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Die U4
ОглавлениеDa ich in meinen Büchern am Rande hier und da von Yoga und Meditation gesprochen hatte, war ein Journalist zu mir gekommen, um mich zu diesen Modethemen zu interviewen. Dabei hatte mich zweierlei überrascht: zum einen, wie viel Spaß es mir machte, darüber zu sprechen, und zum anderen, wie unbewandert dieser ansonsten wissbegierige und gebildete junge Mann in diesen Dingen war. Dass Yoga nicht nur eine Art Aerobic war und Meditation nicht nur etwas für Esoteriker, hatte ihn sprachlos gemacht. Und als ich, einmal in Fahrt, noch auf Tai-Chi und die chinesischen Varianten der indischen Meditationspraktiken zu sprechen kam, hatte er sich mit perplexer Begeisterung in seinem Heft die Worte Yin und Yang notiert, als hätte ich vor seinen Augen Keilschriftzeichen entziffert. Zu meiner noch größeren Überraschung stellte ich dieselbe Unbewandertheit aber auch bei vielen Yogapraktizierenden fest, und so dachte ich mir, es könnte doch eine so nützliche wie angenehme Aufgabe sein, im Ton eines Gesprächs am Küchentisch ohne große Ansprüche ein heiteres, feinsinniges Büchlein zu schreiben, um all das von meiner eigenen Erfahrung aus zu beleuchten – die selbstverständlich die eines Schülers ist und keine Lehrmeinung eines Meisters. Ich schrieb sogar schon einen Klappentext für das, was man U4 nennt, das heißt den kleinen Ankündigungstext für die Umschlagseite. Es ist äußerst seltsam für mich, ihn jetzt hier abzutippen, so sehr hat sich dieses Buch von dem entfernt, was ich mir zu Anfang vorgestellt hatte. Er lautete so:
»Was ich Yoga nenne, ist nicht nur die wohltuende Gymnastik, die so viele von uns praktizieren, sondern ein Zusammenspiel von Disziplinen, die der Erweiterung und Sammlung des Bewusstseins dienen. Yoga sagt uns, dass wir etwas anderes sind als unser kleines, verwirrtes, gespaltenes, ängstliches Ich und dass wir Zugang haben zu diesem anderen. Es ist ein Weg – manche sind ihn schon vor uns gegangen und weisen ihn uns. Wenn das, was sie darüber sagen, wahr ist, dann lohnt es sich, selbst nachzusehen, was dran ist.«
Eine angenehme, ja nützliche Aufgabe. Außerdem, sagte ich mir in meinem gierigen tiefsten Inneren, so viele Leute machen heutzutage Yoga und so viele wären froh, mehr darüber zu erfahren, was genau sie da machen, da könnte so ein Buch doch ein Knüller werden.