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»Liebes, ich bitte dich! Hör mir doch richtig zu. Mit den Briten zu segeln ist nichts anderes als mit der Ana Maria in diesen Kampf zu ziehen.«

»Kampf? Danke, nun hast du es selbst gesagt. Stefano, das ist Krieg! Ihr werdet die Spanier angreifen. Ich war vor zwei Wochen mit meiner Mutter bei Tante Sofia, oben in den Bergen. Ich habe von dort aus die spanische Armada gesehen! Ihr müsst wahnsinnig sein, es überhaupt in Erwägung zu ziehen, sie anzugreifen!«

»Aber wir sind doch nicht allein, mein Herz. Die englische Flotte ist von Menorca aus auf dem Weg hierher. Die Deutschen haben ebenfalls Soldaten geschickt und wir haben eine schlagkräftige Marine – du sorgst dich zu Unrecht.«

»Das tue ich nicht, und das weißt du ganz genau. Jeder Krieg fordert seine Toten …«

»Unter denen ich nicht sein werde!«

»Du lästerst Gott! Denkst du, dass du unsterblich bist, Stefano? Und was ist mit unserer Hochzeit? Alles ist geplant, die Gäste sind eingeladen, und was macht der Bräutigam? Er zieht in den Krieg. Stefano, du liebst mich nicht, du kannst mich nicht lieben!«

Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, denn auf diese Anklage wusste er im ersten Moment wenig zu erwidern. Und doch, je länger er nachdachte, desto mehr stieg Ärger in ihm auf.

»Giannina, so denk bitte nach. Möchtest du, dass wir und unsere Kinder in einem versklavten Land leben? Willst du, dass wir niemals unser eigener Herr sind? So vertrau mir doch. Die Allianz wird nur eine einzige Seeschlacht benötigen, um den Spaniern ein für allemal zu zeigen, wer die Herren sind.«

»Es wird nie Kinder geben, wenn du in dieser einzigen Schlacht fällst.«

Stefano seufzte. »Wie oft soll ich noch sagen, dass das nicht passieren wird?«

»Bleib hier, Stefano, ich flehe dich an, bleib bei mir. Schreib diesem Admiral, dass er ohne dich auskommen muss, dass du bei deiner Familie bleiben musst.«

Er war, vorsichtig ausgedrückt, fassungslos.

»Liebling, das kann und darf nicht dein Ernst sein! Du verlangst von mir, den Schwanz einzuziehen und mich wie ein Feigling hinter meiner Familie zu verschanzen, während dort draußen Männer um die Freiheit unseres Landes kämpfen? Ich verstehe dich nicht! Das ist doch nicht meine stolze Verlobte, wo ist die kämpferische Frau geblieben, die ich so sehr liebe?«

»Oh, die ist schon noch da! Sie steht genau vor dir und sie kämpft mit aller Kraft um ihr Glück und um dein Leben, du Wahnsinniger. Willst du als Held in die Geschichte eingehen? Was nutzt mir ein Held, wenn er tot ist? Versteh mich doch! Ich habe unbeschreibliche Angst, dich zu verlieren.«

Stefano sah, wie die Tränen sich den Weg aus ihren haselnussbraunen Augen bahnten und in kleinen Strömen über ihre Wangen liefen.

»Hör mir zu, Giannina! So hör mir doch zu …« Er griff nach ihren Armen und schüttelte seine zukünftige Frau leicht. »Ich komme zurück, ich schwöre es dir! Ich komme zu dir zurück und ich werde leben!« Sacht zog er sie an sich und schlang seine Arme um sie. Er spürte, wie ihre Schultern unter ihren Schluchzern bebten.

»Ich komme zu dir zurück!«

In jenem Moment war Stefano sich für einen kleinen Augenblick nicht mehr ganz sicher, wen er mehr zu überzeugen suchte, Giannina oder sich selbst.

Sie schniefte leise und löste ihren Kopf von seiner Brust. »Ich habe Angst, Stefano, ich habe unbeschreibliche Angst. Aber dir zuliebe will ich es glauben. Ich will glauben, dass wir am 15. August dort unten in dem schönen Saal heiraten werden, dass wir bei Sonnenuntergang auf der Terrasse stehen und als Mann und Frau hinaus auf das Mittelmeer blicken.«

»Siehst du, so erkenne ich dich wieder. Das ist die Frau, die ich über alles liebe.« Lächelnd schob Stefano sie ein wenig von sich. »Genau diese Frau würde ich nun gern ein letztes Mal, bevor ich auf dieses Schiff gehe, entführen. Komm, lass uns eine Flasche Wein einpacken und zu unserer Bucht gehen.«

»Stefano, sei still! Meine Mutter wird jeden Moment zurückkommen.« Giannina warf einen ängstlichen Blick zur Tür.

»Eben. Und da ich ihr nicht erst lange erklären möchte, was ich mit dir vorhabe, was mich wahrscheinlich sowieso meiner Schwiegermutter berauben würde, da sie mit Sicherheit umgehend einen Herzanfall erleiden würde, sobald ich ihr aufzähle, was ich mit dir so anstellen werde, verschwinden wir von hier. Nun komm schon. Wir sündigen ja auch nur noch ein klein wenig … so kurz vor unserer Hochzeit.«

»Stefano, du bist unmöglich. Du hast Glück, dass ich dich so liebe.«

»Habe ich! Und nun lass uns gehen, dort ist die Weinflasche, du brauchst sonst nichts mitzunehmen, es ist herrlich warm am Strand. Das spart die Mühe, es dir nachher alles wieder auszuziehen.«

»Stefano!«

Stefano lachte befreit auf. »Los, raus hier!« Er griff sich die Rotweinflasche auf dem Tisch, zog die nur höchst halbherzig widerstrebende Giannina mit sich und dankte im Stillen allen möglichen Göttern dafür, dass sich alles zum Guten gewandt hatte.

Während er schnellen Schrittes – ein letztes Mal als freier Mann – mit ihr zu der kleinen Bucht lief, war er einfach nur glücklich. Er würde auf der George I segeln, mit einem der größten Seemänner dieser Tage, sie würden die Spanier das Fürchten lehren und sobald er wieder nach Hause kam, wartete das wundervollste Mädchen der Welt darauf, seine Frau zu werden. Sein Leben war herrlich!

Geschenk der Nacht

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