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5.
11. August 1718, 5:00 Uhr am Morgen

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Es war eine seltsame Nacht gewesen. Zeitgleich mit der spanischen Armada hatte die britische Flotte das Capo Passero erreicht. Nun standen sie sich seit Einsetzen der Dunkelheit gegenüber. Gespenstisches Schweigen herrschte auf beiden Seiten, als versuche man zu hören, was der andere plante. Plain, oder vielmehr Stefano, hatte seine Order. Auf das Zeichen der George I hin würde der Angriff beginnen.

Stefano musterte seinen Kapitän nachdenklich. Der schmächtige Mann, der in seiner prächtigen Uniform auf dem Achterdeck stand und mit ausdruckslosem Gesicht auf das Wasser hinaus starrte, tat ihm fast schon leid. Der Kerl hatte auf dem Meer nichts verloren und schon gar nicht auf diesem Posten. Er war weder in der Lage, ein Ruder festzuhalten, noch ein Segel einzuholen, sollte Not am Mann sein. Das Tragische war, dass Plain das wohl auch wusste. Wer auch immer beschlossen hatte, dass er das Kommando über ein Schiff übernehmen sollte, schien vergessen zu haben, das vorab mit ihm zu klären. Plain verabscheute die Seefahrt, das war ihm schon bei einem der ersten Treffen mit Stefano herausgerutscht, als der Sherry seine Zunge gelöst hatte.

Ja, Stefano bemitleidete ihn, doch das half ihm in der aktuellen Situation nicht. Da Plain, warum auch immer, beschlossen hatte, an Deck zu sein, musste er seine Befehle befolgen. Ihm war überhaupt nicht wohl bei dem Gedanken.

Ein Schwarm Möwen verdunkelte kurzfristig die aufgehende Sonne, ehe diese ihren goldenen Schein über die Fluten schickte. Die Oberfläche des Meeres verwandelte sich für einen Augenblick in ein orangerotes Vlies, ehe sie nur noch hell glitzerte. Fasziniert beobachtete Stefano dieses Schauspiel der Natur und stellte erneut fest, wie schön die Welt hätte sein können, wenn die Menschen sie nicht immer aufs Neue durch mörderische Kriege entweiht hätten. Drei rasch hintereinander abgefeuerte Schüsse rissen ihn aus seinen Gedanken.

Es begann!

Der Admiral hatte das Zeichen zum Angriff gegeben.

Stefano warf einen Blick zu seinem Kapitän, doch der schien nicht gewillt zu reagieren.

»Sir, bitte verzeihen Sie, doch wir müssen an der Seite der George I bleiben. Wir sollten Segel hissen.«

»Richtig! So geben Sie schon die Befehle! Worauf warten Sie?«

Idiot! Stefano biss sich auf die Zunge und konnte gerade noch verhindern, dass sich das Wort aus seinem Mund stahl. Wozu stand er dann hier im Weg herum, wenn er nicht einmal dieser Pflicht nachkommen konnte?

Rasch und zielgerichtet rief Stefano die nötigen Anweisungen, unterstützt vom Zweiten Offizier und dem Bootsmann der Rochester, und so setzte sich das Schiff endlich in Bewegung und nahm schnell an Fahrt auf.

Die Linie der Spanier war beeindruckend, doch ihre Schiffe waren meist groß und behäbig. Die kleineren britischen Segler waren schneller zu manövrieren und wesentlich beweglicher als diese Schoner. Es war ein erhabenes Gefühl, die Reihen der eigenen Flotte entlang zu sehen. Stolz wallte in ihm auf, dass er ein Teil dieser Unternehmung war. Doch er durfte sich nicht ablenken lassen, und so wandte er seinen Blick wieder der sich schnell nähernden Kampflinie der spanischen Schiffe zu. Er glaubte im ersten Moment, er würde sich täuschen, doch dann wurde es immer deutlicher sichtbar. Bei den Spaniern tat sich Seltsames. Die drei größten, allen voran das Flaggschiff, in dem er kein anderes als die berühmt-berüchtigte Santa Cruz, befehligt von Fernando Chacón höchstpersönlich, erkannte, fielen zurück. Sie ließen sich von kleineren Seglern überholen. Was zur Hölle hatten die Spanier vor? Wollten sie ihre Schiffe schonen? Das war unmöglich, sie würden doch nicht ausgerechnet die schlagkräftigsten Kriegsschiffe aus der Schusslinie nehmen.

