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NEUNTES KAPITEL

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Bedrückung der Hebräer. Moyses’ Geburt und Erziehung.

1. Die Ägypter aber waren genusssüchtig und träge, hingen an sinnlichem Vergnügen und jagten nach Gewinn. Daher beneideten sie die Hebräer um ihres Glückes willen und wurden feindselig gegen sie gesinnt. Da sie nämlich bemerkten, wie sehr die Israeliten sich vermehrten und wie sie durch Fleiß und Tüchtigkeit zu großem Reichtum gelangten, befürchteten sie, dieselben möchten ihre Macht zum Verderben der Ägypter anwenden. Und da auch das Andenken an Josephs Wohltaten mit der Zeit verblasste, und die Regierung an eine andere Dynastie übergegangen war, wurden die Israeliten misshandelt und zu allerlei schweren Arbeiten herangezogen. Man befahl ihnen, den Fluss in viele Bäche abzuleiten, Mauern um die Städte zu ziehen und Dämme zu errichten, damit das Wasser nicht aus den Ufern treten und Sümpfe bilden könne. Auch erschöpften sie die Unseren durch den Bau von Pyramiden und zwangen sie, mancherlei Künste zu erlernen und sich an schwere Arbeit zu gewöhnen. Dieses Schicksal ertrugen sie volle vierhundert Jahre, und es schien beiderseitig ein Wetteifer zu entstehen, in welchem die Ägypter die Israeliten durch übermäßige Arbeit zugrunde richten, diese hingegen dartun wollten, dass ihnen keine Anstrengung zu groß sei.

2. Während sich die Unseren mit solchen Arbeiten befassen mussten, ereignete sich etwas, das bei den Ägyptern den Wunsch, uns zu vertilgen, noch reger machte. Einer von ihren Schriftkundigen (denn diese waren in der Vorhersagung der Zukunft bewandert) weissagte dem König, es werde um jene Zeit aus hebräischem Blute ein Knabe geboren werden, der, wenn er erwachsen sei, die Herrschaft der Ägypter vernichten, die Israeliten hingegen mächtig machen werde. An Tugend werde er besonders hervorragen, und sein Andenken werde ein ruhmvolles sein. Durch diesen Spruch wurde der König erschreckt, und er befahl, alle israelitischen Knaben gleich nach der Geburt in den Fluss zu werfen und zu töten. Die ägyptischen Geburtshelferinnen sollten genau erforschen, wann die hebräischen Weiber niederkommen würden, und die Geburt sorgsam überwachen. Und nur ägyptische Geburtshelferinnen sollten bei Hebräerinnen Dienste tun, weil nur von diesen eine strenge Befolgung des Gebotes zu erwarten war. Diejenigen aber, die dieses Gebot überträten und ihre neugeborenen Kinder zu verbergen wagten, sollten mit ihrer ganzen Familie den Tod erleiden. Den Hebräern erschien das Gebot grausam, nicht nur, weil sie ihre Kinder verlieren und noch selbst Henkersdienste an ihnen verrichten sollten, sondern auch, weil sie daran dachten, dass nach der Tötung ihrer Kinder auch sie selbst nicht lange mehr leben würden, da sie von Unglück und Trübsal würden niedergebeugt werden, und dass so ihr Geschlecht von Grund aus vernichtet werden würde. Sie waren also in einer trostlosen Lage. Aber gegen Gottes Ratschluss kann man nicht ankämpfen, wenn man auch tausend Listen dagegen ersinnt. Denn der Knabe, vor dem jener Schriftkundige gewarnt hatte, wurde den Nachstellungen des Königs zum Trotz heimlich erzogen, und alles, was er von ihm vorhergesagt hatte, bewahrheitete sich. Der Hergang war folgender.

