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dd) Tibor-Trans, Erfolgsort: Marktort, an dem der Schaden eintritt

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Im Jahr 2019 folgte ein weiteres Urteil des EuGH zur Auslegung des Ortes der unerlaubten Handlung im Sinne der EuGVVO. Die Europäische Kommission hatte festgestellt, dass fünf Hersteller von Lkw, darunter DAF Trucks, wettbewerbswidrige Absprachen über Preise für Lkw getroffen hatten. Das ungarische Transportunternehmen Tibor-Trans hatte im Kartellzeitraum Lkw von in Ungarn ansässigen Vertragshändlern bezogen und erhob 2017 in Ungarn eine Schadensersatzklage gegen DAF-Trucks. Nach einer Zuständigkeitsrüge durch DAF-Trucks leitete das ungarische Berufungsgericht ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH ein. Die Vorlagefrage lautete, ob ein indirekter Abnehmer (Tibor-Trans) einen Kartellbeteiligten mit Sitz im Ausland (DAF Trucks in den Niederlanden) in seinem eigenen Heimatland (Ungarn) verklagen kann, wenn er einen kartellbedingt überhöhten Preis an einen dritten Vertragshändler in diesem Land gezahlt hat.

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Der EuGH stellte zunächst klar, dass Schäden mittelbarer Abnehmer nicht nur Folgeschäden aus Umsatzeinbußen der direkten Abnehmer sind, sondern einen unmittelbaren Erstschaden verkörpern. Dieser kann bei den Gerichten der Mitgliedstaaten eingeklagt werden, in dessen Hoheitsgebiet sich der Schadenserfolg verwirklicht hat.161 Einem Kartell liegt somit kein einheitlicher Erfolgsort zu Grunde, sondern dieser ist für jeden Kläger und abhängig von der Marktstufe eigenständig zu bestimmen.162

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Zur Bestimmung des Erfolgsortes stellte der EuGH nicht mehr nur auf den Sitz des geschädigten Logistikunternehmens ab. Vielmehr legte er den Erfolgsort in den Mitgliedstaat, dessen Markt von dem Kartell betroffen war und in dem sich der behauptete Schaden konkret gezeigt hatte.163 Dieses Gericht sei aufgrund der Nähe zum Streitgegenstand und der leichteren Beweisaufnahme am besten in der Lage, die Schadensersatzklage sachgerecht zu prüfen.164 Zudem werde der Gleichklang mit dem kollisionsrechtlichen Auswirkungsprinzip in Art. 6 Abs. 3 Rom II-Verordnung hergestellt. Schließlich sei auch das Vorhersehbarkeitskriterium beachtet, denn ein Kartellbeteiligter müsse damit rechnen, in denjenigen Ländern verklagt zu werden, auf die sich seine wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen ausgewirkt haben.

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Mit diesem Urteil hat der EuGH seine Feststellungen im CDC-Urteil ergänzt. Anders als bei flyLAL lag bei Tibor-Trans eine vergleichbare Konstellation zugrunde. Der EuGH hätte somit die Grundsätze der CDC-Entscheidung anwenden und auf den Sitz des geschädigten Abnehmers in Ungarn als Erfolgsort abstellen können. Stattdessen hat er einen anderen Ansatz gewählt und auf den beeinträchtigten Markt sowie die dortige Schadensentstehung abgestellt. Dieser Ansatz führte im konkreten Fall zu keinen Schwierigkeiten, denn das Lkw-Kartell erstreckte sich auf den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum, somit auch auf den Markt in Ungarn, und zugleich war der Schaden der Klägerin dort entstanden, weil sie ihren Geschäftssitz dort hat.

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Es stellt sich aber die Folgefrage, was gilt, wenn der Ort des Schadens und der betroffene Markt auseinanderfallen (etwa bei Diskrepanz zwischen Sitz des Abnehmers und faktischem Lieferort oder bei nur mittelbaren Schäden165). Einige meinen, dass es in diesen Fällen allein auf den Marktort ankommt.166 Dafür ließe sich mit der Tibor-Trans-Urteilsbegründung argumentieren, wonach Kartellanten damit rechnen müssen, in denjenigen Mitgliedstaaten verklagt zu werden, deren Märkte sie verzerren. Demgegenüber könne der Ort des tatsächlichen Schadenseintritts von Zufälligkeiten geprägt sein, die keinerlei Bezug zum Kartelldelikt aufweisen.167 Es bleibt abzuwarten, wie sich der EuGH in dieser Frage positionieren wird. Er wird – angesichts der vielen anhängigen Kartellschadensersatzverfahren – hierzu Gelegenheit haben. Vermutlich wird er den Marktort neben dem Geschäftssitz des Geschädigten als Erfolgsort etablieren.

Kartellrechtliche Schadensersatzklagen

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