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VIII. Die Identität

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So führt die Suche nach dem Lesemeister aus geistes- und kulturgeschichtlichen Gründen zu Paulus in seiner Funktion als Schlüsselgestalt vom wort- zum schriftkulturellen Stadium des Christentums. Sie aber darf nicht nur mit der Notwendigkeit begründet werden, daß das Christentum, um mit dem Standard seiner Zeit gleichzuziehen, die schon längst zuvor eingetretene Wende nachvollziehen mußte, und das schon angesichts der von Nietzsche auf die Spitze getriebenen Vorwürfe, die gegen Paulus als den angeblichen Verfälscher der Jesusbotschaft erhoben wurden49. Sie aber basieren nicht nur auf einer verfehlten Einschätzung der sich dem Apostel stellenden Missionsaufgabe, sondern lassen auch seine kulturgeschichtliche Schlüsselposition unberücksichtigt. Das teilen sie allerdings mit der übergroßen Mehrzahl der affirmativen Paulusdeutungen. Umso höher ist der Beitrag von Norbert Fuerst zu veranschlagen, der Paulus ausdrücklich als Schriftsteller würdigt und dabei dessen eigenen Übergang von der Mündlichkeit zur Schriftlichkeit markiert50. Darin war ihm Lietzmann bei seiner Würdigung der ungemein modulationsfähigen Sprache des Apostels vorangegangen, die in dessen Briefen in Paulus arbeitet, so daß von ihm gilt:

Und derselbe Mann kann mit hinreißendem Zauber der Gestaltung sein Gefühl ausströmen lassen in die Herzen der Leser oder vor Gottes Thron, wenn er um die Seelen der wankenden Galater ringt oder den Korinthern das hohe Lied der Liebe, den Philippern den Hymnus von Christus dem Kyrios singt: als ein Sprachmeister von Gottes Gnaden, dem alle Register des menschlichen Organon gehorchen, ein einziger genialer Wildling in der sauber gezüchteten Baumschule des griechischen Literatentums der Zeit51.

Im Blick auf diese Stelle, aber auch auf vorwiegend englische Autoren bestätigt das die Untersuchung Fuersts, die aber auch die Spuren der hellenistischen Rhetorik und damit der Schriftlichkeit im Werk des Apostels aufzeigt52. Dabei hebt die Studie vor allem auf das manchmal nur indirekt artikulierte, dann aber wieder eruptiv hervorgestoßene Ich des Apostels ab, in dem sie, wie zuvor schon Albert Schweitzer, die Quelle und Triebkraft seiner Sprachkunst erblickt:

Mit Gewalt stößt Paulus den Menschen durch Selbstbekenntnisse, in denen er sich ihm preisgibt, in ein Erleben hinein, das dem seinen gleich werden soll 53.

Man brächte sich allerdings in Widerspruch zum Selbstverständnis des Apostels, wenn man das sich darin bekundende Ich und seine stupende Sprachkraft nur als das eines „Naturtalents“ begreifen würde. Auch hätte man sein Selbstzeugnis gegen sich, in dem er sich, der Kritik der Gegner (2Kor 10,10) zustimmend, als „Stümper in der Rede“ (2Kor 11,6) bezeichnet. Wenn er dennoch seinem dialogisch gesprochenen Wort eine von der schriftlichen Mitteilung nicht erreichbare Suggestivwirkung zumißt (Gal 4,20), dann nur aufgrund der Tatsache, daß sich zwischen Christus und ihm ein Identitäts- und Herzenstausch vollzog, der seinem Wort das Gewicht des in ihm zu Wort und Wirkung gelangenden Erhöhten verleiht.

