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I.

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Am Anfang waren mythos und logos ihrer Bedeutung nach eins. Beide konnten das volle Spektrum der lateinischen Termini oratio „Rede, Ausspruch, (wahre oder falsche) Erzählung“ und ratio „Gedanke, wohlbegründete Darlegung“ abdecken. Diese ursprüngliche Verbundenheit des im homerischen Griechisch vorherrschenden mythos und des erst bei den Lyrikern, Vorsokratikern und frühen Historikern als statistisch gleichwertig etablierten logos führt zu einem für manchen wohl befremdlichen Befund: Noch in Platons Zeiten bleiben beide Begriffe – zumindest in poetischem Sprachgebrauch – austauschbar.5 In einem Fragment Demokrits heißt es: „Ein Mensch wahrer mythoi, nicht vieler logoi muss man sein.“6 Doch hatte sich im 5. Jahrhundert v. Chr. durchaus eine Differenzierung eingestellt, die den Weg zu der spätestens bei Platon explizit greifbaren Konfrontation beider Darstellungsweisen bahnte7: Dieser Weg führt über so unterschiedliche Autoren wie Pindar und Herodot: Der Chorlyriker formuliert in einer seiner poetologischen Reflexionen über die Macht des Wortes: „Ja, wunderbar ist viel, doch als Menschen-/gerede (brotōn/phatis) den wahren logos (,Gehalt‘) übertrumpfend/mit buntem, verfremdendem Aufputz/betrügen die mythoi (,Geschichten/Märchen‘)“ (Pindar, Ol 1, 44–47) und fügt andernorts lapidar hinzu: „Kunst (sophia) aber betrügt, indem sie durch mythoi verführt“ (Pindar, Nem 7, 32–34). Der Historiker setzt an einer Stelle seines ägyptischen logos (Geschichtsdarstellung) die „einfältige Legende“ (euēthēs mythos) von Herakles, der in Ägypten beinahe als Menschenopfer geendet hätte, vom logos (Überlieferung) über wirkliche Opferriten der Ägypter auch terminologisch deutlich ab (Herodot 2,45/47).

Wenn Platon nun die Vokabeln mythos und logos so wenig einheitlich und so trickreich verwendet, dass sich mancher Interpret in ein Verwirrspiel verwickelt sieht8, so kann er sich dabei auf den komplexen Erwartungshorizont seiner Leser stützen, der durch die intrikate Bedeutungsgeschichte der Begriffe bedingt ist.

Platon als Mythologe

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