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3.1.1 Die Realisierung der ApostolizitätApostolizitätRealisierung der Apostolizität: Theologische Grundlagen

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Die Römisch-katholische Kirche versteht sich laut der Dogmatischen Konstitution „Lumen Gentium“ (LG) des II. Vatikanischen KonzilsKonzil / KonziliarismusII. Vatikanisches Konzil von 1964 als Volk Gottes, Leib Christi und Tempel des Heiligen GeistesHeiliger Geist. Sie sieht dabei eine Analogie zur Zwei-Naturen-LehreZwei-Naturen-Lehre Christi (LG 8) und bestimmt ihr Wesen als MysteriumMysterien, da sie „eine einzige komplexe Wirklichkeit, die aus menschlichem und göttlichem Element zusammenwächst“ (LG 8), bildet. Die Kirche versteht sich als ein Zeichen Gottes in der Welt, das die Verbindung der Glaubenden untereinander und mit Gott anzeigt und vermittelt. Sie ist darin – wieder analog gedacht – einem SakramentSakrament ähnlich. Allerdings lässt sie sich eher als Grundsakrament verstehen. In ihr findet sich die Fülle des Heils und die Fülle der Heilsmittel, der Sakramente im engeren Sinn. Die Kirche ist deshalb keine Kirche unter anderen, sondern Volk Gottes und der sichtbare Leib Christi, der in diese Welt hineinwächst (LG 3).

Die Notwendigkeit der KircheDie Kirche ist notwendig, um das Heilsangebot Gottes in die Welt zu tragen. Sie hat den Auftrag, das EvangeliumEvangelium zu verkünden, damit alle Menschen die Möglichkeit haben, sich ihr anzuschließen. Wer sich wissentlich und willentlich entschließt, ihr nicht angehören zu wollen, geht nach römisch-katholischem Verständnis verloren. Nur diejenigen, die „der Gemeinschaft der Kirche voll eingegliedert“ sind, die ihre „Heilsmittel annehmen und in ihrem sichtbaren Verband mit Christus, der sie durch den Papst und die Bischöfe leitet, verbunden sind“ (LG 14), können vollkommen darauf vertrauen, dass ihnen Heil zuteilwerden wird.

Die hohe Bedeutung der Kirche wird in dieser Bestimmung sichtbar. Die Kirche ist selbst Gegenstand des Glaubens. Darum ist auch ihre irdische Gestalt, ihre Organisation nicht beliebig. Sie ist die „mit hierarchischen Organen ausgestattete Gesellschaft und der geheimnisvolle Leib Christi,Die Kirche als Gegenstand des Glaubens die sichtbare Versammlung und die geistliche Gemeinschaft, die irdische Kirche und die mit himmlischen Gaben beschenkte Kirche.“ (LG 8) Das II. Vatikanische KonzilKonzil / Konziliarismus formulierte die Selbstwahrnehmung der Römisch-katholischen Kirche: Sie ist „die einzige Kirche Christi, die wir im GlaubensbekenntnisGlaubensbekenntnis als die eine, heilige, katholische und apostolische bekennen.“ (LG 8) Ihre Gestalt ist nicht beliebig, sondern „sie zu weiden, hat unser Erlöser nach seiner Auferstehung dem Petrus übertragen, ihm und den übrigen ApostelnApostel hat er ihre Ausbreitung und Leitung anvertraut.“ (LG 8) Die wahre Kirche Jesu ChristiJesus Christus ist demnach „in dieser Welt als Gesellschaft verfasst und geordnet.“ Sie „ist verwirklicht (subsistit) in der katholischen Kirche, die vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird.“ (LG 8) Diese Bestimmung schließt allerdings nicht aus, so das Konzil weiter, dass „außerhalb ihres Gefüges vielfältige Elemente der Heiligung und der Wahrheit zu finden sind, die als der Kirche Christi eigene Gaben auf die katholische Einheit hindrängen.“ (LG 8) Hier öffnet sich die Römisch-katholische Kirche also den anderen Kirchen der Welt und erkennt deren Existenzberechtigung an. Weiter zu interpretieren bleibt nur, inwiefern die „Elemente der Heiligung und Wahrheit“ auf eine katholische Einheit drängen. Ist hier eine „römisch-katholische“ Einheit oder eine „katholische“, also allgemeine Einheit gemeint? Grundsätzlich ist diese Bestimmung aber ökumenisch anschlussfähig und die Römisch-katholische Kirche gibt damit zu erkennen, dass keine totale Identifikation des Leibes Christi mit der Römisch-katholischen Kirche gemeint ist. Vielmehr lässt das Konzil erkennen, dass Kirche-Sein in verschiedener Abstufung vorkommen kann und deshalb auch andere Konfessionen Spuren des Kirchlichen aufweisen.

