Читать книгу DER COLT IST IHR GESETZ – Western-Sonderedition: Drei Romane und eine Kurzgeschichte - Glenn Stirling - Страница 11

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7. Kapitel

Mittlerweile war die Nacht über das Fort hereingebrochen. Als Major Stone die Tür seines Büros öffnete, schlug ihm undurchdringliche Finsternis entgegen.

»Kommt nur herein, Gents«, sagte er freundlich zu den beiden Reitern, die ihm folgten. »Ich mache sofort Licht. Und dann trinken wir miteinander ein Gläschen oder auch zwei. Es hat mich gefreut, die Bekanntschaft solcher Männer, wie Sie es sind, zu machen. Ich denke, von Ihrer Sorte sollte es im Westen viel mehr geben.«

Während er sprach, ging der Major tiefer in das dunkle Zimmer hinein. Das Präriefeuerzeug flammte in seiner Rechten auf, und der Docht der Petroleumlampe, die er vor sich hielt, fing Feuer. Er setzte den Zylinder auf die Lampe und stellte diese dann auf die blanke Platte des schweren Eichenholzschreibtisches.

»Well! Jetzt kommen wir zum angenehmeren Teil des Abends!«, lächelte der Major und strich mit der Rechten aufatmend über die graue Haarsträhne an seiner Schläfe.

»Ihr irrt euch alle ganz gewaltig!«, kam eine krächzende Stimme aus dem entferntesten Winkel des Blockhausbüros.

Eine hagere Männerfigur schob sich zögernd in den gelben Lampenschein. Der schwarze Lauf eines schussbereiten Revolvers blinkte matt.

Clint presste grimmig die Lippen zusammen. Major Stone zerknirschte einen Fluch zwischen den Zähnen. Nur Hal Wyman behielt sein freundliches Lächeln bei und meinte lässig und leise: »Ah, Mister Rick Reanow! Welche Freude!«

»Dir wird dein Grinsen gleich vergehen!«, fauchte Reanow wütend. »Versucht nur keine Dummheiten! Ihr denkt wohl, ihr hättet mich in eine Falle getrieben! Ihr irrt euch!« Er lachte höhnisch auf. »Ihr habt Shunter schnappen können – aber mich bekommt ihr nicht!«

»Sie vertrauen zu sehr auf Ihren Colt, Reanow!«, sagte Clint Farrox hart. »Sie werden das Fort nicht verlassen!«

»So?«, lachte Rick Reanow misstönend. »Das denkst du dir, mein Junge!«

»Was haben Sie vor?«, mischte sich der Major ein. Sein hartes Soldatengesicht war jetzt unbewegt, und seine Augen blickten den Verbrecher fest an.

»Major!«, knirschte Reanow mit glitzernden Augen. »Sie gehen jetzt hinaus und lassen das Tor öffnen. Außerdem stellen Sie dicht vor der Veranda das beste Pferd bereit, das Sie im Fort finden können. Ihre Leute befehlen Sie in die Unterkünfte, verstanden? Und wenn Sie dies alles nicht tun, oder wenn Sie versuchen, mir eine Falle zu stellen – dann werden es diese beiden Gents mit dem Leben bezahlen!«

Er ließ drohend den Revolverlauf von Clint zu Hal wandern und wieder zurück.

»Reanow!«, sagte der Major leise. »Das werden Sie noch bereuen!«

»Tun Sie es nicht, Major!«, rief Clint heftig.

»Du denkst wohl, ich drücke nicht ab, heh?«, fauchte der Bandit wild. »Du täuschst dich gewaltig!«

»Er hat recht!«, sagte Hal Wyman verächtlich. »Er wird abdrücken, Clint! Er hat auch damals abgedrückt, als er mit Shunter Carrolls Eltern niederschoss, die wehrlos waren.«

Eine Blässe huschte über Rick Reanows hageres Gesicht, als er diese Worte hörte.

»Los, Major!«, zischte er gehässig. »Gehen Sie! Und tun Sie das, was ich Ihnen gesagt habe! Ich warne Sie nochmals: Ich werde diese beiden Kerle hier zusammenschießen, wenn Sie mir eine Falle stellen wollen.«

Major Stone wandte sich der Tür zu. Sein kantiges Gesicht wirkte wie aus Stein gemeißelt.

»Gehen Sie nicht, Major!«, rief Clint.

»Doch!«, erwiderte der Offizier ruhig. »Ihrer beider Leben ist mehr wert als die Gewissheit, dass Reanow an einem Ast baumelt. Er wird seinem Schicksal nicht entgehen.«

Mit ruhigen, schweren Schritten ging der Fortkommandant auf die Tür zu. Er öffnete sie eben, als von draußen ein gellender Ruf erscholl.