Durch diese Rückbindung steht Paulus aber nicht nur dafür ein, daß er sich bei seinen innovatorischen Initiativen, gerade auch im Fall der Lehre und Verkündigung, im vollen Einverständnis mit Jesus weiß, sondern daß er darüber hinaus auch ständig im Begriff steht, seine im Sinn der Schriftlichkeit entworfenen Lehraussagen in die Mündlichkeit und damit in die Sprachwelt Jesu rückzuübersetzen. Damit nimmt er auf geradezu paradigmatische Weise das vorweg, was zentrale Aufgabe jeder Predigt ist: den als Evangelium verlesenen Text in seine ursprüngliche mündliche Gestalt zurückzuführen. Das aber konnte für Paulus so wenig wie für den heutigen Prediger in dem Versuch bestehen, die ein für allemal verschollene Sprachwelt Jesu wiederherzustellen, wohl aber in dem nicht weniger wichtigen Versuch, die in der eindimensional schriftlichen Diktion verlorenen Sprachqualitäten aufzurufen und zur Geltung zu bringen54.

An einer Stelle aber geht Paulus unverkennbar über diese Strategie hinaus, wenn er den „verhexten“ Galatern (Gal 3,1) entgegenhält, daß er ihnen doch den Gekreuzigten „vor Augen gezeichnet“ habe. Wenn das, wie Mußner und Bornkamm versichern, im Sinn einer Mitteilung, und zwar einer brieflichen Mitteilung, verstanden werden muß55, ist der Gekreuzigte damit zu der mit Blut und Wunden ausgefertigten Magna Charta der Gottesoffenbarung erklärt. Da in diesem Fall jedoch der Text mit dem Autor identisch ist, kommt hier hinter dem stellvertretenden wieder der genuine Lesemeister zum Vorschein. So zitiert Paulus – der Überlieferung nach mit einer Ausnahme (Apg 20,35) – keine Aussprüche Jesu, und auf die Kenntnis seiner Bildworte und Gleichnisse ist nur bedingt zu schließen; dafür konzentriert sich für ihn die ganze Botschaft auf den „Kreuzesbrief“, den er den verunsicherten Adressaten seines Galaterbriefs vor Augen stellt. Und auch der Gemeinde von Korinth versichert er, daß er bei ihr nichts kennen wolle „als Christus, und ihn als den Gekreuzigten“ (1Kor 2,2). An diesem in der „Kreuzesschrift“ ausgefertigten Text hat Paulus den Zentralinhalt seiner Botschaft, ungeachtet aller Anleihen an der antiochenischen Gemeindetheologie, abgelesen, und dies in der Überzeugung, „nichts anderes“ als das von Jesus selbst Gelebte und Gesagte ausgesprochen zu haben.

Auf diesem entschiedenen Rückbezug liegt nun der Akzent bei der Beantwortung der Frage, wie die Rolle Jesu als Lesemeister der von ihm handelnden Schriften aufzufassen ist. Soviel dabei in der Kompetenz dessen verbleibt, der als die Schlüsselgestalt im Übergang zur Schriftlichkeit erwiesen wurde, behält Jesus aufgrund eben dieses Rückbezugs doch die Gesamtregie. Zwar ist Paulus durch die Verheißung des johanneischen Jesus, die Seinen würden dieselben Werke wie seine eigenen, ja „noch größere“ vollbringen (Joh 14,12), zu seiner Initiative voll autorisiert; doch bleibt er dabei an seinen Auftraggeber in vollem Umfang zurückgebunden. Umgekehrt muß dann aber bei der Positionsbestimmung Jesu die österliche Perspektive mitberücksichtigt werden, zumal die neutestamentlichen Schriften insgesamt, wie das James M. Robinson schon für die Logienquelle in Anspruch nimmt56, als das literarische Osterwunder zu gelten haben.

Das kommt einer Vorentscheidung hinsichtlich des Einstiegs gleich. Denn die Ostergeschichten gehen im Unterschied zum vorösterlichen Lebensbild Jesu hinsichtlich der von ihnen geschilderten Abläufe und ihrer Angaben über Ort, Zeit und Personen in einer Weise auseinander, daß Reimarus darin den Hauptgrund für seine Verwerfung des Christentums gefunden zu haben glaubte57. Tatsächlich entsteht in der Osterszene ein surrealistisches Bild des Geschehens, in dem die „natürlichen Verhältnisse“ von Raum und Zeit aufgehoben sind. Doch damit weisen sie zurück auf die nicht weniger surrealistische Szene, die die Synoptiker in der von ihnen erzählten Versuchungsgeschichte entwerfen. Noch deutlicher wird die Entsprechung im Hinblick darauf, daß der Markusevangelist im Unterschied zur Darstellung im Matthäus- und Lukasevangelium weder die Oster- noch die Versuchungsszene narrativ entfaltet. Alles spricht somit dafür, bei der Explikation der Anweisung des Lesemeisters hier – bei der Versuchungsszene – einzusetzen.