Die Leitung der KircheDer bleibende Auftrag zur Leitung der Kirche wird realisiert, indem die ApostelApostel Nachfolger bestimmt haben bzw. die Kirche Nachfolger der Apostel erkannt und benannt hat. Die Kirche hat die volle ApostolizitätApostolizität bewahrt, weil sie sich historisch auf die Apostel Jesu zurückbezieht, die Jesus selbst zur Leitung seiner Kirche eingesetzt hat. Die Bischöfe sind Nachfolger der Apostel und achten auf den Verbleib der Kirche bei ihrem apostolischen Ursprung. Diese personelle apostolische SukzessionSukzessionApostolische SukzessionApostolizitätApostolische Sukzession garantiert die bleibende Botschaft des EvangeliumsEvangelium. Ebenso wichtig ist die Gemeinschaft der Bischöfe untereinander. Es ist nicht nur die ununterbrochene Kette von Handauflegungen, um die es hier geht, sondern vordringlich um die Aufnahme jedes BischofsBischof in die Gesamtheit des Episkopats.

Das AmtAmt des BischofsBischof ist notwendig für die Existenz der Kirche und beruht letztlich auf göttlicher Einsetzung durch Jesus. „Wo der Bischof ist, da ist die Kirche“ (ubi episcopus, ibi ecclesia), legte bereits Cyprian$Cyprian von Karthago, gest. 258, Bischof, Kirchenvater von Karthago (gest. 258) fest.

Die Römisch-katholische Kirche ist ihrer Struktur nach eine bischöflich orientierte Kirche. Trotzdem haben auch die „Laien“ ihre Funktion in der Kirche. Als „Laie“ wird dabei jeder Gläubige verstanden, „mit Ausnahme der Glieder des Weihestandes und des in der Kirche anerkannten Ordensstandes.“ (LG 31) Die Laien sind dazu aufgerufen, „dafür zu wirken, dass der göttliche Heilsratschluss mehr und mehr alle Menschen aller Zeiten und überall auf der Erde erreiche.“ (LG 33)

Der Stand der Amtsträger, der KlerusKlerus, ist von den Laien qualitativ verschieden:

Der Amtspriester nämlich bildet kraft seiner heiligen Gewalt, die er innehat, das priesterliche Volk heran und leitet es; er vollzieht in der Person Christi das eucharistische Opfer und bringt es im Namen des ganzen Volkes Gott dar; die Gläubigen hingegen wirken kraft ihres königlichen Priestertums an der eucharistischen Darbringung mit und üben ihr Priestertum aus im Empfang der SakramenteSakrament, im Gebet, in der Danksagung, im Zeugnis eines heiligen Lebens, durch Selbstverleugnung und tätige Liebe. (LG 10)

