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„Wer ist schuld am Tod von Edith Winkler?“ – Ein Beispiel aus der Praxis

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Viele Unterrichtsmaterialien von _erinnern.at_ bemühen sich ausgehend von Biografien, eine offene Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und seinen Verbrechen zu ermöglichen. Die Unterrichtseinheit „Wer ist schuld am Tod von Edith Winkler“ liegt darüber hinaus auch in einfacher Sprache vor. Die Schülerinnen und Schüler beschäftigen sich im ersten Schritt mit der Geschichte der Familie Winkler, einer aufgeklärt-jüdischen Familie aus Wien mit zwei Kindern. Eines dieser Kinder, Jessy, kann ins britische Mandatsgebiet Palästina flüchten, alle anderen werden von den Nazis ermordet. Die Geschichte der Familie Winkler führt zu vielen Fragen über grundlegendes Wissen zum Nationalsozialismus. Lernende können hier nachfragen oder ihr Vorwissen einbringen, Begriffe klären und erzählen, woher sie bisher über den Nationalsozialismus gehört haben. In einem zweiten Schritt bekommen die Jugendlichen allein oder zu zweit kurze Biografien von Menschen, die Verfolgten geholfen haben; von anderen, die von der nationalsozialistischen Herrschaft profitiert haben; von Menschen, die sich an den Verbrechen führend beteiligt haben oder die einfach mitgemacht haben. Die Schülerinnen und Schüler setzen sich damit auseinander, wie sich eine konkrete Person zu den Verbrechen des Nationalsozialismus, für die der Tod von Edith Winkler steht, verhalten haben. Fast automatisch werden weitere Fragen aufgeworfen: Welche Handlungsmöglichkeiten hatte die Person? Welche Motivationen könnte sie gehabt haben? Hat sie durch ihr Handeln eine Mitschuld am Tod Edith Winklers? Der Prozess der Auseinandersetzung wird hier stets von den Fragen, Meinungen und Überlegungen der Jugendlichen geleitet. Die Lehrperson, die im ersten Teil eine gemeinsame Wissensbasis hergestellt hat, moderiert hier vor allem und fragt nach. So führt diese zwei oder drei Schulstunden umfassende Unterrichtseinheit am Ende meist zu einer Debatte über die persönliche Verantwortung für gesellschaftliche Entwicklungen, Handlungsspielräume und das Verhalten konkreter Personen. Viele Fragen zu Voraussetzungen des Völkermordes, historischen Entwicklungen und geschichtspolitischen Debatten bleiben in der kurzen Zeit natürlich offen, aber im besten Fall wurde Interesse für weitere Auseinandersetzung geweckt.

Nationalsozialismus und Holocaust – Materialien, Zeitzeugen und Orte der Erinnerung in der schulischen Bildung

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