1 A. Schweitzer, Geschichte der Leben-Jesu-Forschung, Bd. 2, Tübingen 1966 (Lizenzausgabe), S. 620. Nach dem verheißungsvollen Aufbruch der Jesusliteratur im Gefolge des Zweiten Vatikanums und der von ihm ausgehenden Impulse ist die Bilanz der gegenwärtigen Jesusliteratur, die sich der historisch-kritischen Methode verschrieb, enttäuschend. Bei einzelnen Autoren geht die Unterwerfung unter den Methodenzwang sogar so weit, daß die Auferstehung Jesu als „posthistorisches“ Ereignis ausgeklammert und alles auf den historischen Jesus eingegrenzt wird, ganz so, als sei die Auferstehung nicht der einzige und ausschlaggebende Anlaß, daß die neutestamentlichen Schriften überhaupt entstanden und als seien diese nicht bis in die Auswahl des von ihnen Berichteten hinein vom Auferstehungsmotiv durchdrungen und bestimmt.

2 Dazu: F. Hahn, „Schrift und Tradition“ im Urchristentum (1970), in: ders., Exegetische Beiträge zum ökumenischen Gespräch (Gesammelte Aufsätze, Bd. 1), Göttingen 1986, S. 9–28.

3 J. M. Robinson, Der wahre Jesus? Der historische Jesus im Spruchevangelium Q, in: Zeitschrift für Neues Testament 1 (1998), S. 17–26, S. 21.

4 S. Kierkegaard, Einübung im Christentum, in: ders., Werkausgabe Bd. 2, S. 18.

5 Der Hirte des Hermas, in: Die Apostolischen Väter, aus dem Griech. übs. v. F. Zeller (BKV, 1. Reihe, Bd. 35), München 1918, S. 250.

6 Auch wenn es während der Abfassung des zweiten Korintherbriefs sicher noch keine neutestamentlichen Texte gab, dürfte doch zu dieser Zeit bereits das Material zur Logienquelle vorgelegen haben. Abgesehen davon duldet der Geltungsanspruch des Pauluswortes keine Einschränkung.

7 So der Titel des lyrischen Werks von: W. H. Auden, Das Zeitalter der Angst. Ein barockes Hirtengedicht (The Age of Anxiety. A Baroque Eclogue, 1947), aus d. Engl. übs. v. K. H. Hansen, Wiesbaden 1951.

8 Nach K. Löwith, Paul Valéry, a.a.O., S. 99.

9 Dazu mein Beitrag: Vorstoß ins Ungegebene. Eine Erschließung des plastischen Werkes von Wilfried Koch, in: Das Münster 53 (2000) 2, S. 149–155.

10 Dazu meine Schrift: Provokationen der Freiheit. Antriebe und Ziele des emanzipatorischen Bewußtseins, München u.a. 1974, insbes. S. 34–42. <Wie E. Biser an anderer Stelle schreibt, ist die „von Paulus ins Zentrum seiner Botschaft gerückte Freiheit, die für ihn annähernd denselben Stellenwert besitzt wie das Reich-Gottes-Motiv für die Botschaft Jesu, […] nicht so sehr eine emanzipatorische, als vielmehr eine divinatorische […], also primär ‚Freiheit wozu‘, nicht ‚Freiheit wovon‘, sosehr sie sich auch auf die Befreiung von Zwängen und auf die Sprengung von Fesseln erstreckt“ (Einweisung ins Christentum, a.a.O., S. 356).>

11 Th. Mann, Doktor Faustus (1947); Die Entstehung des Doktor Faustus (1949), Frankfurt a. M 1976, S. 634.

12 Mit dem Schlagwort vom „eindimensionalen Menschen“ brandmarkt H. Marcuse die existentielle Verflachung des in das abgesperrte „Universum der Rede“ eingeschlossenen und dadurch um seine Entfaltungsmöglichkeiten gebrachten Menschen: Der eindimensionale Mensch, a.a.O., S. 103–138; S. 184– 213.