Die geistliche Ordnung der KircheDer BischofBischof steht an der Spitze des geistlichen Amtes, das in sich dreigeteilt ist. Durch Handauflegung und Gebet wird der Bischof bei seiner WeiheWeihe zum Dienst der Verkündigung, zur Verwaltung der SakramenteSakrament und der Leitung seiner Diözese berufen und in die personell verstandene apostolische SukzessionSukzessionApostolische SukzessionApostolizitätApostolische Sukzession eingegliedert. Weil er in seiner Person Christus in der Gemeinde verkörpert (LG 22), ist sein AmtAmt sakramentaler NaturNatur. Die Amtsübertragung wird dadurch selbst zum Sakrament (Weihe). „Die Bischöfe leiten die ihnen zugewiesenen Teilkirchen als Stellvertreter und Gesandte Christi durch Rat, Zuspruch, Beispiel, aber auch in AutoritätAutorität und heiliger Vollmacht.“ (LG 27) Sie sind demnach „aufgrund göttlicher Einsetzung an die Stelle der ApostelApostel als Hirten der Kirche getreten […]. Wer sie hört, hört Christus, und wer sie verachtet, verachtet Christus und ihn, der Christus gesandt hat.“ (LG 20) Aufgrund ihrer Einsetzung verlangen die Bischöfe von den Gläubigen Gehorsam: „Die Gläubigen aber müssen mit einem im Namen Christi vorgetragenen Spruch ihres Bischofs in Glaubens- und Sittensachen übereinkommen und ihm mit religiös gegründetem Gehorsam anhangen.“ (LG 25) Allerdings haben die Gläubigen auch das Recht und die Pflicht, zur Willensbildung der Kirche beizutragen und sich an Diskussionen zu beteiligen.

Das AmtAmt des Priesters als zweite sakramentale Weihestufe entwickelte sich aus dem Presbyterium, das in der Alten Kirche den BischofBischof bei der Leitung einer größeren Ortskirche unterstützte. Der PriesterPriester wird vom Bischof geweiht und beauftragt. Er ist der Stellvertreter des Bischofs, wenn er den Hirtendienst in der Gemeinde am Ort wahrnimmt. Dazu heißt es in „Lumen Gentium“: „Die Priester haben zwar nicht die höchste Stufe der priesterlichen WeiheWeihe und hängen in der Ausübung ihrer Gewalt von den Bischöfen ab; dennoch sind sie mit ihnen in der priesterlichen Würde verbunden und kraft des Weihesakramentes nach dem Bilde Christi … zur Verkündigung der Frohbotschaft, zum Hirtendienst an den Gläubigen und zur Feier des GottesdienstesGottesdienst geweiht.“ (LG 28)

An dritter Stelle steht das AmtAmt des DiakonsDiakon, dessen WeiheWeihe die erste sakramentale Weihestufe bildet. Hier muss zwischen dem ständigen Diakonat und der zum Priesteramt führenden Weihestufe unterschieden werden, da der ständige Diakonat auch von verheirateten Männern ausgeübt werden kann, während die weiteren Weihestufen nur unverheirateten, zölibatär lebenden Männern vorbehalten sind. Der Diakon ist in erster Linie für karitative oder katechetische Aufgaben zuständig, kann aber auch liturgische Funktionen übernehmen. Die Diakone

dienen … dem Volke Gottes in der Diakonie der LiturgieLiturgie, des Wortes und der Liebestätigkeit in Gemeinschaft mit dem BischofBischof und seinem Presbyterium. Sache des DiakonsDiakon ist es, je nach Weisung der zuständigen AutoritätAutorität, feierlich die TaufeTaufe zu spenden, die EucharistieEucharistie zu verwahren und auszuteilen, der Eheschließung im Namen der Kirche zu assistieren und sie zu segnen, die Wegzehrung den Sterbenden zu überbringen, vor den Gläubigen die Heilige Schrift zu lesen, das Volk zu lehren und zu ermahnen, dem GottesdienstGottesdienst und dem Gebet der Gläubigen vorzustehen, Sakramentalien zu spenden und den Beerdigungsritus zu leiten. (LG 29)

Zusammenfassend zum Amtsverständnis stellte das II. Vaticanum fest:

Christus, den der Vater geheiligt und in die Welt gesandt hat, hat durch seine ApostelApostel deren Nachfolger, die Bischöfe, seiner eigenen WeiheWeihe und Sendung teilhaftig gemacht. Diese wiederum haben die Aufgabe ihres Dienstamtes in mehrfacher Abstufung verschiedenen Trägern in der Kirche rechtmäßig weitergegeben. So wird das aus göttlicher Einsetzung kommende kirchliche Dienstamt in verschiedenen Ordnungen ausgeübt von jenen, die schon seit alters Bischöfe, PriesterPriester, DiakoneDiakon heißen. (LG 28)

Diese Struktur gehört zum wahren Sein der Kirche, weshalb Kirchen, die eine solche Amtsstruktur nicht kennen, aus römisch-katholischer Sicht keine Kirchen im Vollsinn des Begriffs sind.

Den Amtsträgern, dem „KlerusKlerus“, ist also das Hirtenamt Jesu verliehen. Weil der Hirte anstelle Christi handelt, z.B. im Rahmen der Eucharistiefeier „in persona Christi“, muss er Christus gleichgestaltet sein. Weil Christus selbst außerdem nur Männer in den Dienst berief, können nur Männer zu Amtsträgern berufen werden.

Beide Feststellungen – gewichtiger dürfte der zweite Gedanke sein – verbieten also grundsätzlich die WeiheWeihe von Frauen. Allerdings ist hier auch in der Römisch-katholischen Kirche die Diskussion noch nicht am Ende [→ FrauenordinationFrauenordination].

Der Papst als Garant und Zeichen der EinheitDie Bischöfe bilden in ihrer Ortskirche, in der Diözese oder in dem Bistum, Christus als Haupt der Kirche ab. Sowohl in diesen Ortskirchen als auch aus ihnen besteht die Römisch-katholische Kirche als Weltkirche, deren Oberhaupt wiederum der Papst, der BischofBischof von Rom, bildet. Er steht an der Spitze des Episkopats, der Gesamtheit der Bischöfe, die gemeinsam das Kollegium der ApostelApostel symbolisieren.

Das Kollegium oder die Körperschaft der Bischöfe hat aber nur AutoritätAutorität, wenn das Kollegium verstanden wird in Gemeinschaft mit dem BischofBischof von Rom, dem Nachfolger Petri, als seinem Haupt, und unbeschadet dessen primatialer Gewalt über alle Hirten und Gläubigen. Der Bischof von Rom hat nämlich kraft seines Amtes als Stellvertreter Christi und Hirt der ganzen Kirche volle, höchste und universale Gewalt über die Kirche und kann sie immer frei ausüben. (LG 22)

Da der Episkopat der Einheit der KircheKircheEinheit der Kirche dient, muss er diese Einheit in sich selbst abbilden. „Damit … der Episkopat selbst einer und ungeteilt sei, hat [Jesus ChristusJesus Christus] den heiligen Petrus an die Spitze der übrigen ApostelApostel gestellt und in ihm ein immerwährendes und sichtbares Prinzip und Fundament der Glaubenseinheit und der Gemeinschaft eingesetzt.“ (LG 18) Auch hier zeigt sich der Analogiegedanke: Weil Christus als Person die Einheit der Kirche garantiert, muss auch in Analogie dazu eine Person (und nicht etwa ein Prinzip wie z.B. die Mehrheit der Bischöfe) die Einheit der Kirche sichern und repräsentieren. Diese historisch gewachsene Vorstellung wird dann mit biblischen Zitaten belegt. So werden Joh 21,15 und Mt 16,18 herangezogen, um die Bedeutung des Papstamtes zu belegen. Als Nachfolger des Petrus kann der Papst deshalb die AutoritätAutorität in der KircheAutoritätAutorität in der Kirche allein beanspruchen. Er ist „das immerwährende, sichtbare Prinzip und Fundament für die Einheit der Vielheit von Bischöfen und Gläubigen.“ (LG 23)

