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Kommunikation, Kognition und Sprachanbahnung

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Die systematische Kommunikationsbeobachtung bietet in Kombination mit der Erfassung der sensomotorischen Entwicklung eine optimale Grundlage für das Erkennen der augenblicklichen Kommunikationsmöglichkeiten, die Planung einer Kommunikationsförderung sowie die Verdeutlichung von kindlichen Fortschritten.

Die hier vorgestellten Beobachtungsinstrumente kommen durch die Flexibilität in den verwandten Materialien und in der Durchführung den Bedürfnissen von Kindern mit Besonderheiten in ihrer Entwicklung sehr entgegen. Darüber hinaus erfordern sie auch nicht die Anschaffung teurer Testkästen und sind somit allen Interessierten leicht zugänglich. Doch kann gerade die Nicht-Standardisierung in der Praxis auch ein Nachteil sein. Im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen hat sich gezeigt, dass die Durchführung der Beobachtungen sehr hohe Anforderungen an die Untersucherin stellt. Schon kleine Abweichungen in der Durchführung können die Aufgabenschwierigkeit wesentlich verändern, deshalb sollten die Beobachtungssituationen sicher beherrscht und in ihren wesentlichen Merkmalen vor dem theoretischen Hintergrund verstanden werden (Hoppe-Graff 1989). Noch schwieriger aber ist in der Praxis eine objektive Auswertung der Beobachtungen. Bei den Ordinalskalen geht es nicht einfach um die Entscheidung, ob ein Kind eine Problemstellung löst oder nicht, sondern gerade die Qualität der kindlichen Reaktion ist für die Einschätzung bedeutungsvoll. Die Ursachen für ein Nicht-Lösen können so vielfältig sein, dass oft erst in mehreren Versuchen abzuklären ist, über welche Kompetenzen ein Kind tatsächlich verfügt. Und bei der Beobachtung der Kommunikation sind oft sehr subtile Verhaltensweisen wie ein kurzer Blick zur Untersucherin entscheidend für die Einschätzung des Niveaus einer Mitteilung. Aus diesen Gründen erfordern diese so einfach erscheinenden Beobachtungen eine sehr intensive Einarbeitung in die zugrunde liegenden Modelle sowie in die Durchführung, Auswertung und Interpretation. Aber bei sicherem Beherrschen ist der Erkenntnisgewinn dann auch entsprechend groß, besonders bei einer Verknüpfung der beiden Beobachtungssysteme und ihrer integrierten Anwendung. Die Beschreibung an dieser Stelle möchte Neugier wecken, sie kann nicht die Auseinandersetzung mit den ausführlichen Darstellungen der Theorien und Durchführungsregeln (Sarimski 1987; Rotter, Kane, Gallé 1992) ersetzen.

Die Beobachtungsergebnisse können im Alltag die Verständigung mit dem Kind dadurch verbessern, dass die Bedeutung seiner Mitteilungen besser verstanden wird. Werden sie auch als Grundlage für eine Förderung genutzt, so sollte diese am bereits erreichten Kommunikationsniveau ansetzen und Gelegenheit zu dessen Festigung geben. Die Anbahnung eines neuen Niveaus ist am ehesten erfolgversprechend, wenn dafür die sensomotorischen Voraussetzungen gegeben sind (Kahn 1984). Zeigt ein Kind in der sensomotorischen Entwicklung Rückstände im Vergleich zur Kommunikation oder spezifische Defizite in sprachlich relevanten Bereichen, so ist es oft effektiver, hier mit der Förderung anzusetzen. Allerdings lernen Kinder auch im Rahmen der Kommunikation wichtige kognitive Zusammenhänge. Dies gilt nicht nur für die Imitation, die ja vor allem im Dialog zwischen Kind und Erwachsenen stattfindet. Auch das Verständnis für Mittel-Zweck Zusammenhänge kann ein Kind in der Interaktion mit seinen Bezugspersonen erweitern. So kann das zuverlässige Reagieren einer Mutter auf das Hungergeschrei ihres Kindes ihm verdeutlichen, dass sein Schreien ein Mittel sein kann, um die Mutter herbeizurufen. Kognitive Entwicklung findet demnach nicht nur im Umgang mit den Dingen statt, sondern Kommunikation und Interaktion bilden ein wichtiges Gerüst für kognitive Erfahrungen. Schließlich ist besonders bei Kindern mit schwerer Mehrfachbehinderung daran zu denken, dass sie auch beim Fehlen der kognitiven Voraussetzungen kommunikative Kompetenzen erlernen können. Hier kann das Paradigma des operanten Konditionierens den Weg zeigen, auf dem auch diese Kinder einfachste Signale erlernen können, um Interesse oder Ablehnung mitzuteilen.

