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Kapitel 7

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Major Schuk’Tufs Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, obwohl er versuchte, seine Furcht zu verbergen.

»Der Großvongul selbst will mich sehen?«

Der Soldat, der ihm die Nachricht überbracht hatte, bestätigte sie mit einem kurzen Zischen. Dass sein Vorgesetzter sich eine solche Blöße gab! Konnte er nicht seine Augen kontrollieren?

»Er wartet nebenan im Konferenzzimmer.«

Schuk’Tuf hasste die Gebäude, die sie von den Menschen übernommen hatten. Sie beengten einen, nahmen einem mit ihrer bedrückenden Schlichtheit und ihren rechten Winkeln geradezu den Atem, und außerdem waren sie immer kalt. Diese Kälte, diese schreckliche Kälte! Er konnte weder Terra noch seine menschlichen Bewohner leiden. Aber die Vongul waren nicht viel besser, und er wünschte sich oft, die Führung der Xu’Un’Gil hätten weisere Allianzen geschlossen oder damals, zum Höhepunkt des Kriegs, ehrenhaft gekämpft, statt auf feige Bündnisse einzugehen. Jetzt durfte er sich zur Strafe mit dem Großvongul herumquälen, und die Tatsache, dass er ihn persönlich sprechen wollte, statt sich an die oberste Armeeführung zu wenden, verhieß nichts Gutes. Schuk’Tuf strich sich die Uniform zurecht, versuchte, die Augen aufzureißen, und trat ein.

Der Makkarat wandte ihm den Rücken zu, beobachtete, die Arme auf dem Rücken verschränkt, das Treiben auf der Straße, wo sich vor allem Menschen herumtrieben. Die Kaserne lag am Rand von Groß-Menlow, aber noch in der Stadt selbst. Gegenüber lag ein breit angelegter, flacher Supermarkt, einer jener Läden, zu dem die Men-Shuk von weither mit ihren primitiven ›Autos‹ fuhren, um für ihren Clan auf Vorrat einzukaufen. Schuk’Tuf schätzte dieses Verhalten, ein guter Clanchef sorgte dafür, dass die Ressourcen niemals ausgingen. Die Terraner und die Xu’Un’Gil hatten viel mehr gemeinsam, als sie sich bewusst waren.

»Groß-Makkarat«, grüßte er den wichtigen Verbündeten und verneigte sich tief. Wie man es drehte und wendete, dieses Treffen konnte für ihn nur schlechte Folgen haben; der Großvongul herrschte über ganz Sol und die angrenzenden Systeme. Was wollte er von einem einfachen Major?

Ohne sich umzuwenden sprach er ihn an: »Major Schuf’Tuk, es ist mir eine Ehre, euch kennenzulernen. Ihr habt in der Schlacht von Aldebaran tapfer gekämpft.«

Diese kleinen Wichte mit ihren übergroßen Birnenköpfen, die genauso krank und bleich wie der Mond von Terra aussahen! Was wussten sie von Tapferkeit? Der Makkarat war höchstens so groß wie ein klein geratener Men-Shuk und dabei noch zerbrechlicher und schwächlicher, Arme und Beine dünn wie dürre Ästchen. Mit einem Fausthieb hätte er sein Wasserballonköpfchen vom schmalen Hals hauen können! Aber ihre Waffentechnik war überlegen, zweifelsohne schütze den Makkarat eins jener mysteriösen Schutzfelder, deren Funktionsweise der Geheimdienst der Xu’Un’Gil seit Jahren vergeblich zu entschlüsseln suchte. Warum teilten sie ihre technologischen Wunder nicht mit ihren Verbündeten? Warum warfen sie ihnen nur hie und da ein paar Brocken hin? Weil sie Angst hatten!

»Ohne die Hilfe der Vongul hätten wir die Schlacht niemals gewonnen«, log Schuk’Tuf diplomatisch. Die Ironie in seiner Stimme würde seinem Gast entgehen, das Konzept der Ironie schien ihnen trotz ihrer großen Hirne unbekannt zu sein. Auch mit Humor waren sie nicht unbedingt geschlagen; sie erkannten im Gegensatz zu den Men-Shuk bloß einfach gestrickte Witze.