Bereits das I. Vatikanische KonzilKonzil / Konziliarismus stellte in seiner Dogmatischen Konstitution „Pastor Aeternus“ (PA) von 1870 klar, dass der römische Papst der Nachfolger des „heiligen Apostelfürsten Petrus“ sei und „wirklich der Stellvertreter Christi, das Haupt der ganzen Kirche, der Vater und Lehrer aller Christen“, dem von Christus durch Petrus die Vollmacht übergeben ist, „die gesamte Kirche zu weiden, zu regieren und zu leiten.“ (PA 10)

Die Vollmachten des PapstesUm seine Aufgabe als Garant der Einheit ausführen zu können, werden dem Papst zwei grundlegende Rechte zugesprochen:

Erstens besitzt er die höchste Rechtsgewalt in der Kirche, den Jurisdiktionsprimat. Dadurch kann er in die einzelnen Bistümer und die Befugnisse des Ortsbischofs eingreifen. Der Papst besitzt „über alle anderen Kirchen den Vorrang der ordentlichen Gewalt.“ (PA 11) Ihm gegenüber sind „die Gläubigen und die Hirten jeglichen Ritus und Ranges, und zwar sowohl einzeln wie in ihrer Gesamtheit, zu hierarchischer Unterordnung und zu wahrem Gehorsam verpflichtet.“ Das betrifft nicht nur „Fragen des Glaubens und des sittlichen Lebens“, sondern alles, „was zur Disziplin und zur Regierung der Kirche“ gehört (PA 11).

Zweitens kommt dem Papst in Fragen des Glaubens und der Moral Unfehlbarkeit (= Infallibilität) zu. Das bedeutet, wenn er

‚ex Cathedra‘ spricht, – das heißt, wenn er in Ausübung seines Amtes als Hirte und Lehrer aller Christen mit seiner höchsten Apostolischen AutoritätAutorität erklärt, dass eine Lehre, die den Glauben oder das sittliche Leben betrifft, von der ganzen Kirche gläubig festzuhalten ist, – dann besitzt er kraft des göttlichen Beistandes, der ihm im heiligen Petrus verheißen wurde, eben jene Unfehlbarkeit, mit der der göttliche Erlöser seine Kirche bei Entscheidungen in der Glaubens- und Sittenlehre ausgerüstet wissen wollte. Deshalb lassen solche Lehrentscheidungen des römischen Papstes keine Abänderung mehr zu, und zwar schon von sich aus, nicht erst infolge der Zustimmung der Kirche. (PA 21)

Die OffenbarungOffenbarung und das LehramtLehramtDie Dogmatische Konstitution „Dei Verbum“ (DV) des II. Vatikanischen KonzilsKonzil / KonziliarismusII. Vatikanisches Konzil von 1965 behandelt die Frage nach der OffenbarungOffenbarung. Die Offenbarung Gottes ist die Selbstmitteilung Gottes. Gott offenbart sich in Christus als die Liebe (DV 2). Christus ist deshalb der einzige und entscheidende Mittler zwischen Gott und den Menschen. Die Kirche bezieht sich aus diesem Grund immer auf Christus zurück und bleibt auf ihn angewiesen. Auf die Offenbarung Gottes in Christus antwortet die Kirche als Nachfolgerin der Jünger Jesu mit dem Glauben. Der Glaube der Kirche ist dem Geschehen der Offenbarung Gottes daher zwar nachgeordnet, gehört aber untrennbar als Wirkung der Selbstmitteilung Gottes zu dieser hinzu (DV 5).

