schulz belieferte ihn regelmäßig. Und Lou Feldmann hatte nicht erst einmal bei ihm im Hinterzimmer gesessen und sich seine Sorgen angehört. Jetzt ging er im Verkaufsraum um den Tresen herum, durch das angrenzende Zimmer, schloss die Hintertür auf, durchquerte den Hof und verließ ihn durch das auf eine Nebenstraße führende Einfahrtstor.

Die junge Frau draußen war ihm bis vor die Metzgerei gefolgt und betrachtete die Auslagen. Als Lou Feldmann nicht wiederkam, wurde sie sichtlich nervös. Dann rang sie sich durch, in den Laden hineinzugehen.

Anni war dabei, frische Schrippen in einen Korb zu schütten.

Die Polizistin sah sich um. „Wo ist er?“

„Wer?“, fragte Anni.

„Der Mann, der gerade zu Ihnen hereingekommen ist“, sagte die Polizistin gereizt.

Anni riss die Augen auf. „Ich hatte heute noch keinen Kunden. Sie müssen sich getäuscht haben.“ Dabei wirkte sie sehr aufrichtig. Fast mitleidig schaute sie die Polizistin an. Diese hatte nicht die Zeit, sich mit so einer Göre herumzuschlagen, rannte auf die Straße, sah sich um, rannte bis zur nächsten Straßenkreuzung: Lou Feldmann war nirgends zu sehen. Sie stöhnte. Das war in diesem Monat schon der zweite Beschattungsauftrag, den sie vermasselt hatte.

Feldmann ging schnellen Schrittes zum Parkhaus Schloss-Straßen-Center. Er wusste, dass die Videoüberwachung dort schon seit Längerem nicht mehr funktionierte – zumindest hatte er nichts Gegenteiliges gehört. Er lief hinunter zu den Dauerparkplätzen im ersten Untergeschoss, schloss seinen Wagen auf und holte einen unter der Fußmatte deponierten Autoschlüssel hervor. Dann schloss er seinen Wagen wieder ab und ging zu einem schwarzen Porsche, den er nicht leiden konnte. Mit diesem fuhr er aus dem Parkhaus hinaus.

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