3. Amaram, ein vornehmer Jude, war um sein Volk besorgt, da keine männliche Jugend mehr nachwuchs, und auch in Bezug auf sich selbst war er äußerst beängstigt, denn seine Gattin war schwanger. Und er rief Gott an und flehte zu ihm, er möge sich doch des Schicksals derjenigen erbarmen, die ihn bisher so treu verehrt hätten, und sie aus ihrer gegenwärtigen Not befreien, indem er den Ägyptern die Hoffnung auf gänzliche Vernichtung der Israeliten raube. Gott erbarmte sich seiner, erhörte sein Gebet, erschien ihm im Schlafe und ermahnte ihn, an der Zukunft nicht zu verzweifeln. Er erinnere sich der Frömmigkeit der Israeliten und werde sie dafür geziemend belohnen, da er doch auch ihren Vorfahren gnädig gewesen sei und sie aus einer geringen Anzahl zu einem großen Volke habe anwachsen lassen. Denn Abram sei allein von Mesopotamien nach Chananaea gezogen und glücklich gewesen; auch habe seine Gattin, die vorher unfruchtbar gewesen, später seinem Wunsche gemäß noch Kinder geboren, und dem Ismaël und dessen Nachkommen habe er Arabien, den Söhnen der Chetura Troglodytis, dem Isak aber Chananaea hinterlassen. »Und wenn ihr nicht«, fuhr Gott fort, »gottlosen und undankbaren Gemütes seid, so müsst ihr euch erinnern, was für Kriegstaten er unter meinem Schutze verrichtet hat. Jakob ist wegen des großen Glückes, in dem er selbst gelebt und das er seinen Kindern und Enkeln hinterlassen, bei den auswärtigen Völkerschaften zu großer Berühmtheit gelangt. Mit siebzig Angehörigen im Ganzen kam er nach Ägypten, und ihr seid schon auf mehr als sechshunderttausend angewachsen. Jetzt aber, das merke dir, bin ich für euer Wohlergehen und deinen Ruhm besorgt. Denn jener Knabe, dessen Geburt die Ägypter so fürchten, dass sie die israelitischen Kinder alle töten wollen, wird dir geboren werden. Er wird denen verborgen bleiben, die ihm nachstellen, auf wunderbare Weise wird er erzogen werden und das Volk der Hebräer aus ägyptischer Knechtschaft befreien. Und sein Andenken wird in alle Zeiten fortdauern nicht nur bei den Hebräern, sondern auch bei den Fremden. Diese Gnade will ich dir und deinen Nachkommen erweisen. Auch wird er einen Bruder haben, der den Ruhm genießen wird, mit seinen Nachkommen mein Priestertum zu versehen bis in ewige Zeiten.«

4. Nachdem ihm dies im Traume kund geworden, erwachte Amaram und erzählte den Vorfall seiner Gattin Joachebed. Doch fürchteten sie sich sehr wegen dessen, was ihnen im Traum war verkündigt worden. Denn sie waren nicht nur wegen des Knaben besorgt, sondern auch wegen der Größe des ihm bevorstehenden Glückes. Einen Beweis für die Wahrheit der Prophezeiung bot aber schon die Niederkunft der Frau; denn diese erfolgte leicht und ohne heftige Geburtswehen und blieb auch den Spähern verborgen. Drei Monate lang zogen sie den Knaben heimlich zu Hause auf. Dann aber fürchtete Amaram doch, die Sache könne entdeckt werden und der König in seinem Zorne ihn mitsamt seinem Söhnchen umbringen lassen, und es möchte so die Verheißung Gottes zunichte werden. Deshalb entschloss er sich, lieber das Heil des Knaben dem Willen Gottes anheim zu geben, als ihn noch länger im Versteck zu behalten. Denn so drohe nicht nur dem heimlich auferzogenen Knaben, sondern auch ihm selbst die größte Gefahr. Gott dagegen habe es in der Hand, für dessen Sicherheit zu sorgen und so seine Verheißung zu verwirklichen. Als sie dieses beschlossen, verfertigten sie ein Körbchen aus Papyrusbast, einer Wiege ähnlich und so groß, dass es den Knaben bequem aufnehmen konnte. Dann dichteten sie dasselbe gehörig mit Harz (denn dieses lässt Wasser nicht eindringen), legten den Knaben hinein, setzten ihn im Flusse aus und befahlen ihn der Obhut Gottes. Das Körbchen schwamm leicht auf dem Wasser, und Mariamme, die Schwester des Knaben, ging auf Geheiß der Mutter am Ufer entlang, um zu beobachten, wohin das Körbchen getrieben würde. Und jetzt bewies Gott, dass menschliche Klugheit nichts vermag, sondern dass er alles nach seinem Willen zum Besten wenden kann, und dass diejenigen, die zu ihrer Sicherheit anderen Verderben bereiten wollen, auch bei größter Beharrlichkeit nicht zum Ziele gelangen, dass hingegen diejenigen, die nach Gottes geheimem Ratschluss verloren zu sein scheinen, wider Erwarten gerettet und mitten aus der Drangsal zum Glücke geleitet werden können. So wird auch aus dem Schicksal dieses Knaben Gottes Allmacht kund und offenbar.

5. Der König hatte eine Tochter mit Namen Thermuthis. Als diese am Ufer des Flusses lustwandelte, sah sie ein Körbchen auf dem Wasser schwimmen und befahl einem Schwimmkundigen, ihr dasselbe zu holen. Als dieser den Befehl vollzogen, und sie den Knaben in dem Körbchen erblickte, freute sie sich sehr ob seiner Größe und Schönheit. Denn mit so großer Huld beschirmte Gott den Moyses, dass er sogar von denen ernährt und erzogen werden musste, die aus Furcht vor seiner Geburt den grausamen Befehl erlassen hatten, alle hebräischen Knaben zu töten. Darauf ließ Thermuthis ein Weib herbeiholen, die den Knaben säugen sollte. Als aber das Kind weder von dieser noch von anderen Ammen, die man eine nach der anderen herbeigeholt, Nahrung annehmen wollte, da erschien Mariamme, die scheinbar unabsichtlich herzugekommen war, um zu sehen, was es gebe, und sagte: »Es nützt nichts, o Königstochter, dass du diesem Knaben Ammen gibst, die nicht eines Stammes mit ihm sind. Willst du aber eine hebräische Amme holen lassen, so würde er wohl von dieser, als einer Stammesgenossin, sogleich die Brust nehmen.« Da dies der Königstochter einleuchtete, hieß sie Mariamme selbst gehen und eine Amme herbeiholen.

