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Diagnostische Verfahren bei minimal verbalen Kindern

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Folgende Verfahren eignen sich aus unserer Sicht, um die zentralen Vorausläuferfähigkeiten für den Spracherwerb bei Kindern zu erfassen, die noch nicht oder kaum lautsprachlich kommunizieren können ( Tab. 3). Selbstverständlich können auch andere Verfahren gewinnbringend eingesetzt werden, sofern sie die relevanten Kompetenzbereiche abdecken und zumindest auch teilweise quantitativ-normorientiert ausgewertet werden können.

Tab. 2: Diagnostische Instrumente zur Erfassung von spracherwerbsrelevanten Fähigkeiten bei minimal verbalen Kindern mit Beeinträchtigung (Auswahl)


Elterninterview in Anlehnung an Sarimski (2001)

Sarimski (2001) schlägt vor, Eltern im Interview konkrete Kommunikationsanlässe vorzugeben und zu bitten, das typische Kommunikationsverhalten ihres Kindes für jeden dieser Anlässe zu beschreiben (z. B. Was tut Ihr Kind, wenn es Ihnen etwas Interessantes zeigen möchte?). Sarimski listet fünf verschiedene pragmatische Funktionen mit entsprechenden Beispielfragen auf: Kontaktaufnahme, Handlungswunsch, Wunsch nach Gegenständen oder Essen, Protest/Widerspruch und Erklärung/Kommentar.

Strukturierter Fragebogen zum kommunikativen Verhalten: »Komm!« (Komm!-Bogen) von Müller & Caroli (2008, 2017; s. auch Müller, 2013)

Dieser Elternfragebogen erfasst die Qualität des Kommunikationsverhaltens bei Kindern, die (noch) nicht oder kaum sprachlich kommunizieren. Die Eltern werden dazu befragt, wie häufig und mit welchen kommunikativen Mitteln ihr Kind Wünsche und Bedürfnisse im Familienalltag mitteilt. Hierfür werden 12 typische Kommunikationsanlässe vorgegeben, die sich auf unterschiedliche pragmatische Funktionen beziehen (etwas fordern, gemeinsame Aufmerksamkeit wünschen, eine soziale Interaktion wünschen, protestieren). Für jeden Situationstyp werden verschiedene kommunikative Verhaltensweisen (z. B. führt den Erwachsenen zum gewünschten Gegenstand, schaut den Erwachsenen an, zeigt auf den Gegenstand) vorgegeben, aus denen die Eltern auswählen können; Mehrfachnennungen sind möglich. Die 11 abgefragten Verhaltensmöglichkeiten sind unterschiedlich anspruchsvoll und werden vier Kommunikationsstufen zugeordnet (präintentionales Handeln/instrumenteller Gebrauch des Erwachsenen/vorsymbolische Stufe/symbolische Stufe). Es liegen Vergleichsdaten vor aus einer längsschnittlichen Pilotstudie mit 22 typisch entwickelten Kindern im Alter von 12, 16, 20 und 24 Monaten (Müller, 2013; Müller, Grimminger, Caroli & Rohlfing, 2017).

Elternfragebogen für die Früherkennung von Risikokindern – ELFRA-1 (Grimm & Doil, 2000/2006)

Der ELFRA-1 ist ursprünglich entwickelt worden, um Risikokinder für Entwicklungsstörungen im Rahmen der kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchung U6 (12 Monate) identifizieren zu können. Er eignet sich jedoch auch, um kommunikative und sprachliche Kompetenzen bei älteren Kindern mit Sprachentwicklungsdefiziten einzuschätzen. Die Eltern werden zum Sprachverständnis, zur Sprachproduktion und zum Gebrauch von Gesten (sowie zu feinmotorischen Fähigkeiten) befragt. Dabei wird das Sprachverständnis des Kindes über eine Wortschatzliste erfasst, auf der die Eltern alle Wörter ankreuzen sollen, die ihr Kind versteht (rezeptiver Wortschatz). Ergänzend werden den Eltern noch einige häufige Aufforderungen vorgegeben, die die Eltern im Hinblick darauf beurteilen sollen, ob ihr Kind diese versteht. Die produktiven sprachlichen Fähigkeiten des Kindes werden ebenfalls mit der genannten Wortschatzliste erfasst (produktiver Wortschatz). Außerdem wird nach Fähigkeiten im Bereich der Lautbildung gefragt (verbales Imitationsverhalten, Sensitivität für Rhythmus und Reime, Experimentieren mit Lauten, spontanes Benennen). Die Subskala Gesten enthält Fragen nach frühen Interaktionsroutinen, dem Gebrauch von Gesten, Symbolspiel, dem funktionsgerechten Gebrauch von Objekten und dem Imitationsverhalten des Kindes. Altersnormen im engeren Sinne liegen nicht vor. Stattdessen sind im Handbuch kritische Werte für das Alter von 12 Monaten angegeben, mit deren Hilfe sich beurteilen lässt, ob die Leistungen eines Kindes zu den unteren 20% der Vergleichsgruppe gehören oder nicht. Es liegen ferner Vergleichsdaten einer Längsschnittstudie mit 108 typisch entwickelten Kindern vor, die im Alter von 12 und 18 Monaten mit dem ELFRA-1 untersucht worden sind (Doil, 2002).