13 G. W. F. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts (1821), hrsg. v. J. Hoffmeister, unveränd. Nachdr. der 4. Aufl. v. 1955, Hamburg 1967, S. 17; dazu meine Ausführungen in: Die Entdeckung des Christentums, a.a.O., S. 54f: Vorzüge und Grenzen [der historisch-kritischen Methode].

14 G. E. Lessing, Über den Beweis des Geistes und der Kraft, in: ders., Werke und Briefe in zwölf Bänden, Bd. 8: Werke 1774–1778, hrsg. v. A. Schilson, Frankfurt a. M. 1989, S. 437–445, S. 443.

15 K. Berger, Darf man an Wunder glauben?, Stuttgart 1996, S. 164f; dazu mein Beitrag: Jesus – das Wunder Gottes, in meinem Sammelband: Die Entdeckung des Christentums, a.a.O., S. 234–251, insbes. S. 237f.

16 E. Schweizer, Jesus, das Gleichnis Gottes. Was wissen wir wirklich vom Leben Jesu? (Jesus, the Parable of God. What Do We Really Know About Jesus?, 1994), aus dem Amerik. übs., Göttingen 2/1996, S. 39f.

17 K. Rahner, Schriften zur Theologie, Bd. 1, a.a.O., S. 91–167; dazu mein Beitrag: Die Suspendierung der Gottesfrage. Erwägungen zu einer innovatorischen These Karl Rahners, in meinem Sammelband: Glaubensimpulse. Beiträge zur Glaubenstheorie und Religionsphilosophie, Würzburg 1988, S. 189–207.

18 K. Rahner, a.a.O., S. 108–112.

19 A. a. O., S. 112f.

20 Dazu: Th. A. Szlezák, Platon und die Schriftlichkeit der Philosophie, Teil 1: Interpretationen zu den früheren und mittleren Dialogen, Berlin 1985, S. 386–405, insbes. S. 398ff; ferner: ders., Das Bild des Dialektikers in Platons späten Dialogen. Platon und die Schriftlichkeit der Philosophie, Teil 2, Berlin 2004, S. 54–58.

21 S. Kierkegaard, Einübung im Christentum, in: ders., Werkausgabe Bd. 2, S. 102.

22 F. Nietzsche, Also sprach Zarathustra II, Von grossen Ereignissen, in: ders., KSA 4, S. 167–171, S. 170.

23 Dazu: H. von Lips, Weisheitliche Traditionen im Neuen Testament, Neukirchen-Vluyn 1990, S. 267– 273. Hiernach ist davon auszugehen, daß das Dankgebet (Mt 11,25ff) schon zum Spruchgut der Logienquelle gehörte, während die „Große Einladung“ als Sondergut des Matthäusevangeliums gilt. Näheres dazu bei: E. Norden, Agnostos theos. Untersuchungen zur Formengeschichte religiöser Rede, Darmstadt 4/1956, S. 277–308.

24 Gegen H. U. von Balthasar, der im Schlußband seiner „Theologischen Ästhetik“ (Epilog, 1987) gerade darauf abhob.

25 W. Schmithals, Theologiegeschichte des Urchristentums. Eine problemgeschichtliche Darstellung, Stuttgart u.a. 1994, S. 237.

26 L. Schenke, Die Urgemeinde. Geschichtliche und theologische Entwicklung, Stuttgart u.a. 1990, S. 281f.

27 E. Fuchs, Die Frage nach dem historischen Jesus (1956), in: ders., Zur Frage nach dem historischen Jesus (Gesammelte Aufsätze, Bd. 2), Tübingen 1960, S. 143–167, S. 156.

