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Doug Sahm and Band

Creem

April 1973

Hallo und herzlich willkommen im Jahr 1973! (Inzwischen haben Sie sich sicher daran gewöhnt, doch das hier wurde im Januar ge­schrieben.) Uns erwartet ein erstklassiges Jahr für Räckkänrill (heftiger Reggae-Einfluss am Horizont), das schon gleich zu Anfang mit der Veröffent­lichung einer ganzen Reihe von fantastischen neuen Albumhüllen auftrumpft. Grins All Out ist schlicht und einfach umwerfend, die Guess Who gehen in die Geschichte ein und Claudia Linnears Phew – also, sie muss die hinreißendste Frau sein, die jemals eine Platte aufgenommen hat (das tollste Foto von ihr befindet sich auf der Innenhülle – da lässt sie Freda Payne aussehen wie Frau Müller von nebenan – der todsichere Spitzenreiter der Vogue-Charts). Am besten ist womöglich Gilbert Sheltons Cartoon auf der Vorderseite des neuen Opus von Doug Sahm. Werfen Sie einen Blick auf den Hillbilly im purpurroten Hemd, der sein Knie hochreißt und eine Gitarre umgehängt hat – yes, Sir, das ist Bob Dylan, am Zupfen und am Grinsen, wie er sich eingroovt auf den Sessionjob (es heißt, er habe »nur mal kurz vorbeigeschaut«, doch das dürfte nicht stimmen) mit Rita Coolidge, Delaney Bramlett, Marjoe und den Rowan Brothers.

Wie ich schon sagte, das Cover ist klasse (auf der Rückseite gibts noch ein Foto von Bob). Das Album selbst ist möglicherweise das langweiligste, das Sir Doug bislang auf den Markt geworfen hat, doch man sollte mit diesen Typen nicht allzu hart ins Gericht gehen. Musik wird schließlich um ihrer selbst willen gemacht. Die Leute, die diese Scheibe aufgenommen haben, scheinen sich dabei blendend amüsiert zu haben und das ist schließlich alles, was zählt, oder?

Na ja, wir könnten schon ein bisschen herummäkeln und sa­gen, dass David »Demon« Bromberg (eine Beatnikausgabe von Mickey Dolenz, nur dass er nicht so gut singen kann) jeden Track des Albums, an dem er beteiligt ist, mit seinem gefühllosen, hirnlosen und sinn­losen Dobro-Gegniedel verpestet – seine Musik ist ein Paradebeispiel für das Unvermögen, etwas auslassen zu können, und ihn auszusperren wäre wohl von Anfang an die beste Lösung gewesen. Wir könnten monieren, dass der Sound des Albums so homogenisiert ist wie die fabrikmäßig hergestellte Erdnussbutter, die in The Greening of America11 so scharf gegeißelt wird: Diese Platte würde Charles Reich also nicht gefallen – etwas, was man derzeit berücksichtigen sollte –, aber an­dererseits ist Charles ein netter Typ und dies hier ist eine nette Platte. Wir müssten einräumen, dass die einzigen Tracks, die aus dem Sumpf ­herausragen, herkömmliche Texas-Blues-Nummern sind, und das nur, weil einem deren Form auffällt und nicht deren Ausführung – es gibt hier nichts, was an den Bar-Room-Funk von The Return of Doug Saldaña heranreicht. Eigentlich möchte ich nicht derjenige sein, der es ausspricht, aber diese Scheibe enthält nicht nur das lausigste Mundharmonikaspiel, das Bob Dylan jemals aufgenommen hat, sondern auch den eintönigsten und kraftlosesten Gesang, den es von ihm auf Platte gibt. Und im stillen Kämmerlein gestehen wir uns vielleicht ein, dass Bobs Originalbeitrag zu der LP, ein Song namens »Wallflower«, womöglich der Beweis dafür ist, wie sehr er seine John-Prine-Einflüsse verinnerlicht hat, und dass er es geschafft hat, eine Nummer zu schreiben und daherzujammern, bei der es völlig unvorstellbar ist, dass sie auch nur die geringste Wirkung auf irgendjemand ausüben könnte.

11 Charles Reich, The Greening of America: How the Youth Revolution Is Trying to Make America Livable, New York 1970; dt. Die Welt wird jung: Der gewaltlose Aufstand der neuen Genera­tion, Wien u. a. 1971.

Aber das alles ergibt keinen Sinn. Diese Typen haben uns eine Menge gegeben – so viel, dass wir ewig in ihrer Schuld stehen werden. Wir sollten es ihnen zurückgeben. Denn wo immer Musik ist, kann der Frühling nicht weit entfernt sein.

Doug Sahm, Doug Sahm and Band (Atlantic, 1973).

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