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Martin Haberkorn, Frühsommer 1939

Wenn er Zeit hatte ging er an den Fluss herunter, bestieg sein Kanu und paddelte zunächst flussabwärts um sich zu erwärmen und dann wieder flussaufwärts. Anfangs war er nicht über mehr als zwei Kilometer hinausgekommen, nach und nach steigerte er aber die Strecke und binnen Jahresfrist schaffte er fünf Kilometer, ohne sich verausgaben zu müssen. Seine Muskeln legten spürbar zu und zeichneten sich unter den knappen Hemden die er trug deutlich ab. Mit fast einem Meter neunzig überragte er alle in der Klasse, sein mächtiger Körper verschaffte ihm bloßen körperlichen Respekt, aber auch seine intellektuellen Fähigkeiten waren beachtlich. Seine Stärke lag darin, theoretische Erkenntnisse praktisch zu verstehen, wenn andere darüber grübelten, was sie mit Druckverhältnissen anfangen sollten konnte er klar erkennen, dass dies zum Beispiel in einem U-Boot überlebenswichtig wäre. Ohnehin hatte er einen Hang zur See und er träumte davon, an der Seefahrthochschule zu studieren, um eines Tages ein Schiff als Kapitän zu führen. Zur Musterung äußerte er den Wunsch, zur Marine kommandiert zu werden, man ließ ihn im Unklaren und als die Einberufung zur Marineschule kam war er glücklich. Er sprach mit seinen Freunden Weber und Beyer und sie vereinbarten am Sonnabend auf der Insel ein Feuer anzuzünden und etwas zu trinken. Ihre Eltern sahen das nicht ungern, die drei waren gute Freunde, ihre Noten in Ordnung und sie zählten nicht zu den Jungs, die fortlaufend Scheiben mit Bällen einschossen oder ähnlichen Unfug trieben.

Sie trafen sich am späten Nachmittag am Flussufer, Beyer hatte eine Flasche Schnaps im Gepäck, sein Geheimnis woher, Weber brachte Brot und Wurst mit und Haberkorn selbst hatte von seinem Vater drei Flaschen Bier bekommen. Die Furt war nicht tief, sie zogen ihre Sachen aus und transportieren die Sachen über den Kopf haltend auf die Insel, hier hatten sie schon oft abends gesessen. Holz war schnell zusammen gesammelt, bald brannte das Feuer mit einer kräftigen Flamme und sie ließen sich im Kreis nieder. Jeder trank aus seiner Bierflasche und wortlos sahen sie in die knackenden Holzscheite, Beyer ließ den Schnaps kreisen.

„Ich habe heute meine Einberufung erhalten, es geht an die Marineschule, ich freue mich riesig“ fing er an.

„Die werden dir die Freude dort schon austreiben, da bin ich mir ganz sicher“ erwiderte Weber, „glaubst du, du kannst sofort als schicker Matrose auf dem Deck eines Schlachtschiffes stehen oder von Turm eines U-Bootes den Mädchen an Land zuwinken?“

„Natürlich weiß ich das“ sagte er etwas verärgert, „die Grundausbildung werde ich schon überstehen, schließlich bin ich gut in Form, danach wird es weitergehen.“

Fred Beyer blickte ihn nachdenklich an.

„Martin, meine großen Brüder waren schon bei der Wehrmacht, wenn die erzählen wird mir bange, Drill und Schikanen ohne Ende.“

„Aber die haben es auch überstanden“ sagte Haberkorn.

„Nun macht euch mal nicht verrückt“ schaltete sich Weber ein, „der Krieg ist nur noch eine Frage der Zeit, besser wir werden jetzt ausgebildet, egal wie schlimm es auch werden wird. Das Reich ist mächtig, die Polen und Franzosen werden immer frecher und die Briten lavieren herum. Wenn es los geht bin ich bei der SS, und ich werde mich gut darauf vorbereiten.“

„Männer“ sagte Beyer, „noch vier Wochen Schule, dann einen Monat frei, was wollen wir tun? Die Zeit zu vergammeln ist mir zu schade. Wollen wir in den Bergen wandern gehen?“

„Nicht meine Sache“ gab Haberkorn leicht angetrunken zurück, der Schnaps wärmte ihn wohlig, „wir könnten mit zwei Kanus die Elbe hinabfahren, ich in einem mit dem Gepäck, ihr in dem anderen. Zurück geht es mit der Eisenbahn, die Kanus kommen in den Gepäckwagon, ich habe mich schon erkundigt. Was haltet ihr davon?“

„Klingt nicht schlecht“ antwortete Beyer, Weber nickte und sagte:

„Wir sehen etwas, halten uns fit und sind jeden Tag an einem anderen Ort. Vielleicht treffen wir auch ein paar Mädchen. Wir drei Musketiere sind doch nicht von Pappe.“

Sie grinsten sich an, der Alkohol kreiste in ihren Adern, das Leben war schön.

Drei Musketiere - Eine verlorene Jugend im Krieg, Sammelband 1

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