28 M. Machoveč, Jesus für Atheisten, a.a.O., S. 93.

29 S. Kierkegaard, Einübung im Christentum, in: ders., Werkausgabe Bd. 2, S. 18.

30 So die Formulierung im achten Lied (Text: Heinrich Heine) aus Franz Schuberts Liedersammlung „Schwanengesang“.

31 E. Schillebeeckx, Jesus. Die Geschichte von einem Lebenden (Jezus, het verhaal van een levende, 1974), aus dem Niederl. übs. v. H. Zulauf, Freiburg i. Br. u.a. 1975.

32 Dazu meine Studie: Der inwendige Lehrer. Der Weg zur Selbstfindung und Heilung, München 1994.

33 Augustinus, Der Lehrer – De magistro liber unus, 14,46, aus dem Lat. übs. u. hrsg. v. C. J. Perl, a.a.O., S. 77.

34 Dazu: A. Lang, Die Entfaltung des apologetischen Problems in der Scholastik des Mittelalters, Freiburg i. Br. 1962, S. 158. <In: Gotteskindschaft. Erhebung zu Gott, Darmstadt 2007, erklärt E. Biser hierzu: „Im Maß wie er [der von Augustinus entdeckte und von Philipp dem Kanzler reflektierte ‚inwendige‘ Lehrer] die Regie über das spirituelle Leben und das fortschreitende Glaubensbewußtsein übernimmt, werden nicht nur die hybriden Ansprüche auf angebliche ‚Neuoffenbarungen‘ gegenstandslos, vielmehr bricht in der durch die christliche Wahrheit bestimmten Sicht des Evangeliums nun die auf die Wahrheit Christi gegründete durch. Dabei verwandelt sich die zu obligatorischer Geltung gelangte Christologie zurück in die schon von […] Ignatius von Antiochien angesprochene ‚Christomathie‘“ (a.a.O., S. 264).>

35 Dazu: H. Lietzmann, An die Korinther I/II (Handbuch zum Neuen Testament, 9), 4., von W. G. Kümmel erg. Auflage, Tübingen 1949, S. 110.

36 Nikolaus von Kues, De visione Dei – Die Gottes-Schau, c. 7, n. 25, in: ders., Philosophisch-theologische Schriften, Bd. 3, a.a.O., S. 120f.

37 Zitiert nach: G. Ebeling, Luther. Einführung in sein Denken, Tübingen 4/1981, S. 145.

38 Dazu: A. Vögtle, Der verkündigende und verkündigte Jesus „Christus“, in: J. Sauer (Hg.), Wer ist Jesus Christus?, Freiburg i. Br. u.a. 1977, S. 27–91.

39 Damit widerspricht Paulus dem Vorwurf seiner korinthischen Gegner, die ihm zwar die „Wucht“ seiner Briefe zugestehen, gleichzeitig aber sein persönliches Auftreten als „matt und kraftlos“ abwerten (2Kor 11,10).

40 J. L. Austin, Zur Theorie der Sprechakte (How to Do Things With Words, 1962), aus dem Engl. übs. u. bearb. v. E. von Savigny, Stuttgart 1972.

41 F. Nietzsche, Nachgelassenes Fragment (Sommer – Herbst 1882), 3 [1] 296, in: ders., KSA 10, S. 89. Thomas Mann bringt in seiner Erzählung „Das Gesetz“ die Niederschrift des Dekalogs sogar in einen ursächlichen Zusammenhang mit der Erfindung der Buchstabenschrift – dazu meine Ausführungen in: Einweisung ins Christentum, a.a.O., S. 137f.

42 <E. Biser versteht hier das „akustische“ Erlebnis als „göttliche Selbstmitteilung“, das „optische“ als „Schau des Auferstandenen“ und das „haptische“ als „Ergriffensein“ durch den Auferstandenen (Glaubenserweckung. Das Christentum an der Jahrtausendwende, Düsseldorf 2000, S. 207; weitere Ausführungen dazu in: ders., Paulus. Zeuge, Mystiker, Vordenker, München u.a. 1992, S. 109–126).>