Stefanos Blick irrte zu seinem Zweiten Offizier. »Was soll das werden? Chacón zieht sich doch nicht einfach so zurück!«

Der schien genauso ratlos wie er selbst. »Ich kann es Ihnen nicht sagen. Damit habe ich nicht gerechnet und der Admiral wohl auch nicht, sehen Sie doch!«

Jetzt erkannte Stefano, dass man auf der George I volle Segel setzte. Sie wurde zunehmend schneller. Verdammt, sie mussten an ihrer Seite bleiben. Er konnte keine Rücksicht auf Rangordnungen nehmen, wenn dadurch der Admiral in Gefahr geraten konnte.

»Lassen Sie alle Segel setzen, die wir haben. Wir dürfen die George I nicht verlieren!«, brüllte er dem Zweiten Offizier zu.

Der nickte nur und wenige Augenblicke später blähten sich die Segel der Rochester im Sommerwind.

Die George I und ihre beiden Begleitschiffe setzten sich zunehmend von der Angriffslinie ab und der Admiral hielt sich nach rechts, hin zur äußersten linken Angriffslinie der Spanier. Ein Blick zurück zeigte Stefano, dass auf der anderen Seite ebenfalls eine große Brigg und zwei etwas kleinere Segler das Manöver aufnahmen. Er begriff sofort. Byng wollte die Möglichkeit haben, an beiden Seiten des spanischen Verbandes vorbeizukommen, für den Fall, dass die drei Kriegsschiffe tatsächlich planten zurückzubleiben. Wäre er in der Mitte und an der Spitze seines eigenen Flottenverbandes geblieben, wäre es ihm unmöglich gewesen, sich noch zu lösen. Die einzige Möglichkeit wäre gewesen, sich durch die Reihen zu kämpfen. Ein genialer Schachzug, vor allem wenn man bedachte, dass sich hinter ihnen die Reihen sofort schlossen und sie umgehend wieder eine Einheit bildeten. Sie mussten sehr schnell sein, denn die Spanier waren erfahren in solchen Scharmützeln. Sie würden alles tun, um ihr mächtiges Flaggschiff in Sicherheit zu bringen. Stefano hörte die ersten Schüsse, doch für die Rochester bestand noch keinerlei Gefahr und ihr Schwesterschiff auf der anderen Seite der George I wusste sich offensichtlich zu wehren.

Stefano und die Mannschaft achteten peinlich genau darauf, exakt an der rechten Flanke der George I zu sein, daher erkannte er auch sofort, als man sich dort gefechtsbereit machte. Allerdings sah er selbst noch keinen Anlass dafür, noch immer umrundeten sie in schneller Fahrt die äußeren Segler der Spanier. Stefano lief hoch zum Achterdeck, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen. Was er sah, vermochte er nicht sofort einzuordnen. Es schien so, als zögen sich tatsächlich die Schiffe um die Santa Cruz zurück. Warum tat Chacón etwas Derartiges? Das war absurd! Die Santa Cruz war das stärkste Glied dieser Angriffskette, warum schwächte er seine eigene Front? Nun wendeten sie sogar. Es bestand kein Zweifel, das Flaggschiff der Spanier versuchte zu flüchten. Just in dem Augenblick, als die Dreierformation wendete und alle Segel setzen ließ, brach hinter ihnen das Inferno los.

Stefano hörte den Donner der Kanonen und die Gewehrsalven und wünschte sich, dort zu sein und kämpfen zu dürfen. Stattdessen verfolgte er einen offensichtlich geistesgestörten spanischen Kommandanten. Ein kurzer Blick zurück zeigte ihm, dass der erste Angriff der englischen Linie bereits große Lücken in die Reihen der Spanier gerissen hatte. Gut so! Wer sich in Gefahr begab …

Währenddessen holten die George I und ihre Begleiter zügig auf. Wenn Stefano sich Mühe gab, konnte er die winzigen Silhouetten der Mannschaft der Santa Cruz erkennen. Der Plan des Admirals war jetzt offensichtlich. Die George I war ein perfektes Schlachtschiff, bis unter die Planken bewaffnet war sie der Santa Cruz mehr als nur ebenbürtig. Er wollte die Santa Cruz angreifen. Wenn es ihm gelänge, das Flaggschiff der Armada und den ganzen Stolz Fernando Chacóns zu versenken, wäre das ein Desaster für die Spanier.

