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2.
London, Mai 1718

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»Die Spanier bereiten mir zunehmend Sorge. Sie übertreiben es langsam. Geht das so weiter, werden wir sie wohl in ihre Schranken weisen müssen.« Der untersetzte Mann, um dessen Kopf sich nur noch ein schmaler Kranz aus Haaren wand, trat an eines der Fenster im Salon des Landgutes und versuchte die graue Wand aus Regen zu durchdringen. »Himmel, was ist denn das für ein Wetter? Geben Sie es doch zu, George, ein Einsatz im sonnigen Mittelmeer wäre gar nicht zu verachten.«

Sein Gesprächspartner erhob sich aus seinem Sessel und trat an eine langgezogene Anrichte aus Kirschholz. Mit geschickten Fingern öffnete er den Verschluss einer Karaffe und goss sich ein Glas Sherry ein. Nachdenklich hielt er das Glas mit seinem goldbraunen Inhalt gegen das Licht einer Kerze und betrachtete eine Weile schweigend das schimmernde Kristall samt seinem Inhalt. Endlich wandte er seine Aufmerksamkeit wieder seinem Gast zu.

»Samuel, ich kann nicht verleugnen, dass ich das Klima des Mittelmeerraumes sehr zu schätzen weiß, doch ich gestehe auch ein, dass mir im Grunde nicht der Sinn nach erneuten Auseinandersetzungen mit unseren spanischen Freunden steht. Eigentlich hatte ich mich der, wenn auch vagen Hoffnung hingegeben, den Rest des Jahres in Frieden verbringen zu können.« In genießerischen Schlucken trank er seinen Sherry aus und stellte das Glas wieder auf der Anrichte ab. »Kommen Sie, Samuel, setzen Sie sich doch. Sie machen mich nervös, wenn Sie da so herumstehen.«

Lächelnd setzte sich der ehemalige Admiral ihrer Majestät. »Ich kann nicht glauben, dass Sie keinerlei Interesse daran hätten, in Neapel das Zünglein an der Waage zu mimen.«

Der erfahrene Seemann lächelte in seinen wohlgestutzten Bart. »Das wird sich zeigen.«

Er durchmaß mit langsamen Schritten den Salon und öffnete die Tür eines Schranks. Im Innern reihte sich eine eindrucksvolle Sammlung unterschiedlichster Pfeifen aus aller Welt auf. Sorgsam wählte er ein sehr schönes, aus dunklem glänzendem Holz geschnitztes Exemplar, klappte den Deckel seiner Tabaksdose auf und stopfte sich die Pfeife gewissenhaft.

»George, um Himmels willen, reden Sie mit mir. Sie planen doch etwas, das kann ich Ihnen an der Nasenspitze ansehen. Ich bitte Sie, lassen Sie mich nicht im Ungewissen. Sie kennen meine Neugierde.«

Er entzündete seine Pfeife an einem Streichholz und blies einen kleinen Ring gen Decke, dem er, scheinbar in Gedanken versunken, hinterher blickte.

»Samuel, erinnern Sie sich an den Besuch der Ana Maria in Plymouth vor ein paar Wochen? Der Kapitän ist ein alter, sehr lieber Freund von mir. Es war etwas mehr als der Freundschaftsbesuch, als den wir es verkündet haben.« Er ging zurück zu seinem Sessel und sah seinen Freund eindringlich an. »Sollten die Spanier ihre, nennen wir es, unfreundliche Art aufrecht erhalten, so werden wir mit Sicherheit die Segel setzen. Die Ana Maria segelte mit einer komplett neuen Mannschaft und mein lieber Freund stellte mir seine neuen Offiziere im Verlauf eines sehr gemütlichen und interessanten Dinners vor. Ich muss sagen, ich war beeindruckt. Vor allem einer hat mein Interesse geweckt. Mein Freund Rudolfo war zwar nicht begeistert, doch er wird, sollte es dazu kommen, zustimmen.«

Samuel sah ein klein wenig verwirrt aus. »Zustimmen? Wozu denn, bitteschön?«

»Oh, sollte ich das noch nicht erwähnt haben?« Er nahm schmunzelnd einen tiefen Zug aus seiner Pfeife und kurzfristig hüllte ihn Tabakrauch ein. »Er hat eigentlich jetzt schon seine Zustimmung erteilt. Der junge Mann, der derzeit noch sein zweiter Offizier ist, wird im Fall des Falles, mein Erster werden.«

»Ein Italiener als Offizier auf einem Kriegsschiff Ihrer Majestät?«

»Oh ja, ein Italiener! Und was für ein Italiener! Ich darf Ihnen versichern, mein lieber Freund, dieser junge Mann ist mehr als beeindruckend. Falls wir nach Neapel segeln, dann wird er an meiner Seite stehen.«

George Byng erhob sich aus seinem Ledersessel und trat ans Fenster. »Ja, Stefano Borello wird der erste italienische Offizier auf einem englischen Kriegsschiff sein.«

Geschenk der Nacht

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