Читать книгу Mord im Hause des Herrn - Franziska Steinhauer - Страница 23

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»Kennt einer von euch diesen Mann hier? Vielleicht war er auf der Fähre nach Schweden rüber – am Donnerstag.«

Vier Köpfe beugten sich interessiert über das Foto, welches Bernt Örneberg ihnen hinhielt. Pfeifen- und Zigarrenrauch stieg in der Mitte auf, wie bei einem Kriegsrat.

»Wieso willst du das wissen? Und überhaupt – der Kerl sieht ziemlich merkwürdig aus. Ist dem was zugestoßen?«, wollte einer aus der Gruppe wissen.

Er schien der älteste der Runde zu sein und erfüllte äußerlich alle gängigen Klischees über Seebären. Vielleicht gefällt das ja den Touristen, dachte Bernt amüsiert, und versetzt sie von Anfang an schon in Ferienstimmung. Quatsch, die Saison war längst vorüber. Um diese Jahreszeit gab es fast nur noch Tagesausflügler aus der Umgebung und die üblichen Alkoholtouris von der schwedischen Seite, und denen war das Outfit des Seemanns völlig gleichgültig. Der Mann verkleidete sich also zum eigenen Vergnügen. Oder schrieb ihm die Reederei das vor – als Dienstkleidung sozusagen? Für seine Ermittlungen hatte es ja bestimmt sein Gutes, dass um diese Zeit nicht so viel Andrang auf den Fähren herrschte. Im Sommergewimmel würde sich mit Sicherheit keiner an den Mann auf dem Foto erinnern können und so bestand immerhin eine kleine Chance, dachte er.

»Ich bin Kommissar Bernt Örneberg von der Kripo in Göteborg. Der Mann auf dem Bild hier ist tot. Seine Leiche fand man in einer Kirche. Vor der Kirche stand sein Auto mit dänischem Kennzeichen.«

Er machte eine dramaturgische Pause.

»Der Mann war Rollstuhlfahrer.«

»Was für’n Auto war denn das? Umgerüstet? Aufkleber an der Heckscheibe?«, fragte der Bilderbuchseebär nach.

Irgendwie sieht der Typ mit seiner blauen Jacke, der Mütze und dem gestreiften T-Shirt lächerlich aus, dachte Bernt. Gut, dass er sich nicht so ausstaffieren musste: Trenchcoat, Hut, Sonnenbrille und Schirm.

Unauffällige Normalität war eher sein Stil.

Bis auf die Sonnenbrille vielleicht.

Er erstand in jedem Sommer ein neues extravagantes Modell.

»Es war ein Saab, Neuner, dunkelgrau, umgebaut mit Lenkradschaltung und anderen Extras. Auf der Heckscheibe hatte er einen blauen Aufkleber mit weißem Piktogramm für Rollstuhlfahrer«, erläuterte Bernt.

Wieder steckten sie ihre Köpfe zusammen. Er verstand nicht, worüber sie tuschelten. Hin und wieder warfen sie ihm einen kritischen Blick zu, bevor sie in andeutenden Gesten weiterflüsterten.

Endlich schienen sie zu einem Ergebnis gekommen zu sein.

»Der ist mit mir gefahren.«

Der picklige Typ neben dem Seebären hatte eine eigenartig piepsige Stimme. Nervös wischte er sich die feuchten Handflächen an den Oberschenkeln ab. Bernt hätte wetten können, dass die Hose an den Schenkeln schon ganz speckig war.

»Wann?«

»Ich glaube, das war schon in der Nacht zum Mittwoch.

Aber da bin ich mir nicht ganz so sicher. Der Wagen ist mir aufgefallen, weil der Typ nicht ausgestiegen ist. Die meisten steigen doch während der Fahrt aus und gucken aufs Meer oder vertreten sich die Beine oder rauchen eine.

Aber der ist ganz still sitzen geblieben. Da bin ich näher ran, man weiß ja nie, nachher ist ihm übel oder so. Na ja. Da habe ich die Lenkradschaltung gesehen. Ist ja eher selten.«

»Ist dir an dem Mann sonst noch irgendetwas aufgefallen? War er vielleicht mit anderen unterwegs?«

»Nee, der war allein. Der starrte die ganze Fahrt über nur vor sich hin. Aber auf der Rückbank lag so ’ne Fitnesszeitschrift, Hochglanzpapier und so Muskelmänner drauf. Hab noch gedacht: klar, logisch, genau, das würd ich auch lesen, wenn ich behindert wär und mich runterziehen wollte. Na, is doch wahr!«

Mord im Hause des Herrn

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