Stefanos Hände umklammerten die Reling. Seit einer guten halben Stunde verfolgten sie nun die Spanier über das offene Meer. Was ihn verwunderte war, dass die Spanier nicht in gerader Linie segelten, sondern, fast unmerklich, einen Bogen fuhren und sich so wieder, wenn auch nur sehr langsam, den spanischen Verbänden annäherten. Verdammt noch mal. Stefano hatte viel über den spanischen Kommandeur gehört und nichts davon deutete darauf hin, dass er ein Dummkopf oder gar ein Feigling war. Was in aller Welt hatte der Mann vor?

Byng auf alle Fälle schien langsam die Geduld zu verlieren. Die George I versuchte eindeutig, in Schussposition zu gelangen. Stefano beobachtete mit Argusaugen die beiden Begleiter der Santa Cruz. Ihm gefiel nicht, was er sah, und doch konnte er nicht sagen, was gerade genau passierte. Am wenigsten gefiel ihm der Umstand, dass sie, soweit er das erkennen konnte, in einem großen Halbkreis gesegelt waren und die Schlachtreihen nun, zwar weit entfernt, aber doch zu ihrer Linken lagen und nicht mehr hinter ihnen. Genau in diesen Sekunden begann die Santa Cruz beizudrehen und nicht nur sie, auch ihre Begleitschiffe, die leicht zurückfielen und sogar einen breiten Korridor zwischen sich und dem Flaggschiff eröffneten.

Da fiel es Stefano wie Schuppen von den Augen. Chacón war gut, er war geradezu genial. Nur das zuerst zurückfallende und dann scheinbar sogar fliehende Schiff vor Augen, war die George I ihm wie ein Hündchen gefolgt, hatte den Köder ohne Probleme geschluckt. Die Santa Cruz wendete schnell, zu schnell, und dann sah er die bedrohlichen Öffnungen am Bauch des Schiffes. Die Santa Cruz war gefechtsbereit, und nicht nur sie, sondern auch die beiden anderen Schiffe waren es. Der Spanier ließ die erste Salve abfeuern, noch ehe man auf der George I handeln konnte. Stefano hingegen reagierte ohne nachzudenken.

»Gefechtsbereit, sofort! Beidrehen, und seitlich von den Begleitschiffen bleiben, sonst bekommen wir eine volle Breitseite ab!«

Es war gut gewesen, dass Plain bis zu diesem Zeitpunkt teilnahmslos auf dem Achterdeck verharrt hatte, doch nun schrie er den denkbar dümmsten Befehl, der in dieser Situation ausgegeben werden konnte.

»Volle Fahrt voraus, wir müssen an der Seite der George I bleiben.«

Stefano war entsetzt. »Nein, Sir, nicht! Dann sind wir alle im Kreuzfeuer der beiden Begleitschiffe, das war von Anfang an sein Plan!«

Wie sollte Plain etwas verstehen, das strategisch wie auch logisch seinen Horizont um ein Vielfaches überstieg?

»Wir haben einen Befehl, und den werden wir ausführen.«

»Wenn wir das tun, landen wir in kürzester Zeit auf dem Grund des Meeres!«

»Dann tun Sie etwas dagegen, Borello!«

Stefano war vollkommen fassungslos. Dieser Wahnsinnige schickte sie in den sicheren Tod. Er sprang mit einem gigantischen Satz über das Deck, riss dem Steuermann das Ruder aus den Händen und versuchte verzweifelt, die Rochester in Schussposition zu bringen. Doch die Spanier waren schneller, noch während die Rochester sich zu drehen begann, feuerten sie eine volle Breitseite ab. Dass sie schwer getroffen waren, wusste Stefano in dem Moment, als sich die ersten Rauchschwaden verzogen und er die Schmerzensschreie der Männer hörte. Aber darauf durfte er keine Rücksicht nehmen, er musste zumindest versuchen, eines der beiden spanischen Schiffe auszuschalten, um der George I beizustehen. Die hatte alle Hände voll damit zu tun, in dem Schlagabtausch mit der Santa Cruz nicht an Boden zu verlieren. Als Stefano erkannte, dass die Position perfekt war, zog er den Steuermann zurück ans Ruder. »Halt sie so, egal was Plain sagt, halt sie gerade!«

Der Steuermann nickte nur und hielt mit aller Kraft das Ruder fest.

