Читать книгу Mord im Hause des Herrn - Franziska Steinhauer - Страница 15

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An diesem Abend fand das Dorf keine Ruhe.

Jedermann schien auf den Beinen zu sein oder zu telefonieren. Keiner wollte nach dieser grausigen Entdeckung in der Kirche mit sich, seinen eigenen Gespenstern oder seinen Mutmaßungen alleine sein.

Auch am Stammtisch im Kro wurde heftig diskutiert. »In meiner Kirche – so ein Verbrechen in meiner Gemeinde!«, jammerte Pfarrer Landulf aufs Neue. »Ein Fremder sucht des Nachts Schutz und Zuspruch in meiner Kirche und wird dort ermordet! Was für eine ungeheuerliche Vorstellung!«

»Tragisch wäre das schon. Aber viel schlimmer finde ich, dass die Polizei offensichtlich der Meinung ist, dass der Täter aus dem Ort stammt«, warf Bjarne ein und verteilte eine neue Runde Kurze an seine Gäste. »Der Inspektor, der heute Morgen hier war, hat im Grunde nur danach gefragt, wer hier im Ort wusste, wie schwer dieses Glaskreuz war und ob es hier einen Rollstuhlfahrer gibt. Also vermuten sie eine Verbindung zum Ort.«

Protestgemurmel füllte den Raum und mischte sich mit den Rauch- und Alkoholschwaden zu einem unguten Gebräu.

»Also jetzt mal ehrlich – warum sollte wohl einer aus dem Dorf einen Fremden in der Kirche erschlagen? Das ist doch völlig blödsinnig«, stellte Knut Rasmusson fest, der mit seiner Familie einen kleinen Öko-Bauernhof am Rand des Ortes betrieb.

»Vielleicht war er ja gar nicht so fremd«, mischte sich der Elektriker ein und warf einen vorsichtigen Seitenblick auf den riesigen Knut, der bei Widerspruch schon mal leicht die Geduld verlieren konnte und die Situation dann handgreiflich klärte. »Zumindest wäre es doch eine unglaubliche Anhäufung von Zufällen, wenn mehrere Fremde nachts zufällig zur Kirche gegangen und dort zufällig auf einen Mann getroffen wären, gegen den sie zufällig einen gewaltigen Groll hegten und ihn anschließend flugs ermordeten.«

Das allgemeine Gemurmel flackerte erneut auf und steigerte sich zu einer Art Bärenbrummen.

»Wenn jetzt Sommer wäre – na gut. Dann könnte man ja an irgendwelche durchgeknallten Touristen denken, die ihre privaten Rechnungen bei uns in der Kirche begleichen. Wenn die Sommergäste einfallen und sich hier niederlassen wie Schwärme von Fliegen auf frischem Aas, dann könnte es ja vielleicht schon mal so ein unglückliches, zufälliges Zusammentreffen geben. Aber jetzt, mitten im Winter, kurz vor Weihnachten!«

Wilhelm Schneider wiegte nachdenklich seinen großen, nahezu quadratischen Kopf, der auf einem so dünnen Hals saß, dass man ständig fürchten musste, er könne abbrechen wie eine reife Frucht vom Stiel.

»Vielleicht haben die sich ja auch in der Kirche verabredet. Irgendwelche Geschäfte – vielleicht Drogendealer?«

Knut wollte augenscheinlich lieber niemanden aus dem Dorf in die schauerliche Angelegenheit verwickelt sehen.

»Ach, du meinst das internationale Drogenkartell hat sich die Weltkarte vorgenommen, und weil ihnen Holm sofort ins Auge stach, haben sie prompt beschlossen, ihre Geschäfte bei uns zu erledigen?«

Wilhelm Schneider senkte seine Stimme auf Drogenbossniveau, lehnte sich lasziv auf seinem Stuhl zurück, verschränkte die Arme und setzte eine Gangstermiene auf, die Robert de Niro auch nicht besser hingekriegt hätte.

»Fein, sagen sie, dieses Holm wird ja sicher auch eine Kirche haben. Dorthin locken wir unseren Lieblingsgegner und lassen ihn anschließend gepflegt dort ermorden, schließlich kommen für uns als Mitglieder der ehrenwerten Gesellschaft nur fromme Morde in Frage.«

Bjarne warf einen schnellen Seitenblick durch den wabernden Zigarettenqualm, um Schneiders Promillestand abzuchecken. Besser, er gab jetzt keine Kurzen mehr aus, beschloss er dann.

Und dann fiel in die der Theatereinlage folgende Ruhe plötzlich ein Satz wie ein Trompetenstoß vor Jericho:

»Vielleicht ist das ja ein göttliches Zeichen. Eine Strafe für die Sünder!«

Mord im Hause des Herrn

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