Читать книгу DER COLT IST IHR GESETZ – Western-Sonderedition: Drei Romane und eine Kurzgeschichte - Glenn Stirling - Страница 21
Оглавление17. Kapitel
Als sich Clint Farrox durch die Dunkelheit dem Tannenwäldchen näherte, in dem das Camp der Madding-Bande lag, tauchte plötzlich vor ihm, wie aus dem Boden gewachsen, eine Männergestalt auf. Ein Gewehrlauf blinkte matt in dem unsicheren Licht, das die Sterne über das Tal warfen.
»Halt! Wohin willst du?«
»Zu Harvey Madding!«, erwiderte Clint ungerührt.
Der Wachtposten trat näher an ihn heran.
»Ah, du bist es, Fremder! Hast du dich endlich besonnen und willst Maddings Angebot annehmen? Du kommst aber reichlich spät, Boy. Es geht schon auf Mitternacht zu.«
»Es ist aber noch ziemlich lebendig hier!«, sagte Clint und wies mit einer Handbewegung auf die erleuchteten Blockhausfenster.
»Sicher!«, nickte der Wächter. »Ist nur schade, dass immer einer Wache stehen muss.«
»Nur einer?«, fragte Clint wie erstaunt.
»Natürlich!«, antwortete der Bandit großspurig. »Denkst du denn, wir hätten Angst vor den schmutzigen Maulwürfen dort drüben?« Er deutete zum Camp New Hope hinüber.
»Dann ist es ja gut!«, sagte Clint gleichmütig.
»Warum?« Der Bandit riss verblüfft die Augen auf.
»Darum!«, sagte Clint und schmetterte seine Rechte mit einem wohlgezielten Haken gegen das ungedeckte Kinn des Mannes. Der Wachtposten sackte ohne einen Laut von sich zu geben, zusammen.
Clint wandte sich um und stieß einen leisen und kurzen Pfiff aus. Hinter ihm wurde es plötzlich in der Dunkelheit lebendig. Die geduckten Gestalten schleichender Männer tauchten auf. Ab und zu blinkten Revolver- und Gewehrläufe matt auf. Dicht neben Clint stand der große, kräftige Shorthill.
»Schöne Arbeit!«, grinste er und wies mit einem Kopfnicken auf den bewusstlosen Wächter, der eben von zwei Diggern lautlos und rasch gefesselt und geknebelt wurde.
»Was nun?«, fragte Old Tom Price von der anderen Seite.
»Umzingelt das Camp so leise es geht«, wies Clint die Digger an. »Ich gehe inzwischen zu Madding.«
»Zu Madding?«, rief Shorthill bestürzt.
»Gewiss!«, nickte Clint knapp. »Wenn ihr einen Schuss hört, dann greift an. Schießt aber nur, wenn es tatsächlich erforderlich ist. Denkt an die Worte Richter Longfields. Es gibt zwar noch kein offizielles Gesetz in diesem wilden Land. Wir sind die ersten, die in diesem Tal für Gerechtigkeit sorgen. Niemand soll uns später vorwerfen können, unrechtmäßig gehandelt zu haben.«
Ohne eine Entgegnung abzuwarten, setzte sich Clint Farrox in Bewegung und ging geradewegs auf die Blockhäuser zu.
Als er in den Lichtschein trat, der aus den schmalen Blockhausfenstern auf den freien Platz zwischen den Hütten fiel, wurde er von der Seite angerufen.
»Hallo, Fremder, was willst du hier?«
»Ich suche Madding!«, antwortete Clint ruhig. »Ich komme wegen seines Angebots.«
»Ach so! Du bist der Boy, den der Boss in unseren Verein aufnehmen will!«, lachte der Mann beruhigt. »Well, dort drüben steht Maddings Hütte. Er wird zwar nicht erfreut sein, wenn du noch um diese Zeit…
Ehe der Bandit zu Ende reden konnte, hatte sich Clint schon abgewandt. Er ging geradewegs auf das bezeichnete Blockhaus zu. Vor der massiven Balkentür blieb er stehen. Aus dem Innern war deutlich, die Stimme eines Mädchens oder einer jungen Frau zu hören. Die Worte, die Clint vernahm, waren wild, zornig und leidenschaftlich.
»Wie lange willst du noch warten, Harvey? Mir reicht es jetzt! Du hast versprochen, Harvey, mich reich zu machen. Nur deshalb bin ich mit dir gegangen. Wo bleibt denn der Reichtum? Wo bleiben der Luxus und das schöne Leben, das du mir versprochen hast?«
Harvey Maddings Antwort klang gedämpft: »Beruhige dich doch, Betty! Wir warten noch etwa zwei Wochen, dann schlagen wir los. Dieses New Hope wird in Flammen aufgehen, und das Gold, das die Digger aus der Erde wühlten, wird unser sein!«
»Zwei Wochen noch! Ich halte das nicht mehr aus!« Die Mädchenstimme steigerte sich noch.
