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DIE WIEDERKEHR DES MYTHOS ZUR FUNKTION DES MYTHOS IN PLATONS DENKEN UND IN DER PHILOSOPHIE DER GEGENWART1
ОглавлениеTheo Kobusch
Vom Mythos soll hier aus der Sicht der Philosophie die Rede sein. Der Leser erwartet zu Recht kein Märchen, sondern eine vernünftige Rede, einen Logos. Wir gehen, so scheint es, schon immer von diesem Gegensatz zwischen Mythos und Logos aus. Es gibt ihn schon lange, aber es gab ihn nicht immer. Populär ist diese Antithese geworden – das ist eine widerlegbare Vermutung – durch Wilhelm Nestle, der in seinem 1940 erschienenen Buch „Vom Mythos zum Logos“ den Gegensatz folgendermaßen charakterisiert: Die mythische Vorstellung, die ihrem Wesen nach bildhaft ist, schafft und gestaltet aus dem Unbewussten und glaubt an die magische Wirkung kultischer Handlungen. Der Logos dagegen, der wesenhaft begrifflich ist, zergliedert und verbindet bewusst. Vom Mythos zum Logos geht der Weg der Griechen, d.h. von der Unmündigkeit zur Mündigkeit des Geistes.2 Gerade die letzten Begriffe zeigen, woher dieser Gegensatz kommt: aus der Aufklärung. Tatsächlich hat die Aufklärung die Mythen als erste Quelle der Irrtümer begriffen und dadurch den Protest der Romantik hervorgerufen, nach der das Wesen des Mythos auf diese Weise zutiefst verkannt werde.