Geht man davon aus, dass Kinder in der Kommunikation ähnlich wie in der Sensomotorik Fähigkeiten erwerben, die einen zunehmend gezielteren, effektiveren und komplexeren Umgang mit der Umwelt ermöglichen, so ist generell von einer hohen Lernmotivation auszugehen. Denn Mitteilungen mit Symbolen sind die effektivste und ökonomischste Form der Verständigung. Man versuche nur einmal die Botschaft »Meine Oma ist zu Besuch« ohne Worte zu vermitteln! »Faulheit« als Erklärung für die langanhaltende Verwendung direkter Führung oder konventioneller Gesten ist wenig überzeugend, wenn man bedenkt, wie viel einfacher und effektiver Botschaften über Sprache zu vermitteln sind. Hat ein Kind Mühe auf dem Weg zur symbolischen Kommunikation, so ist davon auszugehen, dass ihm besondere Hindernisse diesen Weg erschweren. Für einige können vielfältige Übungsmöglichkeiten ausreichen. Die Gestaltung kommunikationsauslösender Situationen im Alltag, der gezielte Einsatz von Missverständnissen und ein zuverlässiges Reagieren auf kindliche Mitteilungen dienen der Festigung bereits beherrschter Kommunikationsmöglichkeiten und stärken die Motivation eines Kindes, sich zu verständigen. Kommen dazu noch vom Erwachsenen Kommunikationsmodelle, die etwas über dem sicher beherrschten Niveau des Kindes liegen, so bekommt es zusätzlich Hilfen, zur nächsten Stufe zu gelangen, ohne hinderlichen Druck, ein bestimmtes Verhalten zeigen zu müssen.

Allerdings gibt es auch gravierende Hindernisse für einen Spracherwerb, die z. B. in der Wahrnehmung (Gehör), der Wahrnehmungsverarbeitung (Differenzierung von Lautsequenzen), dem Kurzzeitgedächtnis für Gehörtes, der Motorik (Lautproduktion) oder der Handlungsplanung (Bildung von Lautsequenzen) liegen können. Hier kann eine gezielte Diagnostik und Beobachtung manchmal helfen, Hemmnisse zu erkennen. Bei vielen Kindern aber ist nicht sicher feststellbar, was dem Kind den Spracherwerb erschwert. Hier kann ein alternativer Zugang durch Unterstützte Kommunikation die Möglichkeit symbolischer Kommunikation besser eröffnen. Für einige Kinder kann solch alternativer Zugang vorübergehend wichtig sein, wie die sprachunterstützenden Gebärden, die bei der Sprachanbahnung vieler Kinder mit Down Syndrom das Gehörte visuell unterstützen und dadurch das Erlernen des Sprechens erleichtern (Wilken 1999), oder die Schrift, die diese Kinder durch eine Verdeutlichung von Lautkombinationen bei der Verbesserung der Aussprache unterstützen kann (Oelwein 1998). Für andere Kinder sind alternative Symbolsysteme auch dauerhaft die einzige Möglichkeit, an symbolischer Kommunikation teilzuhaben. Erfolg ist am ehesten zu erwarten, wenn hierbei auf der Basis der Beobachtungen der Kommunikationskanal genutzt wird, den das Kind selbst bevorzugt (z. B. visuell vs. akustisch), ein System gewählt wird, das den kognitiven Möglichkeiten des Kindes entspricht (z. B. »trainierte« Signale vs. Symbole) und das in möglichst vielen Alltagssituationen mit den relevanten Kommunikationspartnern genutzt und geübt werden kann.

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