Der Makkarat wandte sich blitzschnell um, wie das diese Kriecher so an sich hatten. Fast in Zeitlupe schlichen sie umher, bis sie ihre Gegner mit der fünffachen Geschwindigkeit überraschten. Angeblich stammten sie von nachtaktiven Jägern ab, die in Urzeiten tagelang auf ihre Beute gelauert hatten, um sie dann wie aus dem Nichts mit ihren Keulen und Speeren niederzustrecken. Nichts, was einen Xu’Un’Gil aus der Ruhe brachte.

»Mein guter Major, sie fragen sich zweifelsohne, weshalb ich euch die Ehre erweise?«

Schuf’Tuk verneigte sich erneut so tief wie möglich. Schmeicheleien waren die birnenköpfigen Verbündeten gewogen, und er war sich sicher, dass sie in diesem Fall nötig waren. Wenn er ehrlich sein sollte, hätte er gerne darauf verzichtet, zu erfahren, was den ehrenwerten Groß-Makkarat von Terra dazu brachte, persönlich in der europischen Armeeaußenstelle XII von Groß-Menlow vorbeizukommen.

»Es geht um den Fall des abgestürzten Raumschiffs.«

»Eine Ultrakorvette der Proton-Klasse mit Tarneinrichtung und passiven Sensoren«, erklärte schuf’Tuk sofort, um seine Kompetenz zu beweisen. »Das riecht nach dem Geheimdienst der Vierten Republik, und der Pilot war ein X’ur.«

Der Vongul fletschte seine kleinen, spitzen Nadelzähne, eine Geste die gleichzeitig soziale Überlegenheit und Wohlgesinntheit ausdrückte. »Korrekt, Major, korrekt. Unser Geheimdienst hatte dieses Spezialschiff schon längere Zeit auf dem Radar. Leider hat das Schiff einer ihrer übereifrigen Orbitalverteidiger beim Parsec-Sprung angeschossen.«

Schuf’Tuk zischte mit der Zunge. Die dahinterliegende Anschuldigung wollte er nicht auf sich sitzen lassen, das war eine Frage der Ehre. »Der Pilot hat seine Pflicht erfüllt.«

»In der Tat, mein Lieber! Eine hervorragende Leistung, es grenzt an ein Wunder, dass er mit seinen Sensoren in der Lage war, ein so schnell springendes Tarnschiff überhaupt zu erkennen, geschweige denn vom Himmel zu putzen. Das Problem besteht nur leider darin, dass dieser Pilot überlebt hat.«

Darum ging es also. Deshalb wandte sich der Makkarat an ihn. Insgeheim hatte er gehofft, die missglückte Suchaktion abschreiben, für immer zu vergessen, in den Büchern verstecken zu können. Niemand interessierte sich für Terra, und daher war er auch hier gelandet, in der Kaserne von Groß-Menlow. Der Makkarat kannte sich nicht wirklich mit der Armee der Xu’Un’Gil aus, wenn er glaubte, dass die Tapferkeitsmedaille für die Schlacht von Aldebaran auf Tapferkeit hindeutete. Tatsächlich war er, wie ihre menschlichen Verbündeten so schön andeuteten, ›nach oben degradiert worden‹.

»Wie ich ihrem Bericht entnehme, ist der X’ur Pilot mit dem Zug entkommen?«

»Ich fürchte, ja, ehrenwerter Makkarat. Wir haben versucht, ihn abzufangen, aber die Intergal-Transportmitarbeiter haben sich auf die Abkommen von Terfex berufen. Unsere Leute haben sie ignoriert und den Zug untersucht, jedoch angesichts der Umstände nicht gründlich genug. Ich habe sie dafür bereits disziplinieren lassen.«

Jetzt stand wohl seine Disziplinierung an, ging es ihm durch den Kopf. Er konnte sich allerdings nicht vorstellen, tiefer sinken zu können. Es gab kein schlimmeres Schicksal, als auf einer abgelegenen Randwelt wie Terra seinen Dienst zu verrichten, und dazu noch am Rand des europischen Kontinents, wo es nichts weiter als eine vierzehn Kilometer lange Bahnlinie zu schützen gab. Und seinen Rang würde man ihm nicht aberkennen, dazu war sein Beitrag zu dieser missglückten Suche dann doch zu gering und die Armeeführung der Vereinigten Streitkräfte von Terra ließ sich von den Vongul nicht alles vorschreiben. Andererseits konnte ein schlechtes Wort vom Groß-Makkarat für die langfristige Karriere auch nicht unbedingt von Vorteil sein.

