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e) Prüfung der einzelnen Anspruchsgrundlagen (Drei-Stufen-Regel)

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Bei der Drei-Stufen-Regel, auch „Juristischer Dreiklang“[151] genannt, handelt es sich um das folgende Prüfungsschema, welches innerhalb einer jeden einzelnen Anspruchsgrundlage zumindest gedanklich immer zu prüfen ist.

Drei-Stufen-Regel:

1 Ist der Anspruch entstanden?

2 Ist der Anspruch wieder erloschen?

3 Ist der Anspruch (noch) durchsetzbar?

Zunächst ist nach der Entstehung des Anspruchs zu fragen. Ist ein Anspruch erst gar nicht entstanden, erübrigt sich eine weitere Prüfung. Die Prüfungsstufe der „Entstehung“ umfasst alle Tatbestandsmerkmale der jeweiligen Anspruchsgrundlage. Beim Anspruch auf Kaufpreiszahlung nach § 433 Abs. 2 BGB ist darum das Bestehen eines Kaufvertrages zu prüfen. Einzelne Stufen dieser Prüfung umfassen das Angebot und die Annahme sowie die Frage der Wirksamkeit des Vertragsschlusses unter dem Blickwinkel sogenannter rechtshindernder Einwendungen. Eine rechtshindernde Einwendung ist z.B. bei Minderjährigkeit eines Vertragsschließenden gegeben (§§ 104ff. BGB). Auch bei rückwirkenden Einwendungen, so z.B. bei der Anfechtung nach §§ 119ff. BGB handelt es sich – aufgrund der ex tunc-Wirkung (vgl. § 142 Abs. 2 BGB) – wohl um rechtshindernde Einwendungen.

Ist der Anspruch entstanden, ist die Prüfung noch nicht zu Ende. Ein Anspruch kann auch wieder erlöschen. Dies ist dann der Fall, wenn eine sogenannte rechtsvernichtende Einwendung besteht. Die in der Praxis häufigste Einwendung dieser Art ist die Erfüllung (§ 362 BGB). Daneben kommen aber auch die Aufrechnung (§§ 387ff. BGB), die Unmöglichkeit (§ 275 BGB), ein Widerruf (vgl. §§ 355ff. BGB) oder Rücktritt (§ 346 BGB) sowie eine Vereinbarung der Parteien über einen Erlass (§ 397 BGB) in Betracht. Bei Abtretung (§§ 398ff. BGB) oder einer Schuldübernahme (§§ 414ff. BGB) verändert sich die persönliche Zuordnung des Anspruchs ebenfalls jeweils so |45|gravierend, dass von einer rechtsvernichtenden Einwendung gesprochen werden kann.

Doch auch, wenn ein Anspruch entstanden und nicht erloschen ist, kann dieser nicht durchsetzbar sein. Das klassische Beispiel hierfür ist die Einrede der Verjährung (§§ 194ff. BGB). Aber auch Leistungsverweigerungsrechte nach §§ 320 und 273 BGB hemmen die Durchsetzbarkeit zumindest vorübergehend. Für das Verständnis wichtig ist es, sich vor Augen zu führen, dass diese Einreden – im Gegensatz zu den rechtsvernichtenden Einwendungen – den Bestand des Anspruchs an sich nicht beeinträchtigen. Dieser besteht weiterhin. Der Anspruchsinhaber kann seine Forderung nur nicht mehr durchsetzen. Daher nennt man diese Einwendungen rechtshemmend.

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