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III. Frei zugängliche Internet-Quellen

Das Internet bietet die Möglichkeit, mit Hilfe seiner Suchmaschinen (z.B. Google, Bing) in kurzer Zeit einen Überblick zu bestimmten Fragen – und damit auch zu rechtlichen Fragestellungen – zu erlangen und eine Vielzahl an Informationen zu sammeln. Durch eine Stichwortsuche in Suchmaschinen lassen sich aktuelle Informationen im wahrsten Sinne „per Mausklick“ gewinnen.[93] Gerade auch in Bezug auf ausländische Rechtsquellen bietet das Internet unbestreitbare Vorteile der schnellen und einfachen Beschaffung.[94] Dasselbe gilt bei sehr alten Quellen, an denen das Urheberrecht bereits erloschen ist. Diese sind oftmals im Internet frei verfügbar.

1. Eine Warnung vorweg

Dennoch ist von einer ausgiebigen Recherche im „freien Internet“ und einer Bezugnahme auf Internet-Quellen bei der Erstellung juristisch-wissenschaftlicher Arbeiten – mit einigen wenigen Ausnahmen – grundsätzlich abzuraten. Dies gilt insbesondere, wenn der Urheber der Internet-Quellen – was häufig der Fall ist – nicht erkennbar ist. Überdies ist die Beständigkeit der Quellen – und damit ihre Nachprüfbarkeit – häufig nicht gewährleistet. Zudem findet meist keine Qualitätskontrolle |29|statt.[95] Zudem haben selbst „seriöse“ Online-Datenbanken einen weiteren Nachteil gegenüber Bibliotheken. Recherchiert man nicht mit den richtigen Stichworten oder Suchbegriff-Kombinationen, bleiben die Informationen – auch wenn sie vorhanden sind – verborgen.[96] Beim „Stöbern“ in der Bibliothek hingegen, wo die Literatur in aller Regel systematisch nach Themengebieten sortiert ist, besteht jedenfalls eine hohe Wahrscheinlichkeit von „Zufallsfunden“.[97]

Letztlich gilt trotz der wachsenden Bedeutung der Online-Recherche: Auch professionelle und seriöse Datenbanken sind keineswegs derart erschöpfend, dass sie einen Verzicht auf eine „reale“ Bibliothek bereits vollständig ermöglichen können.

2. Zuverlässige Online-Informationsquellen

Zur Kategorie der ohne Bedenken als zuverlässig einzuordnenden Informationsquellen im Internet zählen neben Webseiten von Universitäten auch die Entscheidungsregister und -datenbanken der Gerichts-Webseiten und die Gesetzestext-Sammlungen staatlicher Stellen im Internet.

a) Gesetzestext-Sammlungen

Um deutsche Bundesgesetze und -verordnungen im Internet nachzuschlagen, empfiehlt sich die Seite www.gesetze-im-internet.de. Sie wird vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz unterhalten und ist daher zuverlässig und vertrauenswürdig. Dies gilt auch für die ebenfalls vom Bundesjustizministerium bzw. des Bundesinnenministeriums bereitgestellten „Schwester-Seiten“ zu Rechtsprechung[98] und Verwaltungsvorschriften[99] im Internet. Erstere enthält Entscheidungen sämtlicher Bundesgerichte sowie des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, letztere enthält Verwaltungsvorschriften des Auswärtigen Amtes, des Bundeskanzleramtes sowie der Bundesministerien.

Der Bundesanzeiger Verlag bietet mittlerweile ebenfalls einen kostenlosen Bürgerzugang zum digitalen Bundesgesetzblatt[100].

Eine ebenfalls komfortable Möglichkeit des Nachschlagens von Gesetzestexten ist die nicht von offizieller Seite aus betriebene Webseite https://dejure.org/. Mit den für derartige nicht-offizielle Webseiten geltenden Einschränkungen erscheinen die dort vorhandenen Informationen durchaus hilfreich. Neben aktuellen Gesetzestexten |30|werden z.B. auch ergangene Entscheidungen zu den jeweiligen Vorschriften angezeigt. Zudem gibt es die Möglichkeit, sich vorherige Gesetzesfassungen anzeigen zu lassen.[101]

Für die Auslegung von Gesetzen, insbesondere die historische und teleologische Auslegung, sind auch die Entwürfe, Änderungen oder Plenarprotokolle bedeutsam, da sie Aufschluss geben über die Motivation des Gesetzgebers. Sämtliche Drucksachen und Protokolle finden sich im gemeinsamen Informationssystem DIP (Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge)[102] von Bundestag und Bundesrat.

Zu den Gesetzen der Länder gelangt man in der Regel über die Web-Auftritte der Länder, die auf die jeweiligen Seiten oder Informationssysteme verlinken. Für das Land Niedersachsen ist dies etwa das Niedersächsische Vorschrifteninformationssystem (NI-VORIS)[103], welches in Zusammenarbeit mit Juris das Landesrecht online zur Verfügung stellt. Auf dem Portal des Landes Niedersachsen[104] finden sich zudem Verlinkungen zum Landesrecht aller Bundesländer, sowie zum Bundesrecht und dem Recht der EU.

Auch für andere Jurisdiktionen existieren derartige Webseiten. Für die Online-Recherche Schweizerischer Gesetze empfiehlt sich insoweit die offizielle Homepage des Schweizer Bundesrates und der Schweizer Regierung.[105] Hier können nationale Bundesgesetze wie auch internationale Rechtsnormen recherchiert werden. Für österreichische Gesetze sollte auf das Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes[106] zurückgegriffen werden. Hier finden sich neben Bundesgesetzen auch Landesgesetze.