Die persönliche Begegnung mit Gott, die durch die Kirche vermittelt wird, steht dabei im Vordergrund. Die Kirche bezeugt und vermittelt die OffenbarungOffenbarung Gottes in Jesus ChristusJesus Christus. In ihr begegnet Gott dem Menschen. Die BibelBibel enthält als „Heilige Schrift“ die Offenbarung Gottes. Sie ist wesentlicher Inhalt der kirchlichen Überlieferung und dient dieser gleichzeitig als Quelle der OffenbarungOffenbarungQuelle(n) der Offenbarung. Die Bibel ist das Zeugnis des von Gott berufenen Volkes, in dessen Raum, also in der Kirche, die Bibel zugleich Antwort auf Gottes Offenbarung wie auch Richtschnur der Kirche ist. Als geschriebenes Wort ist sie die Fortsetzung der mündlichen Predigt der ApostelApostel. Sie bildet die Grundlage und Orientierung der weitergehenden Verkündigungstätigkeit der Kirche. Zusammen mit der kirchlichen Überlieferung bildet sie das Wort Gottes, das der Kirche überlassen ist.

Das richtige Verständnis der Heiligen SchriftUm die Schrift richtig zu verstehen, muss man im römisch-katholischen Verständnis zunächst ihren inneren Zusammenhang beachten. Da das Heil des Menschen im Mittelpunkt der göttlichen OffenbarungOffenbarung steht, dient es auch als hermeneutisches Prinzip der Schriftauslegung. Die heilvolle Zuwendung Gottes zum Menschen gibt die Richtung der Auslegung jeder einzelnen Textstelle vor und führt zur „kanonischen Lektüre“, die alle Texte des Schriftkanons auf die Mitte des Christusgeschehens hin interpretiert. Deshalb bedarf das Schriftstudium letztlich des kirchlichen Kontextes, der den Rahmen des Verstehens setzt. Das KonzilKonzil / Konziliarismus erklärt dazu:

Da die Heilige Schrift in dem Geist gelesen und ausgelegt werden muß, in dem sie geschrieben wurde, erfordert die rechte Ermittlung des Sinnes der heiligen Texte, daß man mit nicht geringerer Sorgfalt auf den Inhalt und die Einheit der ganzen Schrift achtet, unter Berücksichtigung der lebendigen Überlieferung der Gesamtkirche und der Analogie des Glaubens. Aufgabe der Exegeten ist es, nach diesen Regeln auf eine tiefere Erfassung und Auslegung des Sinnes der Heiligen Schrift hinzuarbeiten, damit so gleichsam aufgrund wissenschaftlicher Vorarbeit das Urteil der Kirche reift. (DV 12)

Aufgabe aller Bibelausleger ist, die Vorarbeit für die Auslegung durch das LehramtLehramt zu leisten, dem allein die verbindliche Erklärung des geschriebenen oder überlieferten Wortes Gottes zusteht. Seine Vollmacht übt es im Namen Jesu ChristiJesus Christus aus und dient dem Wort Gottes. Da es das Wort Gottes „aus göttlichem Auftrag und mit dem Beistand des Heiligen GeistesHeiliger Geist voll Ehrfurcht hört, heilig bewahrt und treu auslegt“ (DV 10) lehrt es nichts, was nicht überliefert ist. Die „Heilige Überlieferung, die Heilige Schrift und das Lehramt der Kirche“ sind gemäß des weisen Ratschlusses Gottes so miteinander verknüpft, „daß keines ohne die anderen besteht und daß alle zusammen, jedes auf seine Art, durch das Tun des einen Heiligen Geistes wirksam dem Heil der Seelen dienen.“ (DV 10)

Die Heilige Schrift und das LehramtLehramtDas LehramtLehramt nimmt für sich in Anspruch, die letztverbindliche Kompetenz und AutoritätAutorität zur Bibelauslegung zu besitzen. Gleichzeitig betont es, dass die BibelBibel nicht allein die Grundlage der Glaubenslehre sein könne, sondern der harmonischen Ergänzung durch die Überlieferung bedarf, die wiederum wesentlich vom Lehramt selbst nicht nur definiert, sondern auch produziert wird. Das Lehramt beugt sich zwar unter das Wort Gottes. Das allerdings wird nur durch das Lehramt selbst vorgelegt und soll als von Gott geoffenbart geglaubt werden. Dies ist nur in der Heiligen Kirche, d.h. der Römisch-katholischen Kirche, möglich. Zusammengefasst heißt das: „Alles, was die Art der Schrifterklärung betrifft, untersteht letztlich dem Urteil der Kirche, deren gottergebener Auftrag und Dienst es ist, das Wort Gottes zu bewahren und auszulegen.“ (DV 12)

