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In diesem Buch finden Sie zehn Artikel, in denen die Grenze zwischen dem guten Gebrauch von Macht und religiösem Missbrauch von Macht geschärft wird. Jedes Kapitel ist in sich abgeschlossen und daher ist es möglich, es einzeln zu lesen.

Im ersten Teil des Buchs werden die zwei Seiten einer Medaille beschrieben: Mündigkeit und Gehorsam als Tugend.

Tobias Faix ist überzeugt: Mündiger Glaube beugt religiösem Machtmissbrauch vor. Aber was macht einen mündigen Glauben aus? Er geht dieser Frage nach und arbeitet dabei verschiedene Faktoren eines mündigen Glaubens heraus. Mündiger Glaube integriert viele unterschiedliche und sogar gegensätzliche Haltungen, um ungesunde Machtstrukturen zu identifizieren. Dabei entwickelt mündiger Glaube Widerstandsfähigkeiten, die helfen, religiösem Machtmissbrauch zu widerstehen.

Volker Kessler zeigt die andere Seite der Medaille: Die Bibel fordert dazu auf, geistlichen und weltlichen Autoritäten zu folgen, sofern deren Anordnung nicht gegen Gottes Gebot ist. Allerdings wird gerade mit dieser Gehorsamspflicht in christlichen Kreisen Missbrauch getrieben, um den eigenen Willen gegen Widerstand durchzudrücken. In diesem Kapitel geht es darum, eine biblisch-theologisch begründete Haltung zu Gehorsam zu finden. Was ist guter Gehorsam, was ist schlechter Gehorsam?

Im zweiten Teil richten sich die Beiträge an dienende Leitungsgremien, um Machtmissbrauch vorzubeugen.

Angelika Marsch definiert dienende Leitung und interpretiert Transparenz als Wert, der biblisch begründbar ist. Wird dieser Wert in einer Organisation oder Gemeinde festgelegt und gelebt, trägt er dazu bei, Machtmissbrauch zu verhindern. Führungskräfte sind deshalb gefragt, im eigenen Verantwortungsbereich für Transparenz zu sorgen. Dies kann durch entsprechende Strukturen und Maßnahmen geschehen, aber auch durch das Etablieren von geeigneten Plattformen. Um in einer komplexen Welt leiten zu können, ist systemisches Denken gefragt. Führungskräfte sollten hierbei mögliche Vorgehensweisen und vorläufige Ergebnisse transparent darstellen und auf diese Weise mit den Mitarbeitenden offen unterwegs sein.

Andreas Klotz beschreibt religiösen Machtmissbrauch auf der kommunikativen Ebene. Eine offene Kommunikation kann bewusste oder unbeabsichtigte Bevormundung verhindern. Dieses Kapitel geht analytisch und anhand von Beispielen auf den engen Zusammenhang zwischen religiösem Machtmissbrauch und einer vereinnahmenden und manipulativen Kommunikationskultur in der Gemeinde ein. Als Alternative dazu wird eine kleine Charakteristik der offenen Kommunikation entfaltet, die dafür erforderlichen strukturellen Voraussetzungen in einer Gemeinde beschrieben und einige wesentliche Kriterien der offenen Kommunikation als Orientierungshilfe für die praktische Umsetzung angeboten.

Martina Kessler ist sicher: Leitung darf kritisiert werden, um ein besseres Leitungsgremium zu werden. Im Alten Testament wird Kritikfähigkeit gefordert und im Neuen Testament erhalten Leiter berechtigte Kritik. Leitende sollen sich mit ihrer Kritikfähigkeit auseinandersetzen. Dazu ist es hilfreich, verschiedene Kritikarten zu verstehen, die eigene Kritikerwartung zu kennen und eine persönliche Feedbackkultur und/oder eine Feedbackkultur in der Gruppe bzw. Gemeinde zu implementieren. Gut ist, wenn all das in guten Zeiten eingeübt wird, damit es in Krisenzeiten bereits bekannt und dann hilfreich ist.

Die Kapitel des dritten Teils zeigen Wirkungen und Möglichkeiten von Weiterentwicklung bei Leitung und Mitarbeitenden auf.

