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2 (Sprach-)Unterricht in Grenzregionen

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Der Gedanke, den Unterricht in Grenzregionen an deren spezifische Charakteristika anzupassen, ist keineswegs neu; bereits in den 1990er Jahren forderte Albert Raasch eine „didactique des langues étrangères en régions frontalières“ (Raasch 1992 & 1999). Im Rahmen einer Referenzstudie zu bildungspolitischen Ansätzen für den Fremdsprachenunterricht in europäischen Grenzregionen (Raasch 2002) entwickelte er ein Grenzkompetenzmodell (Raasch 2005 & 2008) und identifizierte beispielsweise die grenzüberschreitende Lehrerausbildung und authentische Unterrichtsmaterialien als ,entgrenzende‘ Elemente für ein einiges Europa (Raasch 2002: 14). Sein theoretisches Modell definiert fünf für das Miteinander in (deutsch-französischen) Grenzregionen zentrale Bereiche: die landeskundliche sowie kontrastiv-landeskundliche Kompetenz, die Empathiekompetenz sowie die inter- und intrakulturelle Kompetenz (cf. Raasch 2005, 2008). Auch wenn mit Dominique Macaire die didactique frontalière, Grenzdidaktik, ebenso wie der pluringuisme, die Mehrsprachigkeit, mehrdeutige Begriffe sind, die anzusehen sind als „concepts nomades au sens de Stengers (1987), c’est-à-dire de notions que l’on peut qualifier d’évolutives et de complexes à la fois“, so finden sich inzwischen immer häufiger Ansätze, die zugrunde liegenden Prinzipien in deutsch-französische Lehr- und Lernkontexte zu integrieren (z.B. Faucompré 2014; Faucompré & Putsche 2017; Macaire 2015; Putsche 2016; Polzin-Haumann, Putsche & Reissner 2019).

Generell gilt, dass sich grenzdidaktisch ausgerichtete Herangehensweisen an der unmittelbaren Lebenswelt der Lernenden orientieren können; so kann im Sprachenunterricht vergleichsweise leicht vermittelt werden, was den Alltag in der Region unmittelbar jenseits der Grenze ausmacht. Eine authentische Gestaltung des Unterrichts lässt sich hier leicht umsetzen. Dies gilt insbesondere auch für Begegnungen mit der französischsprachigen Nachbarschaft – sie lassen sich in der Grenzregion viel leichter realisieren als an Orten, wo die französischen Nachbarn geographisch weit entfernt sind. Vermittlung und Erwerb der o.g. (Grenz-) Kompetenzen liegen hier im wahrsten Wortsinne viel näher als andernorts. Dieser immense Vorteil für den Sprachenunterricht wird jedoch in der saarländischen Praxis nicht konsequent genutzt, wie die Erfahrung und erste Erhebungen dazu zeigen. Daher spielen die Sensibilisierung und Ausbildung zukünftiger Lehrkräfte für die damit verbundenen Fragen eine zentrale Rolle. In der Lehramtsausbildung für Französisch an der Universität des Saarlandes wird diesem Anspruch durch entsprechende Lehrveranstaltungen begegnet. In den Einführungsveranstaltungen für die Primarstufe werden sogar alle Studierenden mit der Thematik vertraut gemacht und für die Frage der Vermittlung der Nachbarsprache in der Grenzregion sensiblisiert.

Um Studierende noch gezielter auf ihre Tätigkeit in den Grundschulen der Grenzregion vorbereiten zu können, ist seit einiger Zeit eine gemeinsame, grenzüberschreitende Primarschullehrerausbildung in Vorbereitung, die im folgenden Abschnitt skizziert wird. Anschließend illustrieren Beispiele aus der grenzüberschreitenden Lehre exemplarisch deren Besonderheiten.

Die Menschen verstehen: Grenzüberschreitende Kommunikation in Theorie und Praxis

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