Strukturierte Verhaltensbeobachtung des Kindes im Rahmen von kommunikationsauslösenden Situationen (z. B. anhand des Katalogs von Beobachtungssituationen nach Müller, 2012, oder anhand der Diagnostischen Beobachtungsskala für Autistische Störungen – 2 (ADOS-2 von Poustka, Rühl, Feineis-Matthews, Bölte, Poustka & Hartung, 2015)

Die Befragung der Eltern zum Kommunikationsverhalten des Kindes sollte durch eine direkte Beobachtung des Verhaltens – in Anwesenheit eines Elternteils – ergänzt werden, um das kommunikative Verhalten sowie die spontanen Lautproduktionen des Kindes beobachten zu können. Die sozialen Interaktionen, die dabei zwischen Kind und InteraktionspartnerIn entstehen, erlauben ggf. auch eine orientierende Beurteilung von sozial-kognitiven Fähigkeiten. Im Rahmen einer solchen strukturierten Verhaltensbeobachtung werden systematisch verschiedene Interaktions- und Kommunikationsanlässe hergestellt, die ein breites Spektrum an pragmatischen Funktionen abdecken. Müller (2012) listet eine Reihe von Situationen auf, die eine strukturierte Verhaltensbeobachtung zum Kommunikationsverhalten enthalten sollte; dabei unterscheidet sie zwischen »Reagieren« und »Initiieren« für die Bereiche »Geteilte Aufmerksamkeit«, »Interaktionsspiel/turn-taking« und »Mitteilen eines objektbezogenen Wunsches«. Auch Teile der »Diagnostischen Beobachtungsskala für Autistische Störungen – 2 (ADOS-2)« von Poustka et al. (2015) eignen sich gut, um kommunikatives und interaktives Verhalten auf Seiten des Kindes auszulösen.

Beobachtungsverfahren zur Diagnose der Verständigungsfähigkeit von Rotter, Kane & Gallé (1992; s. auch Kane, 2014)

Bei dieser strukturierten Verhaltensbeobachtung werden dem Kind ebenfalls gezielt Kommunikationsanlässe angeboten, die auf drei Funktionen von Kommunikation ausgerichtet sind: das Fordern von Gegenständen oder Handlungen, das Kommentieren von Ereignissen und Protest. Die hierfür verwendeten Materialien und Situationen sind nicht standardisiert. Die auf Video aufgezeichneten Reaktionen des Kindes werden anschließend einer vor fünf Entwicklungsstufen zugeordnet. Es wird zwischen ungezieltem Verhalten, gezieltem Verhalten (z. B. Ergreifen des Spielgegenstandes), partnerbezogenen Äußerungen (z. B. Blickkontakt und Lautieren), konventionellen Äußerungen (z. B. Zeigegeste, Kopfschütteln) und symbolischer Kommunikation (Wörter, symbolische Gesten) unterschieden. Abschließend wird das am häufigsten gezeigte Kommunikationsverhalten des Kindes identifiziert; dieses bildet – neben den Ergebnissen einer Diagnostik der intellektuellen Entwicklung des Kindes – die Grundlage für die weitere Förderplanung. Eine quantitative Auswertung der Beobachtungen und die Beschreibung eines kommunikativen Entwicklungsalters sind bei diesem Verfahren nicht vorgesehen.

Sprachentwicklungstest für zweijährige Kinder (SETK-2) von Grimm (2000/2016)

Der SETK-2 ist ein Einzeltest für Kinder im Alter von 2;0 bis 2;11 Jahren zur Erfassung der rezeptiven und produktiven Sprachverarbeitungsfähigkeiten eines Kindes. Es gibt zwei Verstehens- und zwei Produktionstests, von denen jeweils einer auf Wort- und einer auf Satzebene angesiedelt ist. Für die Untersuchung minimal verbaler Kinder kommen in erster Linie die beiden Subtests Verstehen I: Wörter und Verstehen II: Sätze in Frage. Dabei werden die Kinder aufgefordert, aus einer Auswahl von zwei oder vier Bildern auf dasjenige zu zeigen, welches die Bedeutung des vorgesprochenen Wortes oder Satzes am besten abbildet (z. B. »Zeig mir ›den Schrank’!« oder »Zeig mir ›Die Kinder sitzen unter dem Tisch.’!«). Der Subtest Produktion I: Wörter wird im Leitfaden als Einstiegstest verwendet. Hier sollen die Kinder Objekte und Abbildungen von Objekten benennen. Im Subtest Produktion II: Sätze werden dem Kind Bildkarten mit kleinen Szenen vorgelegt, die es beschreiben soll. Es liegen aktuelle Normen für die Gruppe 2;0–2;5jähriger Kinder und für die Gruppe 2;6–2;11jähriger Kinder vor.

Sprachentwicklungstest für drei- bis fünfjährige Kinder (SETK 3-5) von Grimm (2001/2015)

Der SETK 3-5 ist ein Einzeltest für Kinder im Alter von 3;0 bis 5;11 Jahren zur Erfassung der rezeptiven und produktiven Sprachverarbeitungsfähigkeiten eines Kindes sowie des Sprachgedächtnisses. Der Test enthält 6 Subtests: Verstehen von Sätzen, Enkodierung semantischer Relationen, Morphologische Regelbildung, Satzgedächtnis, Phonologisches Arbeitsgedächtnis für Nichtwörter, Gedächtnisspanne für Wortfolgen. Es liegen aktuelle Normwerte in Halbjahresschritten vor. Für minimal verbale Kinder sind die Testaufgaben – wie aus dem Leitfaden hervorgeht – bis auf die Verstehensaufgaben eindeutig zu schwer und bringen keinen diagnostischen Nutzen. Die Aufgabe Verstehen von Sätzen hingegen schließt sich unmittelbar an den Subtest Verstehen II: Sätze des SETK-2 an und kann genutzt werden, um das Verstehenspotential von minimal verbalen Kindern auszuloten, die die Aufgaben im SETK-2 problemlos gemeistert haben.

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