Читать книгу Drei Musketiere - Eine verlorene Jugend im Krieg, Sammelband 1 - Frank Hille - Страница 15

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Elbreise, 1939

Weber hatte einen schlechten Geschmack im Mund und mächtigen Durst, schlaftrunken griff er nach der Apfelsaftflasche und nahm gierig einen großen Schluck. Hoffentlich habe ich keinen Mist gebaut dachte er sich, die Erinnerung an den Abend endete, als Beyer zum Tresen ging. Er kroch aus dem Zelt und ging zum Fluss, mit den Händen schöpfte er sich das trübe Wasser über den Kopf, es half nicht viel gegen den Kopfschmerz. Die beiden anderen schliefen noch und er setzte sich an das Flussufer.

Die sanfte Landschaft und der langsam dahingleitende Strom vermittelten ein Bild von Frieden und Ruhe, dabei wusste Günther Weber genau, dass sich die Verhältnisse bald ändern würden. Es war für niemanden zu übersehen, dass ein Krieg bevorstand und er hatte keine Vorstellung, wie alles ausgehen würde. Dass Deutschlang gut gerüstet war stand für ihn vollkommen außer Zweifel. Das Reich verfügte über eine schlagkräftige Luftwaffe, die Panzertruppe wuchs ständig an und die Marine stellte immer mehr U-Boote und Kriegsschiffe in Dienst. Wie man es ihnen ständig einbläute war er auch davon überzeugt, dass die Armeen der anderen Länder es mit der Wehrmacht kaum aufnehmen konnten. Scheinbar war es so, dass die Deutschen einen deutlichen Vorsprung in der Technik und der Truppenführung hatten. Funk gehörte in jedem Panzer zur Ausstattung, damit konnten Handlungen gut koordiniert werden. Die Flugzeuge zählten zu den schnellsten der Welt und die Schlachtschiffe zu den Mächtigsten, die es momentan gab. Unüberhörbar hatte sich der Ton den Polen gegenüber immer mehr verschärft. Im September 1938 war das Sudetenland an das Deutsche Reich angeschlossen worden. Deutschland, Italien, Großbritannien und Frankreich hatten ohne Anwesenheit der Tschechoslowakei diese Entscheidung getroffen und obwohl seitens der Franzosen eine Bündnisverpflichtung gegenüber der Tschechoslowakei bestand waren die Franzosen nicht bereit, diese einzulösen. Für Günther Weber war das ein weiterer Beweis dafür, dass der Führer deutsche Interessen durchsetzen konnte und die anderen Staaten nur hilflos agierten um eine militärische Konfrontation zu vermeiden. Dass es diese so oder so geben würde stand für ihn fest, es war nur noch eine Frage der Zeit.

Genau wie Haberkorn und Beyer war er in der Hitlerjugend gewesen und er hatte dieser Mischung aus Abenteuer und dem Lernen zu schießen, zu fahren und im Feld zu leben viel abgewinnen können. Alles erschien ihm wie ein großes Spiel und das Leben in der Gemeinschaft der heranwachsenden Männer gefiel ihm gut. Kameradschaft war für Günther Weber kein leerer Begriff und besonders deswegen hatte er sich zur SS verpflichtet, dort sollte der Zusammenhalt und das gegenseitige aufeinander verlassen können besonders stark sein. Dass Martin Haberkorn seinen Wunsch in der Marine zu dienen erfüllen konnte freute ihn aufrichtig. Fred Beyer würde zur Wehrmacht eingezogen werden, wie es dort mit ihm weiterging würde sich zeigen.

Als Haberkorn und Weber nach einer Weile aus dem Zelt gekrochen kamen kochten sie sich mithilfe eines kleinen Spirituskochers Kaffee und aßen ein paar Schnitten mit Wurst. Sie bauten die Zelte danach zügig ab, verstauten ihr Gepäck in den Kanus und paddelten weiter flussabwärts. Es war nicht anstrengend, der Fluss unterstützte sie gut. Auf gut Glück gingen sie am späten Nachmittag wieder an Land, schlugen ihr Lager auf und sammelten für ein Feuer ein bisschen Holz.

„Ich liebe es, wenn ein Feuer brennt“ meinte Beyer „es ist irgendwie romantisch. Bier haben wir auch noch, uns geht es doch hervorragend. Wir sollten die kommenden Tage noch bewusst, genießen, bald wird sich vieles ändern.“

„Das klingt so, als hättest du Angst vor dem Dienst“ witzelte Haberkorn.

„Ein Boxer kann sich Angst nicht leisten. Nein, habe ich wirklich nicht. Aber wir werden uns sehr umstellen müssen. Drill und Disziplin werden bald unser Leben bestimmen. Kein Widerspruch, Befehle sind auszuführen.“

„Aber das ist doch richtig so“ warf Weber ein „ohne Disziplin kann doch eine Armee nicht funktionieren. Stell‘ dir vor, man würde ewig rumdiskutieren ob ein Befehl vernünftig ist. Das geht doch nicht. Ein Soldat hat zu gehorchen, andere treffen die Entscheidungen. Ich jedenfalls werde niemals einen Befehl in Frage stellen.“

„Und wenn er dir falsch oder sinnlos erscheint“ fragte Haberkorn.

„Auch dann werde ich ihn ausführen.“

„Na ja, dann bist du aber nur einer der ausführt, was andere für richtig halten“ meinte Beyer.

„Aber das wird für uns alle gelten“ erwiderte Weber „wenn du es anders willst musst du eben Offizier werden. Und im Krieg dürfte es dafür auch für uns durchaus Chancen geben.“

„Du sprichst so, als würde es morgen gleich losgehen“ sagte Beyer „aber es ist doch alles friedlich und der Führer will gar keinen Krieg.“

„Sei nicht so blauäugig“ antwortete Weber „es dauert nicht mehr lange. Die Polen werden immer frecher, da muss bald mal ein Machtwort gesprochen werden. Oder eben gehandelt.“

„Aber Frankreich“ meldete sich Haberkorn „denke an den ersten Krieg. Der ging verloren und dauerte Jahre. Das kann keiner noch einmal wollen.“

„Zerbrich dir nicht den Kopf des Führers“ feixte Weber „der wird schon wissen was richtig ist. Bisher ist alles klar gegangen. Und so wird es auch weitergehen.“

Die drei jungen Männer sahen nachdenklich auf das Feuer und tranken Bier.

Sie fuhren noch drei weitere Tage elbabwärts, dann buckelten sie ihre Kanus und das Gepäck zu einem Bahnhof und fuhren wieder nach Hause.

Sie hatten noch ein paar Tage für sich, dann würde es losgehen.



Drei Musketiere - Eine verlorene Jugend im Krieg, Sammelband 1

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