»Nun sei nicht so ungeduldig, Darling!« Maddings Stimme wurde schärfer. »Glaubst du etwa, es macht mir Spaß, hier herumzusitzen? Aber warte ab! In einigen Wochen sind wir in St. Louis oder gar in New Orleans. Und dann werden wir uns ein feines Leben machen…«
Madding begann seine Zukunftspläne ausführlich zu erörtern, die er mit Hilfe des geraubten Goldes in die Wirklichkeit umsetzen wollte. Das Mädchen war verstummt und hörte ihm anscheinend ruhig zu. Clint schüttelte grimmig den Kopf. Richter Longfield hatte recht gehabt! In dieser Frau steckte der Teufel! Sie war es, die die Raffsucht und Brutalität des Bandenführers nicht zur Ruhe kommen ließ. Doch dann verscheuchte Clint diesen Gedanken. Er dachte an die Digger, die bereits rings um das Banditencamp verstreut sein mussten. Laut und deutlich klopfte er an die Tür. Er blieb stehen, bis sie geöffnet wurde. Das harte, kantige Gesicht Harvey Maddings kam zum Vorschein.
»Hallo! Was wollen Sie noch so spät, Fremder?«
»Ich komme wegen Ihres Angebots!«, antwortete Clint ruhig und tippte grüßend an den aufgebogenen Rand seines Stetsons.
»Ah, ja!« Madding grinste schwach. »Sie kommen reichlich spät, Fremder. Well, kommen Sie trotzdem herein, wir werden es gleich erledigt haben.«
Er ließ Clint eintreten. Neben einem runden Tisch, auf dessen Platte eine halbleere Flasche und zwei Gläser standen, lehnte das Mädchen, dessen wilde, zornige Stimme Clint Farrox vorher gehört hatte. Sie sah bezaubernd aus. Ihr Gesicht war schmal und von einer rassigen Schönheit. Der volle, rote Mund lächelte Clint verhalten an, und das Kleid, das sie trug, betonte ihre schlanke, reizvolle Gestalt.
»Guten Abend, Madam!«, sagte Clint und zog höflich den Hut.
»Das ist der neue Mann meiner Mannschaft«, lachte Madding hinter ihm. »Sein Name ist… Oh, ich kenne Ihren Namen noch gar nicht!«
»Farrox!«, lächelte Clint leise. »Clint Farrox!«
»Well, Mister Farrox, nehmen Sie doch Platz!«, forderte sie ihn freundlich auf.
Während Clint noch ihr gewinnendes und sanftes Lächeln betrachtete, begriff er, dass diese junge Frau, die sich Betty Loudson nannte, gefährlich war wie eine Raubkatze.
»Danke, Madam!«, winkte Clint ab. »Ich bleibe lieber stehen. Es wird nämlich nicht lange dauern.«
Er drehte sich Harvey Madding zu, der groß und kräftig vor ihm stand und dessen Augen in kalter Erwartung auf ihn gerichtet waren.
»Nun, Farrox, Sie haben sich also doch entschlossen mitzumachen. Das ist vernünftig von Ihnen. Ich wusste ja…«
»Sie irren sich Madding!«, sagte Clint gleichmütig.
Der Bandenführer zog die Augenbrauen zusammen.
»Was soll das heißen?«
»Das heißt, dass ich nicht auf ihr Angebot eingehe!«
»Sind Sie verrückt geworden, Farrox? Sie kommen mitten in der Nacht zu mir, um mir zu sagen, dass Sie mein Angebot ablehnen?«
»Sicher!«, nickte Clint mit einem dünnen Lächeln. »Aber eigentlich bin ich aus noch einem anderen Grunde zu Ihnen gekommen, Madding.«
»Aus einem anderen Grunde?«
»Ja! Und zwar möchte ich Ihnen sagen, dass die Goldgräber beschlossen haben, heute Nacht über Ihr Camp herzufallen. Sie haben eine Vigilantentruppe gebildet und einen neuen Mann als Anführer gewählt. Sie sind zu allem entschlossen und bereits unterwegs.«
Eisige Kälte lag plötzlich auf Harvey Maddings Gesicht.
»Verdammt!«, zischte er wild. Dann klopfte er Clint mit einem grimmigen Lächeln auf die Schulter. »Sie scheinen sich also doch auf unsere Seite zu stellen, Farrox. Well, Sie sollen das nicht umsonst getan haben. Ich werde an Sie denken, wenn…«
»Sie irren sich abermals, Madding!«, erklärte Clint ruhig. »Ich habe nämlich vergessen, Ihnen zu sagen, dass ich der neue Anführer der Vigilanten bin.«
Er hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als er seinen Colt in der Faust hielt und die Mündung auf den Bauch des jäh erbleichenden und überraschten Verbrechers hielt.