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Alltäglich beten
ОглавлениеBeten ist etwas Unkompliziertes, eben etwas Alltägliches. Am liebsten setze ich mich gleich am Morgen auf mein Meditationskissen, da ist die Seele noch nicht zugemüllt. Ein Lieblingseinstieg ist es, die Engel aller Menschen, der mir nahen und der fernen, um mich zu versammeln und sie loszuschicken. Und das »Seele Christi, heilige mich …« hilft mir anzukommen.
Die Nacht legt ganz von selbst ihren schützenden Mantel ab und das Bombenattentat aus den gestrigen Nachrichten oder die Flüchtlinge oder eigenes Versagen taucht auf. Im Hintergrund pocht es: »Und wo bleibt nun dein Gott?« (Ps 42). Ich taste innerlich das Bedrängende ab wie mit einem Laserstrahl: Wo bleibt nun dein Gott? Irgendwo bleibe ich hängen. Ein erlösendes Wort taucht auf, ein Gedanke, vielleicht aus der Bibel: So ist es gut, so stimmt es. Ich merke es ganz einfach am Aufatmen: Gott sei Dank! Dann braucht es gar nichts anderes mehr, als dabei zu verweilen. Natürlich ist das nicht ein Funktionieren. Oft genug muss ich Verwirrung oder Schmerz einfach aushalten, wie das halt immer so ist. Umso mehr Dankbarkeit ist da, wenn wieder etwas durchsichtiger geworden ist.
Das heißt nun nicht, dass ich groß eine Vorstellung von Gott habe. Es ist eher wie den tragenden Boden zu spüren und die Freude darüber, es zu spüren. So fühlt sich halt für mich Gott an und sein Wirken, der Hl. Geist. Der auferstandene Herr ist eher da wie ein Mantel, der sich über die Welt breitet. Paulus nennt das wohl Leib Christi.
Beten ist für mich kein durchstrukturierter Vorgang. Ich horche einfach. Mal kommt dies: »Du hast mich erforscht und du kennst mich!« (Ps 139). Wie der Tag ist, so alltäglich ist das Beten. Und so verwebt es sich ganz von selbst immer mehr in den Tag hinein und wird zum »allezeit sollt ihr beten«.
Alois Berger SJ, München, geb. 1935