43 K. Kertelge, Grundthemen paulinischer Theologie, Freiburg i. Br. u.a. 1991, S. 111–160.

44 A. a. O., S. 111.

45 E. P. Sanders, Paulus. Eine Einführung (Paul, 1991), aus dem Engl. übs. v. E. Schöller, Stuttgart 1995, S. 98–101.

46 A. a. O., S. 98.

47 <Nach E. Biser wird für Paulus – wie in der Damaskusvision geschildert – der Gottessohn, der ihm nach Gal 1,16 ins Herz gesprochen wurde, zur Kristallisationsmitte neuer Identitätsfindung. Das Herz ist der „ ‚Ort‘ mystischer Einwohnung. Dort ereignete sich die ‚Kontaktmetamorphose‘, die ihm das für sein neues Selbstverständnis ebenso wie für sein Wirken grundlegendes Geständnis auf die Lippen legte: Ich lebe, doch nicht ich – Christus lebt in mir (Gal 2,20)“ (Der unbekannte Paulus, Düsseldorf 2003, S. 95).>

48 Für den Fortgang der Paulusforschung ergibt sich daraus, daß sie hinter die von Sanders gesetzte Marke nicht mehr zurückfallen darf und daß sie die Schlüsselposition des Apostels im Übergang von der Wortzur Schriftkultur mit aller Deutlichkeit herausstellen muß.

49 F. Nietzsche, Der Antichrist, §§ 41f, KSA 6, S. 214–217. In seiner hemmungslosen Polemik sieht Nietzsche lediglich den Grad, nicht jedoch die Veranlassung der von ihm pauschal dem Apostel angelasteten Veränderungen. Dabei hätte er gerade von seinem als dem christlichen Urliteratus ausgewiesenen Gewährsmann Overbeck über den Anteil des Apostels an deren Entstehung informiert werden können. Doch wurde seine Rolle als Medienverwender überhaupt erst von der neuesten Forschung in gebührendem Umfang wahrgenommen.

50 Dazu: N. Fuerst, Der Schriftsteller Paulus, Darmstadt 1989, insbes. S. 121–126.

51 H. Lietzmann, Paulus (1934), in: K. H. Rengstorf (Hg.), Das Paulusbild in der neueren deutschen Forschung, Darmstadt 1964, S. 380–409, S. 391.

52 N. Fuerst, Der Schriftsteller Paulus, a.a.O., S. 70–74; S. 89–100.

53 A. Schweitzer, Die Mystik des Apostels Paulus, Tübingen 1930, S. 376.

54 Dazu mein Beitrag: „Mit anderer Stimme“. Predigt als Rückübersetzung, in: Communio 11 (1982), S. 97–112. <Für E. Biser gilt dabei: „Wichtig allein ist die Freisetzung des ‚Geistes‘ aus der Gruft des ‚toten Buchstabens‘. Das aber heißt, daß der angezielte Kompetenzgewinn mit den Mitteln der gegenwärtigen Sprache, gestützt auf die sprachtheoretischen Erkenntnisse dieser Zeit, herbeigeführt werden muß. Denn die Sache des Christentums kann niemals im nostalgischen Rückgriff ‚gerettet‘ werden. Sie will vielmehr im gegenwärtigen ‚Jetzt‘ ausgetragen sein. […] Dem muß freilich unverzüglich hinzugefügt werden, daß seine Aktualität und Gegenwartsnähe keinesfalls um den Preis des Kontinuitätsverlusts erkauft werden darf. Denn das ‚Jetzt‘ […] umfaßt mit dem Augenblick zusammen auch den Ursprung; es ist das Jetzt […] der die ganze Weltzeit durchwaltenden Selbstvergegenwärtigung Christi, das Jetzt der Gleichzeitigkeit mit ihm. Daran muß sich das Vorhaben der Rückübersetzung bemessen“ (a.a.O., S. 103f).>

55 F. Mußner, Der Galaterbrief (Herders theologischer Kommentar zum Neuen Testament, Bd. 9), Freiburg i. Br. u.a. 4/1981, S. 207; G. Bornkamm, Paulus, 3., erneut durchgesehene Aufl., Stuttgart 1977, S. 167.

56 J. M. Robinson, Der wahre Jesus?, a.a.O., S. 21.

57 Dazu mein Beitrag: Die Botschaft hör’ ich wohl, in: Glaubenserweckung, Düsseldorf 2000, S. 73–84, S. 75ff.

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