Читать книгу Mord im Hause des Herrn - Franziska Steinhauer - Страница 18

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Die drei Radfahrer am Horizont waren nun schon gut zu sehen.

Je näher sie kamen, desto deutlicher wurde auch ihre Wut sichtbar. Sie traten mit großer Kraft in die Pedale, und ihm schien, als flögen sie förmlich heran.

Vielleicht war es doch ein Fehler gewesen. Er hätte ja auch einfach so weitermachen können wie bisher. Wenn es nicht so ein traumhafter Sommer gewesen wäre – bei Dauerregen hätte es ihm bestimmt nicht so viel ausgemacht. Bei anderen Gelegenheiten hatte er auch schon mal Fehler eingearbeitet – und jedes Mal war er von ihnen dafür bestraft worden. Er argumentierte sonst immer mit der Glaubwürdigkeit. Wenn immer alle drei alle Aufgaben richtig hatten, wäre das viel zu auffällig und die Lehrer kämen ihnen mit Sicherheit bald auf die Schliche. Das sahen der Dicke, der Dünne und der Lange zwar jedes Mal ein, aber es änderte nichts daran, dass sie ihn für jeden einzelnen der eingeschleusten Fehler bestraften.

Ihm blieb ohnehin keine Wahl, er musste Fehler einbauen, schon um sich einen Rest Würde zu bewahren. Vielleicht auch ein bisschen Triumph, denn allein waren sie wegen ihrer Trägheit nicht in der Lage, die Fehler zu entdecken: Sie waren ihm ausgeliefert.

Die Prügel dafür steckte er inzwischen schon fast mit Stolz ein.

Doch diesmal würde es anders sein, das war ihm klar. Anfangs hatten sie die Hausaufgaben einfach bei ihm abgeschrieben. Jeden Nachmittag holte jemand vom Trio die von ihm bearbeiteten Aufgaben am vereinbarten Platz ab, um sie anschließend, nachdem sie die Hausaufgaben übertragen hatten, wieder in den toten Briefkasten in der alten Linde zu legen, damit er auf dem Schulweg seine Hefte und Ordner wieder in seine Mappe stecken konnte. So blieb ihre Verbindung unentdeckt. In der Schule sprachen sie so gut wie kein Wort miteinander, damit die Lehrer nicht auf die Idee kamen, dass er ihnen bei den Hausaufgaben geholfen hatte.

Helfen! Sie hatten ihn dazu gezwungen! Erst versuchten sie es mit Prügel. Als das nicht fruchtete, gossen sie Gift in den Goldfischteich seiner Mutter. Die Fische starben einen qualvollen Erstickungstod. Aber er willigte erst ein, nachdem sie versucht hatten, seinen geliebten Kater zu vergiften.

Der Tierarzt war über das Ausmaß der Quälereien schockiert gewesen. Er meinte, das ginge weit über das hinaus, was er je an Tierquälerei gesehen habe. Zwar konnte er den Kater retten, aber Kamikatze war seitdem ein anderer. Seit dieser Zeit ließ er ihn nicht mehr vor die Tür, doch Kamikatze wollte ohnehin nicht mehr raus. Aus dem mutigen und furchtbaren Herrscher über das Revier und alle darin lebenden Artgenossen, Insekten und Mäuse war ein schreckhaftes Häufchen Fell geworden.

Und er war schuld.

Hätte er früher eingewilligt, wäre der Kater verschont geblieben – Kamikatze war zum Opfer seines Stolzes geworden.

Das musste er sich eingestehen.

An diesem Punkt war er bereit, ihren Forderungen nachzugeben.

Mit einem nervösen Blick durch sein Zimmerfenster vergewisserte er sich, dass Kamikatze für die drei Rächer unerreichbar in dem Regal über seinem Bett lag.

Ihn würden sie diesmal jedenfalls nicht kriegen.

Mord im Hause des Herrn

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