»Ich weiß, Major Schuf’Tuk. Wie gesagt, wir folgten dem X’ur schon seit geraumer Zeit. Er arbeitet in der Tat für den Militärgeheimdienst der berüchtigten Terrorgruppe ›Vierte Republik‹ und wir müssen ihm das Handwerk legen.«

Schuf’Tuk entspannte sich und richtete das Haupt auf. Es ging also nicht um seine Degradierung, sondern bloß um die Zusammenarbeit. »Womit können wir unseren Verbündeten dienen, Groß-Vongul?«

»Unsere Analysten glauben, dass er mit einem Frischling der Men-Shuk, einem sogenannten ›Vic-toria Hill‹ geflohen ist.«

Es konnte nicht schaden, durch Kompetenz hervorzustechen. »Diser Frischling hat weibliches Geschlecht.«

Oder es schadete doch, denn der Makkarat hob ruckartig den Kopf, was unter seinesgleichen Abneigung zum Ausdruck brachte. »Wie dem auch sein mag, dieser Frischling wird sich nach Meinung der Experten mit seinen Erzeugern in Verbindung setzen. Sie werden unseren Kommunikationsspezialisten dabei assistieren, diese vollständig zu überwachen und jeden Kontaktversuch zu dokumentieren, ohne einzugreifen oder Argwohn zu erregen. Sobald wir in Erfahrung gebracht haben, wo sich der X’ur und seine Helfer aufhalten, vernichten wir sie, und das Problem ist gelöst.«

Voller Freude, nicht das Opfer einer weiteren unbegründeten Herabwürdigung zu sein, verneigte sich Schuf’Tuk. So schlecht sah das doch gar nicht aus, wenn er diesen Kontakt weiter pflegte, konnte er sich sogar als Karrieresprung herausstellen. »Selbstverständlich, ehrwürdiger Makkarat von Terra!«

Der Vongul wandte sich wieder um und sah aus dem Fenster. Als Uniform trug er eine schwarze Robe mit hochgestellten Kragen. Selbst ihre Kleidung war dazu gedacht, sie größer erscheinen zu lassen! Der Major wollte sich schon zurückziehen, da hielt ihn der Makkarat auf.

»Da wäre noch etwas! Ein gewisser ›Peter Hill‹ aus der Sippe dieses entflohenen Frischlings arbeitet als Rekrut auf der Orbitalplattform von Terra für ihre Streitkräfte. Er soll sofort zum Soldaten erster Klasse befördert werden –«

»Mein Makkarat, die Xu’Un’Gil –«

Der Vogul brachte ihn mit einer herrischen Geste zum Schweigen. »Ich weiß, die meritokratische Struktur ihrer Armee lässt dies nicht zu. Der Kommandeur muss eine Ausnahme machen und sich eben einen Grund ausdenken! Ich werde sie mit den dazu nötigen Papieren ausstatten, niemand wird ihre Forderung in Frage stellen.«

Ehrenanmaßung galt unter Xu’Un’Gil als Verbrechen, und um nichts anderes handelte es sich bei dem Vorschlag des Vonguls. Angesichts solcher drastischer Maßnahmen, konnte Schuf’Tuk seine Neugier nicht zügeln. »Darf ich nach dem Grund fragen, ehrenwerter Makkarat?«

»Der Frischling wird nach seiner Beförderung in die siebte Expeditionsflotte des Vongul-Imperiums versetzt.«

Das war alles, eine weitere Erklärung bekam er nicht. Aber er konnte sich schon zusammenreimen, um was es ging. Die Vongul mochten Feiglinge sein, doch sie waren alles andere als dumm. Zweifelsohne hatten sie vor, den Frischling für mögliche Verhandlungen oder Ehrenerpressungen bereitzuhalten. Konnte ein Men-Shuk Leben so viel wert sein? Vielleicht. Menschliche Eltern waren zu großen Opfern bereit, um ihre Clanmitglieder zu schützen, neigten in dieser Hinsicht mitunter sogar zu ausgesprochen irrationalen Handlungen, als ließen sich keine weiteren Nachkommen erzeugen. Trotzdem hatte Schuf’Tuk seine Zweifel.

Vicky

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