»Haltet ihn auf! Er will fliehen!«

Ein Schuss krachte. Ein wilder Schrei ertönte. Das rasende Klopfen von Stiefeltritten war zu hören. Wieder krachte ein Schuss, zwei weitere folgten. Und dann schien förmlich die Hölle loszubrechen. Von allen Seiten gellten Männerstimmen durcheinander. Stiefel scharrten. Das nervöse Pochen von Pferdehufen war zu vernehmen. Es mischte sich mit dem schrillen Wiehern erschreckter Tiere. Und wieder krachten Schüsse.

»Shunter!«, stieß Reanow wild hervor.

Mit zwei schnellen Sätzen stand er neben Major Stone in der geöffneten Tür. Sein Colt jedoch war nach rückwärts auf Clint und Hal gerichtet. Das hagere Gesicht des Verbrechers wirkte grausam und voller Triumph.

»Jetzt werdet ihr uns beide nicht bekommen!«, schrie er höhnisch. Und dann drückte er ab!

Zweimal hintereinander brüllte seine Waffe auf. Dann zerklirrte die Petroleumlampe auf dem Schreibtisch, und wie ein niederfallender Vorhang senkte sich die Finsternis über den kleinen Raum.

Reanow hob den Colt, um ihn gegen den Kopf des Majors zu schmettern. Aber Stone kam ihm zuvor. Die Sekunde, die Reanow verloren hatte, um auf Clint Farrox und Hal Wyman zu feuern, raubte ihm die Chance der Flucht. Mit voller Wucht stieß der Major seine geballten Fäuste von unten her gegen Reanows Gesicht. Der Bandit taumelte zurück. Ehe er sich wieder gefasst hatte, hielt der Major seine Armeepistole in der Faust.

Und dann fraßen sich zur gleichen Zeit drei Mündungsfeuer grell und peitschend durch die Dunkelheit des Zimmers. Eines kam aus der Richtung, in der Reanow stand, das zweite schien aus der rechten Faust des Majors hervorzustechen, und das dritte blitzte neben dem Schreibtisch vom Boden her auf. In den Nachhall der drei Schüsse mischte sich ein langgezogenes Stöhnen. Dann folgte das schwere Aufschlagen eines menschlichen Körpers. Schritte durchquerten hastig den Raum. Wieder flammte ein roter Lichtpunkt auf und entzündete den Docht der Petroleumlampe, dessen Zylinder in tausend Scherben auf einem weichen Grizzlybärenfell lag.

Major Stone wischte sich den Schweiß von der Stirn und schob die Pistole in den Gürtel zurück. Er blickte auf die reglose Gestalt, die hart am Rande des gelben Lichtscheines am Boden lag. Die rechte Faust Rick Reanows umkrampfte noch immer den schussbereiten Colt.

»Das war knapp, nicht wahr?«, sagte eine harte Stimme dicht neben dem Major.

Clint Farrox kniete neben dem Schreibtisch und richtete sich jetzt voll auf. Aus seinem Colt kräuselte noch graublauer Rauch. Über seine linke Schulter lief ein blutiger Riss. Dort hatte ihn Reanows Kugel gestreift, als er sich blitzschnell fallen gelassen hatte.

Dann schauten Clint und der Major gleichzeitig auf Hal Wyman. Der lag reglos auf der anderen Schreibtischseite. Clint wurde bleich.

»Mein Gott! Reanow hat ihn erwischt!«

Er trat hastig neben ihn und kniete nieder. Der Major sah über seine Schulter. Wymans rechte Kopfhälfte war blutverschmiert und Blut sickerte über das schwarze Haar auf den Bärenfellteppich.

»Ich hole sofort einen Arzt!«, stieß der Major hervor.

Ehe er sich entfernen konnte, schlug Hal die Augen auf, tastete an seinen Kopf und richtete sich dann mit einem leisen Ächzen auf. Seine Lippen verzogen sich zu einem schwachen Lächeln.

»Scheint, ich habe Glück gehabt, Männer, was?«

Clint war es, als würde eine große Last von seinem Herzen gewälzt.

»Das kann man wohl sagen, Amigo!«, erklärte er trocken. »Ich dachte schon, der große Manitu habe dich abgerufen!«

Hal schüttelte benommen den Kopf.

»Mir langt dies!«, murrte er. »Es ist zwar nur ein Streifer – aber er brennt wie die Hölle.«

Clint half ihm, als er versuchte, sich aufzurichten. Etwas unsicher lehnte er sich gegen die Schreibtischkante.

»Ich hab’ also doch rasch genug reagiert, als ich sah, dass der Schuft feuern wollte!«, murmelte Hal voller Genugtuung. »Wenn auch nicht rasch genug, um gar nichts von Mister Reanows Schießkünsten zu spüren zu bekommen.«

»Tröste dich, Hal, ich bin auch nicht ganz heil geblieben«, lächelte Clint grimmig und wies auf die blutende Furche an seiner linken Schulter.