Stefano wusste genau, was er tun musste.

»Hört mir zu! Zielt auf ihr Ruder! Macht sie manövrierunfähig. Sie sind zu schnell und wenn wir es nicht schaffen, ihr Ruder außer Gefecht zu setzen, ist die George I in größter Bedrängnis. Jetzt! Feuer!«

Zweimal ließ Stefano feuern. Er war froh darüber, dass bei dem Beschuss wohl nur Kanonen im Vorderteil Schaden genommen hatten, hinten waren sie voll gefechtsfähig, auch wenn an Deck Rauchschwaden aufstiegen. Tatsächlich! Es war ihm gelungen, das Ruder des ihnen abgewandten Seglers zu treffen. Offensichtlich hatten sie schon jetzt Probleme, denn das Schiff schien regelrecht zu taumeln. Die spanische Mannschaft bildete an Deck eine lange Gefechtsreihe und trat mit ihren Gewehren an. Stefano holte tief Luft. Mit etwas Glück waren sie schneller.

»Laden! Feuer!« Erneut wurden der Laderaum und die marode Ruderanlage getroffen. Doch die Gegenwehr war nicht erloschen. Im Gegenteil, zwar hatte man sich nunmehr gänzlich der Rochester zugewandt und immerhin war die George I somit ein Problem los, doch die Salve aus den Mündungen der Gewehre, die nun das Deck und alle darauf traf, war fatal.

Hinter Stefano ging der Steuermann röchelnd zu Boden. Er fing ihn auf und legte ihn neben einer großen Kiste in Deckung. Ohne dass er etwas sagen musste, übernahm der Zweite Offizier das Steuer und hielt die Rochester in Position. Stefano ergriff sein Gewehr, legte im Laufen an, zielte und holte einen der gegnerischen Schützen vom Mast.

»Sir! Wassereinbruch am Bug!« Der Bootsmann war außerordentlich nervös.

»Wie viele Kanonen haben wir noch?«

»Vorn nur noch zwei, hinten fünf!«

»Gut, noch einmal laden und gleichzeitig die Fogg hissen!«

»Wie bitte?«

»Nicht fragen, tun Sie einfach, was ich Ihnen sage.«

»Aber der Kapitän …«

Wortlos ergriff Stefano den Bootsmann an der Schulter und drehte ihn herum. Charles Plain saß mit dem Rücken zum Mast, seine toten Augen blickten wie zuvor hinaus auf die See und auf seiner Brust breitete sich langsam aber stetig ein roter Fleck aus.

»Sehr wohl, Sir!«

Als Stefano hörte, wie die Befehle gebrüllt wurden und fühlte, dass die Rochester sich in Bewegung setzte, rannte er zurück zum Steuer.

»Fertig geladen?«

»Sehr wohl, Sir!«

»Sie feuern exakt auf mein Kommando!«

Stefano ergriff das Ruder erneut, der Wind blähte das Foggsegel und er drehte das Steuerrad so schnell, dass die Rochester langsam aber beständig begann, einen Halbkreis zu beschreiben.

»Feuer!«

Sein Plan ging auf. Die Kanonen trafen aus der Bewegung heraus genau den bereits schwer beschädigten Rumpf des spanischen Schiffes und rissen riesige Löcher in die Bordwand.

Gerade als er sich umdrehte, um zu sehen, ob sie sich weiter von dem Segler, der bereits langsam zu sinken begann, entfernten, fühlte er den brennenden Schmerz in seiner Schulter. Er hatte den Schuss nicht gehört, dafür sah er jetzt den Schützen. Kreidebleich stand der Soldat auf dem Deck des gegnerischen Schiffes, das Gewehr noch im Anschlag.