Zum europäischen Recht findet sich alles auf den EUR-lex-Seiten[107], sämtliche Dokumente der Primär- und Sekundärgesetzgebung (EUV, AEUV, Verordnungen, Richtlinien, Entwürfe etc.) sowie auch Rechtsprechung der europäischen Gerichte.

b) Entscheidungssammlungen und Gerichts-Webseiten

Zu den zuverlässigen und vertrauenswürdigen Webseiten mit Datenbanken zur Rechtsprechung gehören zunächst die offiziellen Internetpräsenzen der Gerichte, insbesondere der Bundesgerichte, die dort auch ihre (wichtigsten) Entscheidungen zum Download anbieten. Zu diesen Seiten zählen vor allem die Internet-Präsenz des |31|Bundesverfassungsgerichts[108], des Bundesgerichtshofs[109], des Bundesverwaltungsgerichts[110], des Bundessozialgerichts[111], des Bundesarbeitsgerichts[112] und des Bundesfinanzhofs[113].

Zudem ist auch die Rechtsprechung der Landesgerichte häufig auf eigenen Webseiten abrufbar. So bietet z.B. das Land Niedersachsen eine Rechtsprechungsdatenbank[114] mit den wichtigsten Entscheidungen von Amtsgerichten bis hin zu Oberlandesgerichten sowie auch der Verwaltungsgerichte oder anderer Fachgerichtsbarkeiten an. Regelmäßig findet sich auch auf den Webseiten der jeweiligen Gerichte eine eigene Entscheidungsdatenbank oder ein Link zu einer übergeordneten Sammeldatenbank.

Entscheidungen des EuGH – inklusive der jeweiligen Schlussanträge des Generalanwalts – sind ebenfalls auf der eigenen Webseite des Gerichts[115] sowie über die Datenbank EUR-Lex[116] abrufbar. Schließlich verfügen auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)[117] und der Internationale Gerichtshof (IGH)[118] über eigene Datenbanken.

Für Entscheidungen zum schweizerischen und österreichischen Recht sind schließlich noch die Webseiten des Schweizer Bundesgerichts[119] sowie des Österreichischen OGH[120] zu nennen.

c) Institutionelle und akademische Entscheidungssammlungen

Für einzelne Rechtsgebiete existieren zudem Entscheidungssammlungen, die von Universitäten, Instituten oder einzelnen Lehrstühlen betrieben werden. Ein Beispiel sind die Entscheidungs-Datenbanken zum sogenannten UN-Kaufrecht. Diese Datenbanken enthalten Sammlungen von Entscheidungen zum UN-Kaufrecht in zahlreichen verschiedenen Jurisdiktionen. Wenngleich keine dieser Datenbanken einen Anspruch auf Vollständigkeit oder Lückenlosigkeit erhebt, handelt es sich um wertvolle und zuverlässige Quellen für die Recherche nach Rechtsprechung zum internationalen Einheitskaufrecht. Zu nennen sind insoweit in erster Linie die Datenbank CISG-online[121], die Datenbank der UNCITRAL[122] und die Datenbank des Institute of International Commercial Law[123].

|32|3. Problematische Online-Informationsquellen

a) Wikipedia-Recherche

Die bekannteste und meistgenutzte Online-Enzyklopädie ist die Wikipedia-Seite[124] der Wikimedia Foundation. Es handelt sich um ein von den Nutzern für die Nutzer verfasstes Online-Lexikon, das zudem in verschiedenen Sprachfassungen verfügbar ist.

Für juristisch-wissenschaftliche Arbeiten, insbesondere Themenarbeiten, ist nicht grundsätzlich davon abzuraten, sich einen ersten Überblick unter Nutzung der auf Wikipedia angebotenen Informationen zu verschaffen. Zum Teil sind die dort einsehbaren Texte sogar mit Quellen belegt. Gegebenenfalls ist dann eine weiterführende Recherche möglich. Dennoch ist vor einer unbedarften Bezugnahme auf Wikipedia-Inhalte zu warnen. Die Erläuterungen des Online-Lexikons erfüllen nicht die Anforderungen, die an wissenschaftliche Quellen gestellt werden. Sie weisen weder eine einfach erkennbare Bezugnahme auf den Verfasser des jeweiligen Textes auf, noch erfolgt eine fundiert-qualifizierte Inhaltskontrolle. Jeder Nutzer hat die Möglichkeit, eigene Artikel – anonym oder unter einem beliebigen Pseudonym – zu verfassen oder den Text bereits bestehender Artikel zu ändern.[125] Somit gibt es keine Garantie der Beständigkeit – und damit der erneuten Aufrufbarkeit und Inhaltskontrolle – der Texte. Wikipedia-Artikel sollten daher nicht zitiert werden.

b) Suchmaschinen und Google-Books

Auch für die Ergebnisse einer allgemeinen Stichwortsuche über Internet-Suchmaschinen sind die unter Ziffer 1 und 3. a) genannten Zweifel angezeigt. Für Texte im Internet besteht grundsätzlich keine Garantie der Qualität des Inhalts. Die Autoren sind häufig nicht erkennbar. Auch fehlt es regelmäßig an der Beständigkeit und damit an der Möglichkeit eines späteren nochmaligen Aufrufs. Auch insoweit muss bei der juristischen Recherche Vorsicht angezeigt sein.

Eine Ausnahme von dieser Zweifelsregel kann für die Suchmaschinenoption Google Books[126] gemacht werden. Folgt man den Links der Suchergebnisse, gelangt man in der Regel auf Scan-Dateien der Originalquellen. Wenngleich diese immer noch nur lückenhaft, meistens auszugsweise als Leseprobe, zur Verfügung gestellt werden, steht der Bezugnahme auf die Originalquelle in juristisch-wissenschaftlichen Arbeiten nichts im Wege. Die Zitierung folgt dann allerdings auch den Regeln für gedruckte Primärquellen.[127]

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