»Ja, der Doc wird Arbeit bekommen!«, grinste Hal breit.

Dann riss er plötzlich den Kopf hoch.

»Was ist mit Shunter?«

Erst jetzt fiel es den beiden anderen wieder ein, dass es ja anscheinend die Flucht Perry Shunters gewesen war, die Rick Reanow zu seinem überraschenden und wilden Handeln bewogen hatte. Aber wie war das möglich? War Shunter wirklich geflohen? Und war er entkommen?

Major Stone erreichte zuerst die Tür. Clint und Hal traten hinter ihm auf die Veranda hinaus. Beide hatten ihre Verletzungen vergessen.

Über dem Fort lag eine fahle Helligkeit, die alles – wenn auch etwas undeutlich – sichtbar machte.

Soldaten liefen hin und her, dazwischen mischten sich die Männer von der Karawane. Eine Gruppe Kavallerie war bereit, loszureiten. Und ein breiter, stämmiger Mann mit wirrem Rothaar unter dem Hut kam mit eiligen Schritten auf das Kommandantur-Blockhaus zu. Es war Captain O’Hara.

Vor den Verandastufen blieb er stehen, legte die Rechte an den Hutrand und schlug knallend die Hacken zusammen. Sein breites Gesicht war leicht gerötet und drückte grimmige Erregung aus.

Major Stone beugte sich mit funkelnden Augen vor.

»Major! Der Kerl ist geflohen!«

»Erzählen Sie, Captain!«

Rasch sprudelten die Worte über die Lippen des rothaarigen Offiziers.

»Sir, Sie gaben doch Miller und Jefferson den Auftrag, den Verbrecher ins Arrestlokal zu bringen. Well, der Bursche schien noch bewusstlos zu sein. Aber das täuschte der Halunke nur vor. Dicht vor dem Jail riss er sich los, schlug Miller nieder und entriss Jefferson die Pistole. Dann rannte er quer über den Hof auf die Pferde neben den Planwagen zu. Alles geschah so überraschend, dass niemand eingreifen konnte, ehe er bereits auf einem Gaul saß. Die Schüsse, die ihm dann galten, verfehlten ihr Ziel.«

Der Major zog finster die Augenbrauen zusammen.

»Ich habe doch befohlen, das Tor zu schließen, Captain!«

»Richtig!«, nickte Captain O’Hara. »Der Befehl wurde ausgeführt, Sir. Corporal Milligan war eben dabei, das Tor zu schließen, als dieser verdammte Shunter auf dem gestohlenen Pferd zu entkommen suchte. Das Tor stand noch einen Spalt breit offen, und der Bandit galoppierte wie ein Verrückter darauf zu. Er hat zufällig eines der besten Pferde erwischt.«

»Und?«, fragte Major Stone drängend.

»Well!« Der Captain zögerte. Dann brach es grimmig aus ihm hervor: »Milligan wollte sich ihm in den Weg stellen. Er schoss auf ihn und verfehlte ihn. Dafür traf Shunters Kugel umso besser. Corporal Milligan ist tot, Sir! – Und der Mörder ist entwischt.«

Major Stones Zähneknirschen war deutlich zu hören.

»Er darf nicht entkommen!«, rief Clint Farrox in ausbrechender Heftigkeit. »Wir müssen hinter ihm her!« Er dachte an die lange Fährte, die hinter ihm und Hal lag. Er dachte an die Aufgabe, die er sich selbst gestellt hatte. Und er wollte nicht, dass alles nur halb zu Ende geführt worden sei.

»Meine Männer sind zum Losreiten bereit!«, erklärte Captain O’Hara schnell. »Ich wollte eben nur noch um Ihre Erlaubnis fragen, Sir, ob wir…«

»Reiten Sie, Captain!«, befahl der Major hart. »Reiten Sie und bringen Sie diesen Schurken tot oder lebendig zurück!«

Ohne eine Sekunde zu verlieren, drehte sich Captain O’Hara ruckartig ab und eilte auf die Kavalleristen zu, die bereits in den Sätteln saßen und auf ein Kommando warteten.

»Ich komme mit!«, murmelte Clint entschlossen und wollte dem Captain folgen.

Der Major hielt ihn zurück.

»Bleiben Sie, Mister Farrox!; Es hat keinen Sinn. Sie müssen sich Ihre Wunde verarzten lassen, wie auch Mister Wyman. Verlassen Sie sich darauf, meine Herren, Captain O’Hara wird sein Möglichstes tun. Er ist mein Stellvertreter im Fort und der beste Offizier, der jemals unter meinem Kommando ritt.«

Die Kavallerieabteilung mit O’Hara an der Spitze hatte sich in Bewegung gesetzt. Das Hufewirbeln tönte hart und wild auf dem harten Boden, als die Reiter tiefgeduckt zum offenen Tor hinausjagten – in die weite, mondbeschienene Prärie hinein…

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