»Du kleine Ratte!« Wütend riss Stefano einem nahe stehenden Matrosen das Gewehr aus den Händen, griff mit der anderen Hand nach einem Seil, nahm Schwung und kam, fast ohne zu schwanken, auf der äußersten Bordwand auf. Mit nur einer Hand legte er an und schoss. Der Soldat, der verzweifelt versucht hatte nachzuladen, brach zusammen und stürzte auf das brennende Deck.

Stefano sah es mit Genugtuung und wollte gerade zurück auf die Planken springen, als erneut ein Schuss ertönte. Ungläubig sah er hinüber zu dem schnell sinkenden Schiff, doch der Schuss war nicht von dort gekommen, nein, dahinter war die Santa Cruz aufgetaucht, schwer beschädigt durch den Beschuss der George I und ebenso manövrierunfähig. Doch einer an Bord gab das Schiff nicht auf. Der große schlanke Mann, der dort stand, war kein einfacher Soldat, das erkannte Stefano sofort. Der Spanier ließ sein Gewehr sinken und sah zu ihm herüber. Sie sahen sich in die Augen und Stefano erkannte die Bewunderung im Blick des anderen. Der hob die Hand und salutierte, dann sprang er mit einem eleganten Überschlag zurück an Deck der Santa Cruz.

Stefano spürte, wie ihm ein warmer Strom über die Brust rann. Er tastete nach der Verwundung und erkannte, dass der Spanier sehr gut gezielt hatte. Er hatte ihn mitten in die Brust getroffen, und wenn er sich nicht sehr täuschte, dann war es Fernando Chacón höchstpersönlich gewesen, der ihn hier gern getötet hätte. Doch noch lebte er, auch wenn er merkte, dass seine Kraft langsam schwand.

Stefano wandte sich dem Deck zu, vielmehr dem, was davon übrig war. »Jeder, der schwimmen kann, springt und versucht, so weit wie möglich wegzukommen.«

Er sah die ungläubigen Gesichter, und so fügte er hinzu: »Das war ein Befehl!«

Während die Überlebenden sich von der langsam sinkenden Rochester retteten, wankte Stefano mit letzter Kraft über das brennende Deck. Er wusste, wo das Pulver gelagert wurde und er wusste, dass die Fogg noch intakt war. Das genügte ihm. Er kämpfte sich durch den Qualm, zündete eine lange Holzstange an einer brennenden Planke an und ließ sich in den Laderaum fallen. Verbissen hielt er die behelfsmäßige Fackel an die noch trockenen Säcke. Es dauerte in seinen Augen endlos lange, doch endlich fingen sie Feuer. Stefano ließ das Holz fallen und kämpfte sich über die halb zerstörte Leiter wieder an Deck. Sein Körper bestand nur noch aus Schmerzen, brennenden, alles verzehrenden Schmerzen. Aber er durfte noch nicht sterben. So sollten die Spanier nicht davonkommen. Er löste das Ruder und drehte es so gut er konnte nach links, das Segel blähte sich ein letztes Mal und die Rochester nahm noch einmal Fahrt auf. Stefano band das Ruder fest, schleppte sich zu dem halb zerstörten Bug, richtete sich zu seiner vollen Größe auf und sah hinüber zur Santa Cruz. Er erblickte, wie durch einen blutigen Nebel, den Spanier, der auf ihn geschossen hatte.

Als Fernando Chacón seinen Blick wandte, sah er, wie die brennende Rochester auf die festliegende Santa Cruz zuhielt. Er konnte es kaum fassen, das Schiff war doch bereits im Begriff gewesen zu sinken, und nun? Sekunden später erkannte er die Silhouette des Mannes, den er vor wenigen Augenblicken getroffen hatte. Mitten in die Brust! Das war vollkommen unmöglich! Der Kerl konnte nicht mehr leben. Und schon überhaupt nicht konnte er dort am Bug stehen, blutüberströmt und ihn … anlächeln. Sekundenbruchteile später traf der Bug der in Flammen stehenden Rochester auf die Santa Cruz und explodierte durch die verbliebenen Schwarzpulverfässer.

Das Flaggschiff der spanischen Armada sank binnen weniger Minuten.

Geschenk der Nacht

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