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MANGELHAFTE AUFKLÄRUNG Helene Thimig
Wien 18., Gymnasiumstraße 47

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Die Thimigs waren eine weltoffene Künstlerfamilie, aber die Sexualaufklärung ihrer Tochter – die später selbst eine berühmte Schauspielerin werden sollte – dürfte nicht im Vordergrund der Erziehung gestanden sein. Anders wäre die folgende Episode nicht erklärbar: Helene Thimig, gerade zwanzig Jahre alt und wie ihr berühmter Vater Hugo bereits am Theater tätig, lernte im Jahre 1909 den Schauspieler Paul Kalbeck kennen. Beide waren grenzenlos naiv, ja ahnungslos. Trotzdem drückte er ihr bei der ersten sich bietenden Gelegenheit einen langen, noch dazu ein wenig missglückten Kuss auf den Mund. »Es klingt heute wie blödsinnige Koketterie«, schreibt die Thimig in ihren Memoiren, »aber ich habe damals effektiv gedacht: Vielleicht bekomme ich jetzt ein Kind! Wer das nicht glaubt, dem kann es mein Bruder Hermann bezeugen, denn dem habe ich mich am nächsten Tag anvertraut. Es gelang ihm, mich zu beruhigen, indem er mir sein großes Ehrenwort gab und versicherte, seit Adam und Eva habe noch keine Frau ein Kind von einem abgerutschten Busserl bekommen. Da kehrte mein Lebensmut in mich zurück.«

Der küssende Paul Kalbeck wurde dennoch geheiratet, Helene verließ die große, mit dichtem Efeu bewachsene Backsteinvilla in der Gymnasiumstraße, die ihr Vater im Jahre 1890 (damals noch unter der Adresse Oberdöbling, Feldgasse 1) erworben hatte, und in der sie mit ihren Brüdern Hermann und Hans aufgewachsen war.

Helene Thimigs Ehe hielt freilich nur zwei Jahre. Bis sie Max Reinhardt traf.

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