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I. C Definitionen und begriffliche Grundlagen

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Als römische Schiffsdarstellung wird jedes Abbild eines Wasserfahrzeuges begriffen, das innerhalb seiner Fundlandschaft anhand eines oder mehrerer Merkmale eindeutig einem römischen Zeit- und Entstehungshorizont zugeordnet werden kann. Oft genügt bereits der Gegenstandscharakter eines Exemplares, um seinen Ursprung auszumachen. Augenfälliges Kriterium ist außerdem der Bildgegenstand selbst, denn oft verrät sich bereits durch die spezifische Darstellung des Schiffes, den Stil oder etwaige Beischriften der römische Charakter. Darüber hinaus kommen bei der Eingrenzung des Materialbestandes auch dem Fundort und -kontext fundamentale Rollen zu. Römisch sind Schiffsdarstellungen, deren Fundkontext auf einen römischen Kulturhorizont hinweist, weshalb Exemplare vorrömischer Kulturen in Italien, Sizilien und Nordafrika (Etrusker, Westgriechen, Punier) nicht in die Untersuchung einbezogen werden.

Darstellungen, die nach dieser Definition als römisch angesehen werden können, treten von der Mitte des 3. Jhs. v. Chr. bis zum Beginn des 6. Jhs. n. Chr. auf (Weiteres zur zeitlichen Eingrenzung s. unten). Dabei wird eine mehr oder minder kontinuierliche, von wenigen Krisen unterbrochene Produktion entsprechender Denkmäler von mittelrepublikanischer Zeit bis in die Spätantike und auch über das Epochenjahr 476 n.Chr. hinaus bis in die ersten Dekaden des 6. Jhs. beobachtet, bevor in Italien nach einem byzantinischen Intermezzo mit der Langobardenherrschaft ein stärkerer kultureller Umbruch einsetzte.

Die relative Größe des dargestellten Schiffes soll nicht entscheidend sein. Unter römischen Schiffsdarstellungen fassen wir demnach auch diejenigen Exemplare, in denen Schiffe nicht primäres Vordergrundthema sind, sofern sie sich nur als konstitutiver Bildbestandteil zu erkennen geben. Die deutschen Begriffe Schiff, Boot, Wasserfahrzeug etc. werden im Rahmen dieser Arbeit nahezu synonym verwendet, da eine strenge technisch-terminologische Differenzierung weder möglich noch sinnvoll ist20. Zwar sind in der Forschungsliteratur vereinzelt Versuche unternommen worden, die Termini Schiff und Boot im Hinblick auf konkrete Fahrzeuge oder aber auf Abbildungen genauer zu umgrenzen. So wurde vorgeschlagen, dann von Schiffen zu sprechen, wenn ein geschlossenes Schiffsdeck (Oberdeck) vorhandenen ist, hingegen offene Fahrzeuge als Boote zu bezeichnen21. Wiewohl diese Unterscheidung für Schiffswracks und ihre Typologien zweckmäßig sein kann, wird sie den Bilddarstellungen nicht gerecht, denn in diesen verrät ein Deck allein sehr wenig über die relative Größe und den Verwendungszweck eines Fahrzeugs22. Überdies lässt die in den Darstellungen bevorzugte Profilansicht eine Entscheidung bezüglich des Schiffsdecks meistens gar nicht zu. Dass sich heute alltagssprachlich die Begriffe Boot und Schiff nahezu als Synonyme etabliert haben, sei hier nur am Rande bemerkt.

