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Ziemlich genau vier Wochen später kam Lou Feldmanns Neffe Manu auf dem Berliner Flughafen Schönefeld an. Vom anderen Ende der Welt. Er hatte den Flug über Moskau genommen und stand jetzt mit seinem Handgepäck vor der Passkontrolle. Er hatte den Pass schon mehrmals vorzeigen müssen. Immer war alles glattgelaufen. Doch als er nun an die Reihe kam, hatte er feuchte Hände und Schweiß auf der Stirn, als der Sicherheitsbeamte seinen Pass kontrollierte, ihn auf das Lesegerät legte, unbeteiligt auf eine Liste sah. Manu kam es vor, als würde der Beamte unter dem Brett, auf dem das Lesegerät stand, einen Knopf drücken. Aber da gab er ihm schon den Pass zurück und winkte ihn gleichmütig weiter. Als Manu am Zoll vorbeigehen wollte, wurde er von einem Zollbeamten aufgehalten, der auf seine kleine Reisetasche deutete und fragte, ob er wirklich nichts zu verzollen habe. Manu verneinte, trotzdem bat ihn der Beamte, ihm zu folgen, und ging ihm voraus in einen angrenzenden Raum. Dort öffnete er im Beisein einer Kollegin Manus Tasche, breitete die wenigen Dinge aus, die sich darin befanden – Ersatzhose, Hemden, Unterwäsche, Waschbeutel, Schuhe, eine Berliner Zeitung, die er auf dem Moskauer Flughafen bekommen hatte –, tastete die Nähte ab, prüfte die Tasche mit einem Röntgengerät. Dann wies er Manu an, durch einen Nacktscanner zu gehen, tastete ihn anschließend gründlich ab und stellte ihm schließlich einen Stuhl hin. Manu setzte sich. Er schwitzte am ganzen Körper, versuchte ruhig zu atmen und sich einzureden, dass er keinen Grund hatte, nervös zu sein. Er hatte sein Bargeld vor dem Abflug in Santiago auf ein Bankkonto eingezahlt. Die zweitausend Dollar, die er bei sich trug und die die Zollbeamtin in seiner Brieftasche gefunden hatte, waren erlaubt.

Der Zollbeamte hatte wortlos den Raum verlassen. Er geht telefonieren, dachte Manu. Er schluckte, bemühte sich, die Angst zu verdrängen, die ihn schon seit der Landung begleitete. Vielleicht hatte man sie ihm angesehen. Vielleicht hatten die Beamten sie gerochen. Die Tür wurde von draußen geöffnet und herein kamen zwei andere Zollbeamte, jeder mit einem Schäferhund an der kurzen Leine. Die perfekt abgerichteten Hunde blieben bei Fuß, bis einer der Hundeführer das „Such“-Kommando gab, dann zogen sie mit aller Kraft an ihren Leinen, einer auf Manu zu, der andere hin zu dem noch ausgebreitet liegenden Gepäck und der leeren Reisetasche. Manu schnellte in die Höhe, wagte kaum zu atmen, als der Hund ihn von den Schuhen aufwärts beschnupperte, war wie gelähmt und jetzt wirklich starr vor Angst. Noch bevor er wusste, wie ihm geschah, war der Spuk schon vorbei, Hundeführer und Hunde wieder draußen, die Tür hinter ihnen geschlossen. Manu sank auf seinen Stuhl zurück, drückte sich schwer atmend gegen die Stuhllehne, versuchte zu verstehen, was hier gerade passierte.

Die Beamtin streckte ihm seine Brieftasche entgegen, sagte „Vielen Dank, Herr Prahl“, bat ihn, sich noch einen Moment zu gedulden, und verschwand ebenfalls ohne weitere Erklärung. Warum, wollte Manu fragen, warum soll ich mich gedulden, aber es war niemand mehr im Raum, er war allein. Wie lang, konnte er nicht einschätzen, er hatte beim Hereinkommen nicht auf die Uhr geschaut, es kam ihm unendlich lang vor. Bestimmt war eine halbe Stunde vergangen, vielleicht auch eine ganze, als der Zollbeamte wiederkam, ihn erneut misstrauisch musterte und ihn schließlich mit einer Handbewegung entließ. Manu war schweißnass, als er ging. Er irrte durch den Flughafen, auf dem er sich nicht auskannte, fand eine Wechselstube, wo er Dollar in Euro wechseln konnte, endlich auch die Schalter der Autovermietungen. Er mietete sich einen Wagen, musste warten, wieder wurde sein Pass geprüft, zum Glück hatte er sich in Chile eine Kreditkarte besorgen können und damit schien alles in Ordnung zu sein. Er erhielt die Autoschlüssel, die Wagenpapiere, den Plan, in welcher Tiefgaragenebene der Wagen stand. Auf dem Weg dahin dachte er: Ich muss mich umziehen. Ich stinke vor Angst.

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