Читать книгу Zeuge und Aussagepsychologie - Gabriele Jansen - Страница 35
4. BGH-Rechtsprechung zur Beurteilung der Aussagekompetenz
Оглавление53
Aussagekompetenz – Beurteilung
ist
Teil der Glaubhaftigkeitsbeurteilung
54
Die Aussagekompetenz ist im unmittelbaren Zusammenhang mit der Aussageanalyse zu prüfen. Üblicherweise – und so in § 241 Abs. 2 StPO geregelt – ist der Zeuge (nur) zur Sache zu vernehmen. Vorgelagerte allgemeine routinemäßige Fragestellungen zur Zeugentüchtigkeit sieht die StPO nicht vor, so z. B. nicht die Prüfung der sprachlichen Fähigkeiten des Zeugen. Die Einschätzung, wie sich der Zeuge im Allgemeinen äußert, wie groß sein Wortschatz ist, ob er allgemein – und deshalb auch in der Befragung – eher wenig spricht, ob er sich nur knapp oder ausschweifend äußert, kann für die Beurteilung seiner Aussage aber von Bedeutung sein.
Aussagetüchtigkeitsaspekte finden in der BGH-Rechtsprechung bei kindlichen Zeugen Berücksichtigung. Die Aussagekompetenz erwachsener Zeugen wird in der BGH-Rechtsprechung vor allem bei psychischen Auffälligkeiten, bei Erinnerungsbeeinträchtigung und bei Beschuldigtenaussagen im Zusammenhang mit Alkoholisierung diskutiert.
Die Beurteilung der Qualität einer Aussage gewinnt erst an Aussagekraft durch ihren Bezug zu den spezifischen Kompetenzen und Erfahrungen des Aussagenden.
55
Beurteilung der Aussagequalität
erfolgt
nur im Zusammenhang mit den Kompetenzen und den Erfahrungen des Zeugen
Dies erfordert die Feststellung und Beurteilung etwaiger aussagerelevanter Besonderheiten in der Persönlichkeitsentwicklung des Zeugen, bevor die Qualitätsanalyse der Aussage vorgenommen wird. Liegen beim Zeugen Einflüsse vor, die die Zeugentüchtigkeit beeinträchtigen, oder sind besondere Erfahrungen oder Erlebnisse vorhanden, so muss im Einzelfall vorab geprüft werden, ob möglicherweise die Zeugentüchtigkeit eingeschränkt ist oder ob z. B. die vorgefundene Aussagequalität durch sogenannte Parallelerlebnisse[27] beeinträchtigt oder durch reine Erfindung[28] erklärbar sein könnte[29]. Dies ist insbesondere dann geboten, wenn die Auffälligkeiten einen solchen Schweregrad erreichen, dass sie geeignet sind, die individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten eines Zeugen zu beeinträchtigen. Erst vor diesem Hintergrund kann die Frage beantwortet werden, ob der Zeuge die Aussage mit den darin festgestellten Qualitätsmerkmalen möglicherweise ganz oder teilweise ausgedacht oder von einem Erlebnis mit einer anderen Person auf den Beschuldigten übertragen haben könnte.