Читать книгу DER COLT IST IHR GESETZ – Western-Sonderedition: Drei Romane und eine Kurzgeschichte - Glenn Stirling - Страница 7

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3. Kapitel

Josua Keeney, Carroll Keeneys Onkel, war ein großer, knochiger Mann mit einem buschigen, pechschwarzen Schnurrbart. Er war der Schmied von Thunderville, und sein Haus und seine Werkstatt lagen ganz am Ende der breiten Straße. Er war maßlos verblüfft, als seine Nichte mitten in der Nacht mit den beiden fremden Reitern auftauchte, die am vergangenen Tage im Calumet-Saloon von sich sprechen gemacht hatten.

Seine Überraschung wandelte sich jedoch in, tiefste Erschütterung, als er von dem gemeinen, brutalen Verbrechen erfuhr, das sich draußen auf der einsamen Prärie abgespielt hatte. Clint Farrox und Hal Wyman erhielten von ihm ein freundliches, kleines Zimmer zugewiesen, in dem sie die Nacht verbringen konnten. Sie berücksichtigten die Gefühle der beiden Keeneys und zogen sich, sobald es möglich war, in dieses Zimmer zurück.

Bald darauf lagen sie auf den weichen Felllagern, die ihnen der schnurrbärtige Schmied aufgestapelt hatte. Die Dunkelheit hockte undurchdringlich in dem kleinen Raum, und die Nacht war schon weit vorgeschritten. Trotzdem fanden die Freunde lange keinen Schlaf.

»Was werden wir morgen tun, Hal?«, fragte Clint Farrox leise.

»Weiterreiten, oder nicht? Wir haben noch einen weiten Weg vor uns bis zum Pikes Peak.«

»Hmm, ich weiß.«

»Du denkst an das, was draußen auf der Prärie geschah, nicht wahr, Clint?«, kam die verhaltene Frage Hal Wymans.

Clint lag auf dem Rücken. Seine Augen waren geöffnet und starrten in schweren Gedanken zur schwarzen Decke empor.

»Du hast recht!«, erwiderte er. »Es geht mir nicht aus dem Kopf.«

»So ist nun mal der Westen!«, meinte Hal rau. »Und hier westlich der Forts und Siedlungen gibt es nur ein Gesetz: das Gesetz des Stärkeren! Sicher, Burschen wie Perry Shunter gehörten an den nächsten Ast geknüpft. Aber wer macht sich schon die Mühe, sie zu stellen, wenn es nicht ihn selbst betrifft? Es gibt hier keinen Sheriff oder Marshall, der solch einem Verbrecher, das Handwerk legen könnte.«

»Das ist es ja eben!«, sagte Clint mit jäher Heftigkeit. »Das ist es, was mir keine Ruhe lässt. Gäbe es einen Vertreter des Gesetzes in diesem Ort, dann würde ich zu ihm gehen und Anzeige gegen Shunter erstatten. Das übrige wäre dann Sache des Sheriffs oder Marshalls. Aber so? Shunter ist ungehindert mit seinem Komplizen Rick Reanow entkommen. Niemand wird ihn verfolgen. Der Mord an Carroll Keeneys Eltern bleibt ungesühnt… Und Shunter ist bestimmt nicht der Mann, der nunmehr auf den rechten Pfad zurückkehrt.«

Hal Wyman setzte sich auf. Er beugte sich in der Finsternis zu Clint herüber.

»Clint, was soll das bedeuten? Du machst dir zu viele Gedanken darüber! Du kannst daran nichts ändern. Das ist nun einmal so!«

»Du irrst dich, Hal!«, widersprach der blonde Weidereiter aus Texas ruhig. »Man kann es immer ändern! Man muss nur selber dafür eintreten!«

»Soll das heißen…«

Clint Farrox unterbrach die erregte Frage seines neuen Freundes. »Ja, Hal! Ich werde Shunters Fährte aufnehmen. Morgen, sobald es Tag wird, reite ich. Die Mörder haben das ganze Geld geraubt, das die Keeneys besaßen. Carrolls ganze Zukunft ist vernichtet. Ihr Onkel, Josua Keeney, ist kein reicher Mann. Auch er rechnete darauf, mit seinem jetzt ermordeten Bruder, mit einer neuen Ranch eine neue Zukunft zu gründen. All das haben Shunter und Reanow durch ihre Bluttat zunichte gemacht. Hal, wir zwei sind ein unschlagbares Kampfteam. Wir könnten es schaffen, für Carrol und Josua Keeney die geraubten achttausend Dollar zurückzuholen.«

Eine Minute tiefen Schweigens hing im dunklen Zimmer.

Dann sagte Hal Wyman: »Und das Gold? Das Gold am Pikes Peak? Clint, der halbe Westen ist im Aufbruch und zieht dorthin! Dort liegt unsere Zukunft, Clint! Sollen wir sie nicht beachten, die Chance, die uns dort winkt?«

»Ich habe daran gedacht, Hal!«, sagte Clint Farrox schwer. »Und ich weiß, dass wir beide Burschen sind, denen ein Ledersäckchen voll Nuggets gewaltig weiterhelfen würde. Aber ich hätte keine Ruhe auf den Goldfeldern. Immer würde ich das bleiche Gesicht Carroll Keeneys vor mir auftauchen sehen. Hal, ich sage dir: Ich werde reiten – ob du nun mitkommst oder nicht! Shunter und Reanow rechnen mit keinen Verfolgern. Wir können sie vielleicht schon bald fassen – und dann steht uns der Weg nach Colorado noch immer offen!«

In seiner leisen Stimme schwang stählerne Entschlossenheit mit. Irgendetwas Neues, von dem er selber bisher keine Ahnung hatte, war in Clint Farrox aufgewacht. Der tonlose Klang von Carroll Keeneys Worten lag noch in seinen Ohren. Das Schicksal des einsamen Mädchens stand deutlich vor ihm. Es waren die Gedanken und Entschlüsse dieser finsteren Nacht, die einen Grundstein für die neue Linie in Clints Leben legten!

»Ich verstehe dich kaum, Clint!«, sagte Hal Wyman verwundert aus der Dunkelheit. »Es ist, als wäre etwas Fremdes in dich gefahren, als wärest du von einem unbekannten Etwas besessen! Willst du die Verfolgung tatsächlich aufnehmen?«

»Natürlich, Hal! Das will ich!«, antwortete Clint fest und entschieden.

»Well, Amigo!« Ein schwaches Lächeln war aus Hals Worten zu hören. »Dann kann ich dich natürlich nicht alleine reiten lassen. Das ist klar!«

»Ich danke dir, Hal!«, sagte Clint leise.

Es waren für diese Nacht die letzten Worte, die die undurchsichtige Schwärze des kleinen Schlafgemaches durchdrangen.

DER COLT IST IHR GESETZ – Western-Sonderedition: Drei Romane und eine Kurzgeschichte

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