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I. Einleitung

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Schiffe sind Transportvehikel für Menschen und materielle Güter, aber auch für Denkarten, Ideen und Ideale. Ihre Darstellung im Bild impliziert Bewegung und dynamische Veränderung. Wenn für die Menschheit an sich festgehalten werden kann, dass ihr Geschick ganz wesentlich durch die Befahrung der Meere geprägt wurde, so gilt dies auch und besonders für die römische Antike. Noch ehe sie Italien ganz beherrschte, hatte die Stadt am Tiber das Mittelmeer für sich entdeckt und mit dem Griff nach den Inseln Sizilien, Sardinien und Korsika das Fundament gelegt für ihre spätere maritime Hegemonie. Das Quellenmaterial zur römischen Seefahrt ist vielschichtig. Neben den Schriftzeugnissen, die vor allem formale Rechtsgrundlagen tradieren und als älteste Quellen überhaupt römische Seefahrt bezeugen1, sowie den Wracks, anhand derer sich Schiffbautechniken am besten nachvollziehen lassen, existieren als dritte substanzielle Quellengattung zahlreiche Bilddarstellungen von Schiffen, Booten, Flößen und anderen Wasserfahrzeugen. Sie spiegeln die spezifischen Funktionen wider, die Schiffen zufiel, aber auch die Bedeutung, welche Schiffen und der Seefahrt im gesellschaftlichen Diskurs unterschiedlichster sozialer Stände beigemessen wurde. Diesen Schiffsdarstellungen ist die vorliegende Untersuchung gewidmet.

„Naves plenis velis euntes.“ – Das dem Titel vorangestellte Zitat aus dem in neronischer Zeit verfassten Satyricon des Titus Petronius zeigt ausschnitthaft die Wertschätzung an, welche man Schiffsbildern im Kontext einer stark auf das Maritime ausgerichteten Gesellschaft entgegenbrachte2. Protagonist Trimalchio ist der durch Handelsgeschäfte wohlhabend gewordene Gastgeber eines Gelages. Unter den Gästen aber ist ein Freund – Architekt und Bildhauer –, den Trimalchio über das Grabmal instruiert, welches jener für ihn anzufertigen habe. Auf der Schauseite des Monumentes seien Schiffe darzustellen, unter vollen Segeln, und obenauf ein Bildnis des Trimalchio selbst. Wenngleich der Gastgeber eine explizite Begründung für diese Motivwahl schuldig bleibt, sind die beabsichtigte Aussage und Wirkung evident: Schiffe sind die Werkzeuge und Ursache seines Wohlstandes und er will das auch über den Tod hinaus öffentlich kundtun. In Kombination mit einem individuellen Abbild des Grabinhabers würde dann jeder die Schiffe als Kommentar zur Biographie des Verstorbenen begreifen. Obwohl die Romanepisode fiktional und satirisch überhöht ist, bezieht sie sich auf ein im kaiserzeitlichen Fundgut zahlreich belegtes Phänomen, nämlich die bildliche Verknüpfung individueller Lebenswege mit Aspekten kollektiver Identifikation oder mit Schlüsselereignissen der römischen Seefahrtsgeschichte. Dies können historische Episoden sein wie der römische Seesieg von Mylae 260 v. Chr., der erste überhaupt gegen die Karthager, der Transport des Kybele-Standbildes von Phrygien nach Rom, die Bedrohung der Urbs durch Sextus Pompeius oder die zahlreichen, frühere Ereignisse schon spielerisch verarbeitenden Naumachien der späten Republik und frühen Kaiserzeit. Entsprechendes Bildgut bleibt nicht auf Gräber begrenzt, sondern begegnet ebenso an Orten der Lebenswelt wie beispielsweise Wohnhäusern, öffentlichen oder privaten Thermen, Markthallen und Tempeln. Dass dabei das spezifische räumliche Umfeld der Bilder ihre soziale Rezeption ganz wesentlich mitbestimmt, liegt auf der Hand und soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit untersucht werden.

Naves Plenis Velis Euntes

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