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Vorwort

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Was können wir wissen? Was sollen wir glauben? Und worauf dürfen wir uns in dieser verwirrenden Welt eigentlich verlassen? Auf einer Reise durch die Wissenschaft stoßen wir auf wichtige Ideen, die uns helfen, uns weniger zu täuschen.

Was die Wissenschaft sagt, das stimmt – und unser Bauchgefühl liegt oft daneben. Zumindest sagt uns das unser Bauchgefühl, wenn wir uns ein bisschen mit Wissenschaft beschäftigt haben. Aber können wir unserem Bauchgefühl vertrauen, wenn es uns sagt, dass ihm ja gar nicht zu trauen ist?

Wir wissen mehr über unsere Welt als je zuvor. Und gleichzeitig wird mehr Unsinn über unsere Welt verbreitet als je zuvor. Wir haben die kleinsten Teilchen erforscht, aus denen die Materie besteht, und die größten Strukturen, die es in den Weiten des Universums gibt. Wir haben Menschen auf den Mond geschickt und Krankheiten geheilt, die früher den sicheren Tod bedeutet hätten. Die Wissenschaft hat sich auf glänzende Weise bewährt. Und trotzdem ist die Menschheit von einer merkwürdigen Wissenschaftsfeindlichkeit durchdrungen, die sich immer weiter auszubreiten scheint.

Es gibt Menschen, die trotz aller Beweise die Erde für eine Scheibe halten. Es gibt Menschen, die nicht an die Klimaerwärmung glauben. Es gibt Menschen, die Viren für eine Erfindung der Pharmaindustrie halten, die wichtige Gesundheitsvorschriften mit Unterdrückung verwechseln und Impfungen als gefährliche Bedrohung betrachten.

Es gibt Politiker, die einfach „Fake News!“ schreien, wenn ihnen ein Argument nicht passt – ganz unabhängig davon, ob es faktisch richtig ist oder nicht. Es gibt Geschäftemacher, die ohne jeden Skrupel wirkungslosen Unsinn verkaufen, solange man damit Geld machen kann – vom Chakren-Balance-Kristall bis zum magischen Zahlenamulett gegen Coronaviren. Es gibt Verschwörungstheoretiker, die anderen Leuten Angst einreden, vor mörderischen Außerirdischen, bösartigen Geheimbünden oder gefährlichen Killerstrahlen.

Wir sind jeden Tag von so viel Information umgeben, dass es schwierig geworden ist, echtes Wissen von unsinnigen Behauptungen zu unterscheiden. Gleichzeitig ist diese Unterscheidung aber wichtiger als je zuvor. In unsicheren Zeiten spüren wir das ganz besonders. Dieses Buch wurde 2020 fertiggestellt, während sich das Coronavirus SARS-CoV-2 gerade über den ganzen Planeten ausbreitete, in einer Zeit, in der vielen von uns die Bedeutung der Wissenschaft deutlicher bewusst wurde als je zuvor.

Vorher ist es in den Hauptmeldungen der Abendnachrichten immer um Politik gegangen, nun geht es plötzlich um Virologie und Epidemiologie. Vorher hat man sich über die Ungerechtigkeit der geplanten Steuerreform geärgert, über Wahlergebnisse oder Fußballniederlagen, nun ärgert man sich plötzlich über Ansteckungswahrscheinlichkeiten, Tröpfcheninfektion und Exponentialfunktionen.

Doch nicht nur die Wissenschaft erlebt in solchen Zeiten einen Aufschwung. Auch Esoterik, Pseudowissenschaft und Hasspropaganda verbreiten sich in einem gesellschaftlichen Klima von Angst, Zweifel und Unsicherheit schneller als sonst: Das neue Coronavirus ist in Wirklichkeit eine Biowaffe, erklären die einen. Viren gibt es gar nicht, und die Krankheit COVID-19 wird in Wirklichkeit von gefährlichen Handystrahlen ausgelöst, behaupten die anderen. Und wieder andere erklären uns, dass sich dunkle Welteliten zusammengeschlossen haben, um mit COVID-19 die Weltbevölkerung zu dezimieren.

In dieser komplizierten Welt haben wir große, schwierige Fragen zu beantworten: Worauf können wir uns eigentlich verlassen? Was können wir wissen? Und was sollen wir glauben?

Niemand von uns ist im Besitz der perfekten Wahrheit. Das macht aber nichts – denn wir haben die Wissenschaft, und die ist eine Sammlung kluger Methoden, Theorien und Ideen, die uns helfen, Probleme zu lösen. Wissenschaft ist größer als irgendetwas, was ein einzelner Mensch im Kopf haben kann. Wissenschaft ist das, was stimmt, auch wenn man nicht daran glaubt. Wissenschaft ist das, worauf wir uns gemeinsam verlassen können.

Davon möchte ich Sie in diesem Buch überzeugen. Als Physiker habe ich natürlich eine von der Physik beeinflusste Sicht auf die Wissenschaft – auch wenn ich den Blick auch auf viele andere Wissenschaftsdisziplinen richte. Selbstverständlich kann kein Buch ein vollständiges Bild der Wissenschaft bieten. Es wäre verrückt, diesen Anspruch zu erheben. Am Ende des Buches ist hoffentlich auch klar, warum ich es gar nicht für zielführend halte, die Wissenschaft auf präzise und allgemeingültige Weise zu definieren. Wir werden uns stattdessen auf eine Abenteuerreise begeben, quer durch die Welt des klaren Denkens

Wir werden dabei geniale Ideen kennenlernen, und atemberaubende Irrtümer. Wir werden über großartige wissenschaftliche Revolutionen sprechen, und über haarsträubende Fehler. Es wird um Triumphe gehen und um Verzweiflung, um die Entdeckung ferner Planeten und um geflügelte Einhörner, um hellblaue Raben und tödliche Heilmittel. Machen wir also eine Reise durch die Welt der Wissenschaft, um herauszufinden, worauf wir uns wirklich verlassen können.

FLORIAN AIGNER

Die Schwerkraft ist kein Bauchgefühl

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