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Auszeichnung im Internat

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Eines Tages, als ich noch im Internat wohnte, forderte mich der Leiter am Anfang des Appells auf, aus der Reihe nach vorne zu treten und mich direkt vor ihm hinzustellen. Als ich seinen Befehl ausführte, überlegte ich, wieso ich nun bestraft werden sollte, wenn ich nichts angestellt hatte. Das war das erste Mal, dass ich im Laufe des Appells wie beim Militär aus der Reihe gerufen wurde. Die anderen schauten mich mit Mitleid an. Sie waren sich bewusst, was es bedeuten kann, wenn jemand nach vorne treten muss.

Der Leiter hatte aber gar nicht vor, mich zu bestrafen. Zu meinem großen Erstaunen und netter Überraschung stellte er nachdrücklich fest, dass ich der intelligenteste Bewohner des Internats war. Die Kollegen spendeten mir lauten Beifall, und ich konnte erleichtert in die Reihe zurückkehren. Die Kameraden lächelten mich mit Anerkennung an. Auch der Leiter selbst schaute mich respektvoll an und sagte etwas darüber, warum er gerade mich auszeichnete, aber er erklärte das nicht genau. Vielleicht wollte er allen zu verstehen geben, dass ich sowohl schlau als auch geheimnisvoll war? Wir wurden keinen Intelligenztests unterzogen. Daher waren wir alle überrascht. Warum zeichnete mich der Leiter so spontan aus heiterem Himmel aus? Wie beeindruckte ich ihn so nachhaltig? Die Antwort dafür bekam ich nie, weil ich nicht wagte, den Vorgesetzten genauer zu fragen.

Mit dem Leiter des Internats führte ich manchmal interessante Diskussionen über die Geschichte. Da ich künstlerisch begabt war, leitete ich die Gruppe, die sich mit Schmiedekunst beschäftigte, und machte verschiedene Plakate für die Schule. Das konnte auch dazu beitragen, dass er mir diese Auszeichnung auf dem Appell erteilte. Ich glaube aber, dass unsere Gespräche in Hinblick auf diese Auszeichnung ausschlaggebend waren, da er, keine anderen Gesprächspartner hatte, die seinen Erwartungen gerecht wurden. Genauso wie ich war er ein Mensch mit vielfältigen Interessen und wollte seine Meinung mit jemandem teilen. Wahrscheinlich durchschaute er bei diesen Gesprächen meine Seele und kam zur Schlussfolgerung, dass ich eine interessante Persönlichkeit hatte, die ich entwickeln sollte. Schade, dass er das nicht erwähnte. Wahrscheinlich hatte er die Erfahrung gemacht, dass solche Aussagen kaum etwas bringen würden.

Mehrmals im Leben hörte ich die Leute sagen, dass ich ein besonders intelligenter Mann war. Mir war das aber nie sehr wichtig. Als ich jung war, wusste ich ehrlich gesagt gar nicht genau, was es bedeutete, intelligent zu sein. Das fasste ich mehr als ein Kompliment auf als für eine Gabe Gottes, die ich erfolgreich zur Anwendung bringen konnte. Eine Zeitlang wusste ich gar nicht, dass Intelligenz eine der Gaben war, die man in sich wachsen lassen sollte. Auch wenn mich Gott mit dieser Gabe gesegnet hatte, so war meine Intelligenz unter einer dicken Schicht von Ignoranz und Unglauben verborgen. Auch wenn ich daran geglaubt hätte, dass ich intelligent war: Was hätte mir das gebracht? Hätte ich mein Leben anders geführt? Intelligenz alleine reicht nicht aus. Die Intelligenz in Anwendung bringen zu können – das ist schon etwas. Intelligenz ist die Fähigkeit zu denken. Wenn man sie nicht fruchtvoll in die Tat umsetzt, bleibt sie in uns nutzlos verborgen.

Wenn man schon weiß, dass man intelligent ist, fällt es aber viel einfacher, diese Begabung zu verwenden. Dazu muss man etwas Willenskraft haben und konsequent danach streben. Man muss stets lernen, eigene Interessen zu wahren. Dazu braucht man einen Lehrer. Ich hatte leider nie einen Meister, der mich durchs Leben geführt hätte. Kein Wunder, dass ich das mir von Gott geschenkte riesige Potential in der Vergangenheit durch übermäßigen Alkoholkonsum vergeudete. Ich vernachlässigte dieses Potential ganz und gar, weil ich nicht auf die Anreize achtete, die mich zum besseren Leben führen konnten. Sie kamen aus tiefen Abgründen meiner Seele her, aber mein Bewusstsein konnte sie nicht wahrnehmen. Es mussten viele Jahre vergehen, bis ich endlich anfing, die mir geschenkten Gaben zu verstehen und zu verwenden.

Durch die Hölle in die Freiheit

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