Die Heilige Schrift ist zwar die einzige und oberste Instanz der Kirche, kann aber nur durch die Kirche selbst ausgelegt werden. Losgelöst von der kirchlichen Gemeinschaft kann die BibelBibel nicht richtig verstanden werden. Interpretationen, die nicht von der kirchlichen Lehre gedeckt werden, können deshalb nicht kritisch gegen die Kirche ins Feld geführt werden. Das KonzilKonzil / Konziliarismus von TrientKonzil / KonziliarismusKonzil von Trient verurteilte in diesem Sinne in seinem Dekret über die VulgataVulgata-Ausgabe der Bibel und die Auslegungsweise der Heiligen Schrift eine solche Vorgehensweise. Niemand solle es wagen, „auf eigene Klugheit gestützt in Fragen des Glaubens und der Sitten, soweit sie zum Gebäude christlicher Lehre gehören, die heilige Schrift nach den eigenen Ansichten zu verdrehen“. Besonders aber sei verboten, die Schrift „gegen jenen Sinn, den die heilige Mutter Kirche festgehalten hat und festhält […] oder auch gegen die einmütige Übereinstimmung der Väter auszulegen.“ Nur der Kirche obliege die Aufgabe, „über den wahren Sinn und die Auslegung der heiligen Schriften zu urteilen.“ (DH 1507) Damit wird im Grunde jede „private“ Bibellektüre verboten – was dann erst 1965 mit „Dei Verbum“ wieder aufgehoben wurde.

Die Geschichte der Kirche bildet ihre TraditionTradition. Die Überlieferung des EvangeliumsEvangelium in der Kirche und durch sie gehört deshalb konstitutiv zur OffenbarungOffenbarung hinzu. Die TraditionTradition der KircheDie Überlieferung ist dabei als ein dynamischer Prozess zu verstehen: Die Kirche gewinnt durch den Heiligen GeistHeiliger Geist immer weitere Einsichten in das göttliche Wort und vervollständigt es somit.

Als Garant für die richtige Überlieferung des EvangeliumsEvangelium gilt dabei die personell verstandene apostolische SukzessionSukzessionApostolische SukzessionApostolizitätApostolische Sukzession. Die TraditionTradition wird im Laufe der Zeit aus der Lebenspraxis und Lehre der Kirche gebildet und als Vertiefung der Schrift angesehen. Die Heilige Schrift ist „Gottes Rede“, die Überlieferung gibt das Wort Gottes weiter. Es liegt also auf der Linie des dynamischen Verständnisses von OffenbarungOffenbarung, dass das Wort Gottes durch seine Vermittlung an Tiefe gewinnt und das LehramtLehramt immer wieder neu auf das Wort hören kann. Die Kirche bekommt ihre Lehren nicht nur aus der Schrift allein, sondern auch im dynamischen Prozess der Überlieferung (DV 9).