Das untersuchte Bildmaterial ist facettenreich und vielschichtig, der unterschiedlichen Schiffstypen und -klassen23 sind derart viele, dass es schwerfällt, ein für sämtliche Darstellungen gleichermaßen gültiges Klassifizierungssystem zu entwickeln. Für einen Teil des Bildbestandes ist dies immerhin möglich. Die Schwierigkeit des Unterfangens hat ihre primäre Ursache in der gestalterischen Freiheit der ausführenden Handwerker und Künstler. Wir stellen dieser Untersuchung eine knappe Übersicht derjenigen baulichen Merkmale voran, anhand deren Frachtschiffe von Kriegsschiffe zu unterscheiden sind, wobei jeweils wenigstens zwei der unten genannten Kriterien erfüllt sein müssen. Eindeutige Strukturmerkmale römischer Frachtschiffe (vgl. Zeichnung 1) sind der bauchige, füllige Rumpf mit hohen, balkenartigen Steven, der Cheniscus (Gänsekopfzier) sowie das Siparum-Segel am Top des Großmastes, welches die Hauptbesegelung ergänzt. Ein klares Kennzeichen ist zudem, wo vorhanden, die Gangway zur Beladung des Schiffes. Hingegen kann die Schiffsladung selbst nicht als eindeutiges Kriterium gelten, da sie mitunter auch an Fahrzeugen begegnet, deren übrige Kriterien nicht auf ein Frachtschiff hinweisen24. Das römische Kriegsschiff (Zeichnung 2) – in antiker Terminologie als naves longae bezeichnet – wird durch eine gelängte, schmale Rumpfbauweise charakterisiert, in der sich sein Bestimmungszweck als Waffe verrät. Kriegsschiffe sind Fahrzeuge mit Ramm- und Obersporn, deren Bug- und Heckpartien charakteristische Aufsätze besitzen: Vorne markiert das Akrostolion, ein gerader oder gebogener Balken, den höchsten Punkt des Vorschiffs, achtern sitzt über dem Steven und als dessen obere Verlängerung das Aphlaston, welches zumeist fächerförmig endet. Allein Kriegsschiffe besitzen den typischen Riemenapparat als alternatives Antriebsmittel neben dem Segel, sowie das meist auf den Bug aufgemalte apotropäische Auge. Bewaffnete, die bisweilen das Schiffsdeck beleben, können den Kriegsschiffscharakter unterstreichen; für sich genommen sind sie jedoch kein hinreichendes Charakteristikum.

Fischerboote zeigen in den Darstellungen keine genuinen Strukturmerkmale, die sie generell von anderen Schiffsklassen unterscheiden würden. Sie weisen zuweilen – wie die Kriegs- und Frachtschiffe – seitliche Ausleger (Threnusbalken) für das Steuerruder auf, wenn auch in Miniatur, und besitzen häufig einen spitzen Bugsporn (vgl. Zeichnungen 5–9). Die dem Fischfang zugedachten Boote weisen proportional zu ihrer Besatzung und sonstigen Umgebung fast durchweg kleinere Dimensionen als Kriegs- und Frachtschiffe auf. Fischerboote sind diese Fahrzeuge aufgrund der Fangwerkzeuge an Bord: Netz, Angel, Dreizack oder Reuse sind die Instrumente, bei deren Verwendung durch die Besatzung das Fahrzeug selbst die schwimmende Plattform bildet.

Unter dem Begriff der visuellen Relevanz werden im Rahmen dieser Untersuchung der optische Stellenwert und die physische Präsenz einer Schiffsdarstellung in ihrem räumlichen Nahfeld bezeichnet. Sie drückt sich vor allem in der Art aus, in der das Schiffsbild durch Anbringungsort, Sichtbezüge, Größe, Farben oder das Thema die Aufmerksamkeit eines Betrachters zu gewinnen und zu halten vermag. Synonym wird der Terminus visuelle Wertigkeit gebraucht. Dabei gilt begreiflicherweise für alle Denkmälergattungen gleichermaßen, dass frontal in Augenhöhe angebrachte Bilder besser wahrgenommen werden, also solche, die am Rande, seitlich oder an der den Raumfluchten abgewandten Rückseite eines Objektes erscheinen. Bei Bodenmosaiken erschwert die oft schräge Blickrichtung des Betrachters eine optimale Wahrnehmung. Außerdem kann die Anzahl der einzelnen an einem Ort dargestellten Schiffe unabhängig von ihrer Darstellungsgröße die optische Erfassung entscheidend beeinflussen. Je größer diese Anzahl individuell abgebildeter Wasserfahrzeuge, desto eher werden sie die Aufmerksamkeit etwa am Ort anwesender Menschen binden.

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