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3 Grenzüberschreitende Primarschullehrerausbildung in der Großregion: Das Projekt BiPrimar – ein deutsch-französischer Studiengang

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Schon seit geraumer Zeit wird in einer lothringisch-saarländischen Arbeitsgruppe die Einrichtung eines grenzüberschreitenden Studiengangs für Grundschullehrkräfte diskutiert. Diesem Arbeitskreis gehören Akteure aus verschiedenen Institutionen beiderseits der Grenze an, auf der französischen Seite etwa Vertreter der Académie Nancy-Metz, dem Site biculturel de Sarreguemines de l’INSPÉ de Lorraine sowie auf deutscher Seite des saarländischen Bildungsministeriums, des Zentrums für Lehrerbildung, des Staatlichen Studienseminars für die Grundschule sowie der Universität des Saarlandes. Der Arbeitskreis hat ein erstes Konzept entwickelt, das zunächst die grundlegenden Rahmenbedingungen für einen grenzüberschreitendenden Studiengang umreisst und auch bereits erste Ansätze für seine mögliche konkrete Ausgestaltung entwickelt. Die Überlegungen werden im Folgenden kursorisch zusammengefasst dargestellt.

Der projektierte Studiengang BiPrimar soll als Modellstudiengang zur grenzüberschreitenden deutsch-französischen Lehramtsausbildung konzipiert werden. Nach dem derzeitigen Planungsstand soll er in seiner Struktur beiden nationalen Ausbildungssystemen gerecht werden; dies stellt angesichts der unterschiedlichen Logik der in den beiden Staaten etablierten Systeme eine besondere Herausforderung dar. Die beiderseitige Bereitschaft, Kompromisse einzugehen und ggf. bestehende nationale Praktiken zu modifizieren, ist dabei unverzichtbar. Dass hier insbesondere die Abschlüsse der ersten Phase und der Zugang zur zweiten Ausbildungsphase (Licence und Master sowie Concours in Frankreich vs. erstes Staatsexamen und Vorbereitungsdienst im Saarland) komplexe Anforderungen mit sich bringen, liegt auf der Hand. Gerade diese beiden Mechanismen sind charakteristisch für die Lehramtsausbildung in den beiden Ländern, sie strukturieren den Parcours ganz wesentlich und sind nicht zuletzt rechtsverbindliche Institute im jeweiligen System. Als gangbarer Lösungsweg bietet sich hier – wie bei anderen grenzüberschreitenden Programmen, die das Bildungssystem betreffen – wohl am ehesten eine umfassende Neumodellierung an, die von vornherein transnational ausgerichtet ist und dennoch so weit wie möglich den Anforderungen beider beteiligten Systeme gerecht wird.

Die inhaltliche und organisatorische Ausgestaltung des Studiengangs an sich ist deutlich weniger schwierig zu harmonisieren, bestehen doch bereits jetzt in fachlicher Hinsicht vielfältige Schnittmengen zwischen beiden Systemen. Zentral sollte dabei in jedem Fall der Leitgedanke sein, dass die Absolventen für die Tätigkeit in Grundschulen beiderseits der Grenze ausgebildet werden sollen und dabei für die Besonderheiten, das spezifische entre-deux der Grenzregion, als Potential und Zielsetzung ihres Handelns sensibilisiert werden. Die saarländischen Modulhandbücher und die maquettes, die Studienprogramme für die französischen Lehramtsstudiengänge, weisen in vielerlei Hinsicht Parallelen auf, die die Entwicklung eines gemeinsamen Studienparcours realistisch erscheinen lassen. So könnten die beteiligten Universitäten neben speziellen Angeboten für die BiPrimar-Studierenden auch grundständige Lehrveranstaltungen aus dem bestehenden Studienangebot integrieren und damit ein facettenreiches, individuell zu gestaltendes Studium in der Großregion ermöglichen. Die großen Potentiale für einen gemeinsamen Studiengang, der nicht nur die besonderen regionalen Gegebenheiten berücksichtigt, sondern auch konkret auf die Lehrtätigkeit in dieser Region vorbereitet, sollten unbedingt genutzt werden, um ein innovatives, spezifisches Modell der Lehrerausbildung zu entwickeln.

Die derzeitige Konzeption von BiPrimar sieht vor, dass die Studierenden an beiden beteiligten Universitäten eingeschrieben werden und über die gesamte Ausbildungszeit gemeinsam in einem einphasigen Ausbildungsgang an beiden Standorten studieren. Im Zentrum einer dem Studium vorgeschalteten Praktikums- und Einführungsphase würden das Kennenlernen der beiden Schulsysteme und die sprachpraktische und interkulturelle Vorbereitung auf den Studiengang stehen; Schulpraktika in beiden Ländern und Begegnungen an Drittorten könnten kontinuierlich die interkulturellen, deutsch-französischen Kompetenzen der Studierenden fördern. Eine Verankerung des Studiengangs an der Deutsch-Französischen Hochschule würde schließlich die grenzüberschreitende Mobilität der Studierenden erleichtern und zudem seine internationale Anerkennung unterstreichen.

In der aktuellen Feuille de Route III der saarländischen Landesregierung (2020) wird die Einrichtung dieses Studiengangs nachdrücklich begrüßt und die Unterstützung des Vorhabens durch die Landesregierung unterstrichen. Damit erfolgt ein wichtiges Signal an die Akteure beiderseits der Grenze, das Projekt BiPrimar weiter voranzutreiben und sich konkret für die weitere Planung und Umsetzung zu engagieren.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Überlegungen zur Einrichtung des gemeinsamen Studiengangs wurde im Wintersemester 2019 / 20 ein Pilotprojekt i.S.e. étude satélite realisiert, das Gegenstand der folgenden Ausführungen ist.

Die Menschen verstehen: Grenzüberschreitende Kommunikation in Theorie und Praxis

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