Florian Köpke geht den Fragen nach, wie Führungskräfte durch ihr Lernen sowohl zur Resilienz gegen religiösen Missbrauch als auch zur Zukunftsfähigkeit einer Organisation beitragen können. Drei maßgebliche Lernbereiche sind von Leitenden zu beachten: geistliche und persönliche Reife, allgemeine Leitungsfähigkeiten und kontextbezogene Fähigkeiten. Dabei kommt der geistlichen und persönlichen Reife und der ihr zugrunde liegenden Selbstreflexion eine maßgebliche Rolle zu, denn Selbstführung ist die Grundlage jeder anderen Art von Führung. Darüber hinaus werden unterschiedliche Ansätze zur Kultivierung des Lernens und organisationalen Lernens vorgestellt. Diese reflektieren die unterschiedlichen Ausprägungen von Lernbereitschaft. Durch ihr eigenes Lernen prägen Leiter und Leiterinnen auch eine Kultur der Lernbereitschaft – ein wichtiger Schritt hin zu einer lernenden Organisation.

Rolf Gersdorf beschreibt vier Aspekte fachlicher und geistlicher Begleitung von Leitung. Im ersten Aspekt geht es um die Frage des Schutzes von Leitung und den ihr anvertrauten Systemen (Menschen) sowie der Notwendigkeit professioneller „Rückspiegelarbeit“. Im zweiten Aspekt werden ausgewählte Formen fachlicher und geistlicher Begleitung unterschieden. Drittens wird aufgezeigt, was gute Begleitung auszeichnet und wann und unter welchen Rahmenbedingungen sie stattfindet. Im vierten Aspekt geht es um Zusammenhänge reifer und mündiger Arbeitsbeziehungen innerhalb christlicher Kontexte sowie deren Gefährdungen. Den Abschluss bilden exemplarische Fragen an Leitung und das jeweilige System.

Hans-Günter Schmidts untersucht das spezielle Spannungsfeld von Missionsleitungen zwischen verantwortlichem Handeln und gefährlicher Einmischung. Wann wird es notwendig, in das Leben von Mitarbeitenden einzugreifen, damit sich diese weiterentwickeln? Wann ist es verantwortliches Handeln? Wo ist die Grenze? Wie reagiert man, wenn das Verhalten von Mitarbeitenden negative Muster zeigt und keine Bereitschaft zu Veränderungen zu erkennen ist? Was ist arbeitsrechtlich möglich und richtig, was ist geistlich notwendig und wo werden Grenzen überschritten? In diesem Kapitel wird gefragt, wie biblische Prinzipen innerhalb des Arbeitsrechts fruchtbar gemacht werden können. Die daraus resultierende praktische Erfahrung ist manchmal eine Gratwanderung.

Der vierte Teil des Buchs richtet sich an die Gemeindebasis, denn von dieser Seite kann es zu einer Umdrehung von Machtverhältnissen und damit auch zu Machtmissbrauch kommen.

Ansgar Hörsting beschreibt aus seiner Perspektive als Leiter eines Gemeindeverbandes selbstständiger Gemeinden die Gefahren und typischen Einfallstore von religiösem Machtmissbrauch für eine Gemeinde, in der es der Gemeindeleitung sehr schwer gemacht wird, überhaupt zu leiten. Welche Einflüsse und Mechanismen wirken – besonders auch in Strukturen, die eine flache Hierarchie pflegen? Er beschreibt, was Leitung behindert, und unterscheidet dabei faktischen Einfluss und strukturell festgeschriebene Macht. Er plädiert dafür, dass auch der Einfluss von Menschen ohne Amt wahrgenommen wird und sich einflussreiche Menschen ihrer Verantwortung bewusst sind.

Heinrich Christian Rust beleuchtet den Umstand, dass religiöser Missbrauch von Macht nicht nur von Einzelpersonen oder Leitungsverantwortlichen ausgehen kann, sondern auch die Gemeinde als Ganzes eine gewisse Macht hat. Das gilt besonders bei „kongregationalen“ Gemeindeformen, wie wir sie häufig in Freikirchen vorfinden. „Die da oben“ sind in solchen Fällen „Die da unten“ bzw. das „Gemeindevolk“. Das biblische Zeugnis gibt zahlreiche Anregungen und Aufforderungen für eine Gemeinde, was jedes Gemeindemitglied und eine ganze Gemeinde lernen kann, damit Leitung im Sinn Jesu ausgeübt und erlebt wird. Vier Lernfelder werden in diesem Kapitel beschrieben, die sowohl von der Leitungsebene als auch von der Gesamtgemeinde bedacht werden sollen. Es geht um das Verständnis des Wesens christlicher Leitung, um das Gebet füreinander, um gegenseitige Unterstützung und um eine Versöhnung stiftende Kommunikation.

Ich wünsche Ihnen, dass Ihnen dieses Buch zum Segen wird, den Sie dann mit in Ihre Gemeinde oder christliche Organisation nehmen.

Ihre Martina Kessler

Religiösen Machtmissbrauch verhindern

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