Читать книгу Hinter hessischen Gittern - Esther Copia - Страница 27
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ОглавлениеMaria wusste nicht, wie sie die Hitze überstehen sollte. Im Gefangenenhaus war die Luft dermaßen stickig, dass sie froh war, als sie in die Verwaltung musste. Der alte Klosterbau mit seinen dicken Mauern war deutlich kühler als das Hochhaus aus Beton. Sie ging durch den langen Flur zum Büro von Richard Meurer. Sie musste ihm von Hattingers Besuch erzählen und dass dieser möglicherweise die Drogen in die Anstalt geschmuggelt hatte. Sie hasste es, zu Meurer zu gehen, aber da Hattinger mit der Beschaffung von Drogen zu tun hatte und sich täglich im Ausgang befand, musste dies unbedingt gemeldet werden. Sie klopfte an, und als sie nichts hörte, öffnete sie langsam die Tür. Richard Meurer saß hinter seinem großen Schreibtisch, der bis auf eine Tageszeitung, die er vor sich ausgebreitet hatte, leer war.
»Kommen Sie ruhig rein und setzen Sie sich.« Meurer sah nicht auf und wies mit vager Geste auf einen Stuhl vor seinem Schreibtisch. Das Büro war sehr groß und spartanisch eingerichtet. Offensichtlich war er noch ganz in einen Zeitungsbericht vertieft, erst einige Sekunden später sah er sie erstaunt an.
»Was führt Sie zu mir, Frau Saletti?« Er nahm die Lesebrille nicht ab, sondern schaute über sie hinweg, was seinem Gesicht einen skeptischen Ausdruck verlieh.
»Herr Meurer, ich wollte Ihnen mitteilen, dass möglicherweise der Gefangene Hattinger für den Drogenschmuggel verantwortlich ist. Ich habe die Besucherliste überprüft und festgestellt, dass Frank Hattinger von einem Mann Besuch bekommt, der hier einmal wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz inhaftiert war.« Maria schluckte nervös, Meurers Blick schüchterte sie ein.
»Glauben Sie, dass Hattinger seinen Ausgang durch Drogenschmuggel für andere Insassen aufs Spiel setzt? Er ist ja nachweislich nicht abhängig. Er wurde, soweit ich es in Erinnerung habe, die letzten Jahre immer negativ auf Drogen getestet. Sonst hätte man ihn ja auch nicht in den Freigang lassen können. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Hattinger, nach so vielen Jahren im geschlossenen Vollzug, seine kleine Freiheit aufs Spiel setzt. Wissen Sie, es ist selten, dass ein Gefangener aus dem geschlossenen Vollzug fast täglich in den Ausgang darf. Jeder Verdacht muss normalerweise sofort mit einer Ausgangssperre geahndet werden. Wollen wir das, Frau Saletti? Haben Sie denn Beweise?« Er machte eine bedeutungsvolle Pause und fuhr dann fort. »Ich glaube, Sie müssen noch an anderer Stelle suchen, aber gut, dass Sie so aufmerksam sind.« Er durchbohrte sie mit seinem Blick, Maria wusste, für ihn war das Gespräch beendet. Er konnte es ihr nicht deutlicher zeigen.
»Gut, Herr Meurer, dann halte ich weiter die Augen offen.« Maria wartete auf eine Antwort, bekam aber nur ein Nicken. Langsam schob sie den Stuhl nach hinten, der dabei laut über den Fußboden knarzte. Dieses Geräusch hallte in ihren Ohren, und sie wäre am liebsten im Boden versunken.
Betont aufrechten Ganges verließ sie das Büro. Es war mehr als deutlich geworden, Richard Meurer hielt ihre Verdächtigungen für puren Blödsinn. Enttäuschung stieg in ihr auf, die Herren der Schöpfung in diesem Haus nahmen Frauen nicht ernst. Sie war sich sicher, wenn ein Kollege mit diesem Hinweis bei Meurer aufgetaucht wäre, hätte er ihn nicht so brüsk abgewiesen. Sie ging zur Damentoilette und ließ kaltes Wasser über ihre Handgelenke laufen. Es war fast wie zu Hause, als ihr Vater noch bei ihnen wohnte. Was sie und ihre Mutter sagten, wurde oft als Unsinn abgetan, ein Umstand, der sie schon damals wütend machte. Sie nahm den Aufgang zur Zentrale, wo Rolf Klein an diesem Tag Dienst hatte. Als sie den Raum betrat, hörte sie die letzten Worte einer Einsatzbesprechung.
»Müller, bitte heute den Gefangenen El Abdelkader unter Verschluss lassen. Für den Gefangenen Burasi gilt das Gleiche. Die zwei sind gestern Abend aufeinander losgegangen, wir müssen erst mit dem Sicherheitsdienstleiter Gerber besprechen, wie es mit den beiden weitergehen soll. Danke, meine Herren.« Rolf Klein hatte sofort beim Eintreten von Maria gesehen, dass etwas nicht in Ordnung war. Als die anderen Kollegen gegangen waren, sah er Maria in die Augen.
»Na, was ist passiert? Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?« Klein nahm sich einen Kaffee und schenkte Maria auch eine Tasse ein.
»Ich war bei Meurer, um ihm den Verdacht wegen Hattinger mitzuteilen. Der nimmt mich einfach nicht ernst.« Maria nahm die Tasse Kaffee und setzte sich auf einen Stuhl gegenüber von Klein.
»Ja, der Meurer, der ist echt mit Vorsicht zu genießen. Es kursieren Gerüchte aus der Zeit, als er Chef vom Ausbildungsseminar war. Man sagt ihm nach, er halte nichts von Frauen im Männervollzug. Irgendwas muss dort auch mal vorgefallen sein, aber alle, die damals vor Ort waren, hüllen sich in Schweigen.«
»Kein Wunder, er kann dir mit Blicken mitteilen, dass er dich für blöd hält.« Maria nahm einen großen Schluck Kaffee. »Ab sofort halte ich meine Klappe.« Maria nahm den letzten Schluck und stellte die Tasse in die Spüle.