Die Überlieferung der OffenbarungOffenbarungUm die OffenbarungOffenbarung Gottes sachgemäß zu überliefern, sind im römisch-katholischen Verständnis mehrere Faktoren nötig. Zunächst steht die gesamte Kirche, auch die Laien, in der Pflicht, durch den ihr verliehenen Glaubenssinn das EvangeliumEvangelium festzuhalten. In Gemeinschaft mit dem bischöflichen LehramtLehramt sollen die Laien durch ihr Hören und Sagen die Überlieferung der christlichen Botschaft pflegen und ausbreiten. Im Zweifelsfall spricht allerdings das Lehramt der Kirche. Dem BischofBischof als Nachfolger der ApostelApostel ist unmittelbar die Verantwortung aufgetragen, das Evangelium weiterzugeben und auszulegen, wobei die letztendliche Verantwortung beim Bischof von Rom liegt. Dass die Kirche durch ihn unfehlbar die Schrift aus- und Lehren vorlegen kann, verdankt sie dem Heiligen GeistHeiliger Geist. Durch ihn will Gott der Kirche beistehen und ihr ermöglichen, seinen Heilswillen für die Welt zu realisieren. Um potenzielle Unklarheiten der biblischen Botschaft zu vermeiden, ist die Kirche als göttliches Werkzeug mit der Gewissheit ausgerüstet, ihre Auslegung autoritativ verbreiten zu können. Heilswahrheiten können daher den Gläubigen zum Gehorsam vorgelegt werden. Daher ist die Unfehlbarkeit des Lehramtes in der römisch-katholischen Vorstellung keine Anmaßung, sondern logische Konsequenz der Gnadengabe Gottes an seine Kirche.

Die AutoritätAutorität des Lehramtes in Glaubens- und SittenlehreDas LehramtLehramt besitzt nicht nur weitreichende Vollmachten in Bezug auf die Glaubenslehre, sondern untrennbar damit verwoben auch der Morallehre. Es hat die Aufgabe, den Gläubigen eine sichere Orientierung für deren Handeln an die Hand zu geben. Das ist gegenwärtig allerdings umstritten.

Papst Johannes Paul II.$Johannes Paul II., Pontifikat 1978–2005, römisch-katholischer Papst (Pontifikat: 1978–2005) diagnostizierte in der Enzyklika „Veritatis splendor“ (VS) von 1993 die Notwendigkeit, die Morallehre der Kirche zu festigen. Sie läuft

im heutigen Kontext Gefahr […], verfälscht oder verneint zu werden. Es ist nämlich eine neue Situation gerade innerhalb der christlichen Gemeinschaft entstanden, die hinsichtlich der sittlichen Lehren der Kirche die Verbreitung vielfältiger Zweifel und Einwände menschlicher und psychologischer, sozialer und kultureller, religiöser und auch im eigentlichen Sinne theologischer Art erfahren hat. Es handelt sich nicht mehr um begrenzte und gelegentliche Einwände, sondern um eine globale und systematische Infragestellung der sittlichen Lehrüberlieferung aufgrund bestimmter anthropologischer und ethischer Auffassungen. Diese haben ihre Wurzel in dem mehr oder weniger verborgenen Einfluss von Denkströmungen, die schließlich die menschliche Freiheit der Verwurzelung in dem ihr wesentlichen und für sie bestimmenden Bezug zur Wahrheit beraubt. So wird die herkömmliche Lehre über das Naturgesetz, über die Universalität und bleibende Gültigkeit seiner Gebote abgelehnt; Teile der kirchlichen Moralverkündigung werden für schlechthin unannehmbar gehalten; man ist der Meinung, das LehramtLehramt dürfe sich in Moralfragen nur einmischen, um die ,Gewissen zu ermahnen‘ und ,Werte vorzulegen‘ nach denen dann ein jeder autonom die Entscheidungen und Entschlüsse seines Lebens inspirieren wird. (VS 4)

Das LehramtLehramt lehnt es entschieden als Irrtum ab, aus dem Glauben eigenständig moralische Urteile entwickeln zu können. Glaube und Moral hängen vielmehr eng zusammen, sodass das Lehramt auch für die Morallehre zuständig ist:

Verbreitet ist auch der Zweifel am engen und untrennbaren Zusammenhang zwischen Glaube und Moral, so als würde sich die Zugehörigkeit zur Kirche und deren innere Einheit allein durch den Glauben entscheiden, während man in Sachen Moral einen Pluralismus von Anschauungen und Verhaltensweisen dulden könnte, je nach Urteil des individuellen subjektiven Gewissens bzw. der Verschiedenheit der sozialen und kulturellen Rahmenbedingungen. (VS 4)

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