Diese führte den Auftrag aus und kam mit ihrer eigenen Mutter zurück, die sonst niemand von Angesicht bekannt war. Und weil der Knabe von ihr willig die Brust nahm und sich innig an sie schmiegte, so bat die Königstochter sie, denselben aufzuziehen und zu ernähren.

6. Darauf gab sie ihm, weil er im Flusse ausgesetzt worden war, hiervon den Namen, denn die Ägypter nennen Wasser »Mo«, »yses« aber diejenigen, die man dem Wasser entreißt. Aus diesen beiden Worten ist der Name Moyses zusammengesetzt. Moyses aber übertraf zweifellos an Seelengröße und Fähigkeit zur Ertragung von Beschwerden alle anderen Hebräer, wie Gott verheißen hatte. Von Abram an war er der siebente, denn er war ein Sohn des Amaram, des Sohnes des Kaath, dessen Vater Levis ein Sohn Jakobs war, der von Isak stammte. Isak aber war ein Sohn Abrams. Das Alter des Knaben aber blieb hinter seinem Verstande und seiner Klugheit zurück, denn er war an Weisheit und Ausbildung des Geistes so entwickelt, dass er einem vorgerückteren Alter Ehre gemacht hätte. Und was er in der Jugend tat, ließ die Hoffnung berechtigt erscheinen, er werde später noch Größeres vollbringen. Als er drei Jahre alt war, verlieh Gott ihm einen hohen, schlanken Wuchs und eine so große Schönheit, dass niemand, wenn er auch noch so unempfänglich für äußere Vorzüge war, ihn anschauen konnte, ohne von seiner Gestalt entzückt zu sein. Und oft geschah es, dass jemand, der ihm begegnete, seine Geschäfte vergaß und, in bewunderndem Anschauen versunken, stehen blieb. Denn seine kindliche Anmut, verbunden mit der Einfachheit seines Wesens, fesselte die Zuschauer so, dass sie sich kaum von ihm trennen konnten.

7. Da er nun von so herrlicher Gestalt und hoher Begabung war, nahm Thermuthis, weil sie ohne rechtmäßige Nachkommen war, ihn an Kindes statt an. Und als sie ihn einst zu ihrem Vater brachte, sprach sie den Wunsch aus, ihn zu ihrem Erben einzusetzen, falls Gott ihr keinen anderen Sohn schenken würde, und fügte hinzu: »Diesen Knaben mit seiner göttlichen Gestalt und seinem edlen Gemüte habe ich auferzogen, und da ich ihn auf wunderbare Weise aus dem gütigen Flusse erhalten habe, so habe ich beschlossen, ihn zu meinem Sohne und zum Nachfolger in deiner Herrscherwürde zu machen.« Mit diesen Worten legte sie den Knaben in die Arme ihres Vaters. Dieser nahm ihn, drückte ihn an seine Brust und setzte ihm, um seiner Tochter gefällig zu sein, aus Scherz seine Königskrone auf. Moyses aber warf sie zur Erde, rollte sie kindisch umher und trat sie mit Füßen. Das schien böse Vorbedeutung für die Königswürde zu sein. Jener Schriftkundige aber, der aus seiner Geburt den Untergang der ägyptischen Herrschaft geweissagt hatte, hatte kaum den Vorgang bemerkt, als er herzueilte, um den Knaben zu töten, indem er voll Schrecken ausrief: »Das ist der Knabe, o König durch dessen Tötung wir unsere Sicherheit nach Gottes Verkündigung erlangen werden. Denn ein Zeichen für die Wahrheit der Prophezeiung ist es, dass er deine Königswürde verspottet und deine Krone mit Füßen tritt. Lass ihn daher töten und befreie so die Ägypter von der Furcht vor ihm, den Hebräern aber nimm die Hoffnung, die sie auf ihn setzen.« Thermuthis aber kam ihm zuvor und verbarg den Knaben, und auch der König zögerte, ihn umzubringen, weil Gott, der um das Leben des Moyses Sorge trug, ihm dies eingegeben hatte. Moyses wurde auf das sorgfältigste erzogen, und die Hebräer setzten alle ihre Hoffnung auf ihn; den Ägyptern dagegen war seine Erziehung nicht nach dem Sinn. Da aber der König ihm durch Adoption verwandt war und deshalb vor seiner Tötung zurückscheute und auch sonst sich niemand fand, der den Ägyptern zu Gefallen infolge jener Weissagung sich dazu hergegeben hätte, so unterblieb dieselbe.

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